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Die Trugburg

Die Trugburg

Titel: Die Trugburg
Autoren: Horst Hoffmann
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Gegner, und das weißt du inzwischen, wenn du die Augen endlich für die Wirklichkeit öffnest. Durch meine Schuld kamst du hierher, weil ich mich nicht aus dem Bann der Hexe befreien konnte. Danke dem Schicksal, daß du mich durch deine Tat mit dem Geist des Budjan verbandest. Niemals möchte ich durchstehen, was er an Qualen zu erleiden hatte. Und darum sollst du jetzt erfahren, was es mit Tallia auf sich hat. Mythor!«
    Mythor erhob sich, packte das Schwert und blieb unsicher in der Mitte des Ganges stehen.
    »Sie ist die Hexe!«
    Mythor stand wie erschlagen.
    Nein!
    Er schrie es gegen die Wände:
    »Nein, du verfluchter Aegyr! Niemals! Sie ist ihre Gefangene, ihr Opfer!«
    »Tallia ist Eroice, so wie sie früher war. Ich kann dich nicht dafür anprangern, daß du ihrer Schönheit verfielst, denn mir ging es so, obwohl ich nur von ihr berichten hörte. Als sie dann im Wald erschien und Gorm tötete…«
    »Tötete?« schrie Mythor. »Den Zaciden? Du lügst! Sie sagte, daß sie ihn von einem anderen Schrecklichen aus dem, Füllhorn gerissen am Weg fand!«
    »Sie sagte so vieles, das du ihr glaubtest.« Gesed sprach schneller. »Sie tötete ihn mit einem Zauberstrahl aus ihrer Hand. Ich wußte, daß es Eroice war, und ich war zu schwach, um ihr zu widerstehen. Die Hexe läßt sich von ihrem Bruder Jungfrauen heranschaffen und saugt ihnen die Lebenskraft aus. Dadurch kann sie sich für kurze Zeit wieder in ihrer ehemaligen Schönheit zeigen. So wird es auch Ilfa ergehen, wenn du nicht endlich zur Vernunft kommst. Eile zum Jungfrauenturm. Von Budjan weiß ich, wo der geheime Weg liegt. Und ich kann dir noch mehr verraten.«
    Mythor hörte kaum noch, was der Aegyr sprach.
    Tallia, die Hexe!
    Er wehrte sich gegen die Einsicht wie ein junger Baum gegen den alles hinwegfegenden Sturm. Tallias Anmut, ihre Angst. Ihre überweltliche Schönheit, und das Versprechen in ihren Augen, in ihrer Stimme. Er hatte sie befreien wollen, und allein das Zugeständnis an die alten Freunde kam ihm jetzt wie ein Verrat an ihr vor. Es war doch nur der Zorn über Cobors entsetzliches Schicksal gewesen!
    »Hüte dich, Mythor!« sagte Gesed. »Wenn du immer noch glaubst, daß ich dich hintergehen will, so betrete das Schlafgemach. Du wirst auf der Stelle deinen Willen verlieren und der Hexe ausgeliefert sein, bis sie deiner überdrüssig ist und dich wie alle anderen vor dir in die Mauern zwingt. Willst du mir jedoch endlich vertrauen, so eile zum Jungfrauenturm, wo Eroice fast angelangt ist. Stelle sie dort. Und solltest du immer noch zweifeln, wenn du Ilfa vor ihr ihre Lebenskraft aushauchen siehst, so tu das folgende…«
    Gesed sagte es ihm. Mythor machte wie ein Schlafwandler einen Schritt auf die Tür zu. In ihm stritten die Geister. Cobor, Ilfa, der lange Weg durch den Marmorbruch, Ilfa immer an seiner Seite. Dann der Maskenwald. Cobor und Krant, der Marmorne. Was war Liebe, was war Freundschaft? Tallia, als sie auf der Lichtung erschien…
    »Geh hin!« forderte Gesed. »Überzeuge dich! Wenn dir Ilfa je etwas bedeutet hat, so renne! Du kennst den Weg jetzt!« Der Aegyr nannte noch einmal die geheimen Stellen, an denen Mythor die Wand zu berühren hatte. »Glaube mir, es gibt keine Tallia. Eroice hat diesen Namen für dich erfunden. Was du für Tallias Stimme hieltest, war die der Hexe, die dich ins Schlafgemach locken wollte. Tallia kann also gar nicht sterben. Sie schweigt jetzt, weil sie ihre furchtbaren Zauberkräfte auf Ilfa richten muß!«
    Mythor drohte der aus der Säule hängenden Gestalt mit der Klinge.
    »Wenn du mich belügst, Gesed oder Budjan, dann schwöre ich dir, ich werd’…«
    Er sprach die Drohung nicht zu Ende. Er wußte nicht, was er tun würde. Er wußte nur, daß er wie ein Narr hier herumstand, während sich im Turm vielleicht Grausiges tat.
    Er rannte los.

7.
    Ilfa glaubte nicht mehr an ein Wunder, und eines solchen hätte es wohl bedurft, um sie noch aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien. Cobor, Zomfar und Gorbel mußten tot sein oder gefangen. Der Tod war vielleicht das gnädigere Schicksal und für sie der allerletzte Ausweg, wenn alles andere nicht mehr half.
    Der Unheimliche in Mermers Gestalt hatte den Bogen mitgenommen, doch Ilfa den Köcher mit den Pfeilen gelassen. Vielleicht hielt er sich für so mächtig, daß er glaubte, sie nicht fürchten zu müssen. Seine Magie – und noch mehr die seiner Hexenschwester – mochte wohl auch dazu ausreichen, die scharfen Eisenspitzen von sich abzuwenden.
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