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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)
Autoren: Akif Pirincci
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einen Vietnamkriegs-Veteranen spielt, dessen Leben immer mehr zu einem halluzinativen Rausch ausartet. Zeitebenen verschieben sich, er wird von nicht-menschlichen Wesen verfolgt, Räumlichkeiten werden ihm immer fremder, Identitäten wechseln. Am Ende stellt sich heraus, dass er während des Vietnamkriegs tödlich verwundet wurde, und all die sonderbaren Geschehnisse eine Halluzination kurz vor dessen Sterben darstellen. Aber auch die Idee zu diesem Film ist ihrerseits von einem anderen Film »geklaut«, nämlich aus »Carnival of Souls« aus dem Jahre 1962 (Regie: Herk Harvey). Darin geht es um die Überlebende eines Autounfalls, die nach und nach den Anschluss an die reale Welt verliert und allmählich im Wahnsinn versinkt. Überflüssig zu sagen, dass sie in Wahrheit den Unfall nicht überlebt hat, und das surreale Treiben sich sozusagen in einem Zwischenreich zwischen Leben und Tod abspielt. Aber damit nicht genug, beide Filme haben ihre Inspirationsquelle in der Kurzgeschichte »Ein Vorfall an der Owl-Creek-Brücke« von Ambrose Bierce, in der ein Soldat im amerikanischen Bürgerkrieg zunächst seiner Hinrichtung entkommen zu sein scheint, was sich am Ende jedoch als grausame Selbsttäuschung während seines Todeskampfs herausstellt. Gäbe es echte Gerechtigkeit auf dieser Welt, wären die Knäste berstend voll mit uns »Kreativen«! Jedenfalls war ich mir ziemlich sicher, dass mir niemand auf die Schliche kommen würde, und so entschied ich mich für die folgende Auflösung der Geschichte: Alfred Seichtem ist in Wirklichkeit ein toter Mann. Nur wehrt er sich gegen dieses Urteil und erschafft sich eine (Alp-)Traumwelt, in der er sich weiter einreden kann, dass er unter den Lebenden weilt.
    So weit, so gut. An einem Wochenende war wie üblich Kinobesuch angesagt, und wir entschieden uns für den aktuellen Bruce-Willis-Film, um dessen Auflösung am Schluss die ganze Presse ein großes Bohai machte, ohne sie zu verraten. Als ich aus der Vorführung von »The Sixth Sense« schließlich herauskam, wackelten mir ein wenig die Knie. Aber nicht nur deswegen, weil mich der Film so über alle Maßen mitgenommen hatte. Die Geschichte drehte sich um einen Toten, einen Geist, der sich beharrlich weigert, eben dieser schmerzlichen Tatsache ins Angesicht zu schauen und einen kleinen Jungen, der Tote sehen kann, dazu benutzt, für sich ein Quasi-Leben zu inszenieren. Am Ende muss er natürlich sein Schicksal akzeptieren und von den Lebenden loslassen.
    Es war unglaublich, dieser gottverdammte M. Night Shyamalan (Drehbuch und Regie), hatte aus derselben Jacob’s-Ladder-Quelle geschöpft wie ich (dies gab er auch später zu), nur zwei Jahre früher! Was sollte ich jetzt nur machen? Ich konnte doch nicht die siebzig Seiten in die Tonne treten, nachdem ich mich so voller Begeisterung auf diesen Stoff gestürzt hatte. Außerdem ging es ja bei mir nur am Rande um die Realitätsverkennung eines Toten, sondern vordringlicher um die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, für die Vermeidung früherer Lebensfehler einen existentiellen Preis zu zahlen. Nichtsdestotrotz würde der Leser glauben, dass ich mich schamlos aus dem ungeheuer populären Film bedient hätte.
    In dieser größtmöglichen Krise half mir jemand, der oben im Text kurz erwähnt wurde: mein Sohn. Es mag vielleicht der Eindruck entstanden sein, dass er für meinen damaligen Luxus-Kummer der Hauptverantwortliche gewesen sei. Nichts könnte falscher sein. Nach seiner Geburt wurde in meinem Hirnkasten ein Schalter umgelegt, der Glücksgefühle nie gekannten Ausmaßes freisetzte, und flugs verwandelte sich der einstige Kinderhasser in den Kindernarr. Doch gleichzeitig damit erwuchs auch die Sorge um den Verlust dieses einzigartigen Glücks. Seitdem der Kleine auf der Welt war, spielte meine eigene Existenz eigentlich nur noch eine Nebenrolle. Ich fürchtete nichts mehr, als dass ihm irgendetwas zustoßen könnte. Die Horrorvision aller Eltern. Als der Sixth-Sense-Schreck etwas abgeklungen war, machte ich mir diese Horrorvision zunutze. Wie wäre es, sagte ich mir, wenn Seichtem ein Kind gehabt hätte, das durch seine Nachlässigkeit ums Leben gekommen wäre? Und weiter, jetzt kommt der zweite Twist, in Wahrheit ist der Junge gar nicht gestorben, sondern Seichtem selbst beim Versuch den Unfall abzuwenden. Naja, nicht ganz, er liegt seit Jahren im Koma. Das war's! Der Kerl ist nicht tot, er befindet sich im wortwörtlichen Sinne in einem Zwischenreich, und all die Anstrengungen
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