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Die Trugburg

Die Trugburg

Titel: Die Trugburg
Autoren: Horst Hoffmann
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der Maske. »Ich weiß, was ich tue! Ich putze sie alle wieder blank! Ich will mich sehen können.« Er drehte den Kopf zur Regalwand. »Meine holde Schwester mischt sich wieder in mein Leben? Ich bin zwar beschwipst, aber noch klar genug im Kopf. Natürlich kann nur Mythor hiergewesen sein. Sie treibt also wieder ihre neckischen Spielchen mit ihm. Sie läßt ihn durch die Burg irren und lotst ihn zu ihrem Schlafgemach, wie sie es mit allen Liebhabern tat.«
    Er stand auf und wäre fast gestürzt, fand sein Gleichgewicht wieder, trank und zog einen Dolch unter der Tischplatte hervor. Dann ging er zum Spiegel.
    Es gab ein häßliches Quietschen, als die Klinge über die Fläche kratzte.
    »Aber in meinem Zimmer hatte er nichts zu suchen! Das wußte sie! Und auch die Wachen erkannten mich auf Anhieb, obwohl sie meinen – deinen – Körper noch gar nicht kennen können, Mermer! Eroice glaubt, daß sie nur ihr gehorchen. Das war einmal!«
    Er trank den Krug, der gut und gern drei Liter Wein gefaßt hatte, in einem Zug leer und schleuderte ihn gegen die Wand. Er zersplitterte in viele Stücke. Ceroc drehte sich einmal um sich selbst, fiel dabei und richtete sich an der Wand wieder auf. Der Wein, viel zu schnell heruntergestürzt, tat seine Wirkung, aber das merkte Ceroc nicht mehr.
    »Du hockst wieder vor deiner Kristallkugel und spionierst mir nach, ja?« kreischte er. »Dann schau zu, was ich jetzt mache, meine heißgeliebte Schwester! Du, hihi, warst so begehrenswert, weißt du noch? Dazu brauchtest du nicht einmal Jungfrauen. Paß auf, und sieh dich im Spiegel!«
    Er stützte sich mit dem Kopf gegen die Platte und kratzte die Farbe in breiten Bahnen ab.
    »Und wenn du dich satt gesehen hast an deiner Schönheit, dann geh zu Ilfa. Aber ich, hihihi, werde vor dir da sein. Ich, hihi, bin nämlich jetzt schön und stattlich. Und sie wird sich mir willig zu Füßen werfen!«
    Er lachte, bis er keine Luft mehr bekam. In der verkratzten Spiegelplatte sah er sich als kräftigen Jüngling.
    Eroice in ihrem Gemach aber stieß die Kristallkugel von sich, bevor sie ihr zuviel zeigen konnte. Sie war rundherum zufrieden.
    Sie brachte nicht mehr nach Ceroc zu rufen. Der Narr würde von ganz allein dorthin kommen, wo sie ihn haben wollte.
    Sie öffnete die Tür zum angrenzenden Schlafgemach und blickte voller Begierde auf das breite Lager, über dem sich auf vier marmornen Säulen ein kostbarer Baldachin spannte.
    Der Gedanke an Mythor und die Stunden mit ihm brachte ihr Hexenblut zum Wallen. Bald! Er war fast schon hier. Sie brauchte nicht auf ihn zu warten. Einmal den betörenden Düften und dem magischen Zauber dieses Raumes ausgesetzt, würde er ihr wehrlos ausgeliefert sein. Es war ein Pech, daß Cobor ihm doch noch von Ilfa berichten konnte. Nun, Mythors wiedererwachter Zorn würde erlöschen. Und was die Totenmaske des Gesed te Ruuta betraf, so wußte Eroice auch hier Rat.
    Budjan! dachte sie einen zwingenden Geistesbefehl. Greif dir Mythor, wenn er an dir vorbeikommt. Krümme ihm kein Haar, aber nimm ihm die Maske ab! Sie darf nichts mehr verraten können!
    Und Budjan antwortete:
    Es erfüllt mein Leben wieder mit einem Sinn, dir dienen zu dürfen, Herrin. Darf ich als Belohnung auf deine Gunst hoffen?
    Sie versprach es ihm. Was kostete es?
    Hier gab es für sie nichts mehr zu tun. Eroice verließ ihre Gemächer und machte sich auf den Weg in den Jungfrauenturm.
*
    »Diese Tür ist es, Mythor«, flüsterte Tallia. »Zwischen den beiden Säulen. Eile, denn schon rührt sich die Hexe im Schlaf.«
    Der Gang war breiter als alle anderen und mit Teppichen ausgelegt, die einstigen Glanz ahnen ließen. An einigen Stellen aber waren sie angefault, und häßliches Ungeziefer kroch unter den Rändern hervor. Das gleiche galt für die Wände. Einige Gemälde, kaum zerkratzt, zeigten die Leiber von Männern und Frauen im Liebesrausch. Andere waren so abstoßend wie die schon gesehenen. Dazwischen wuchsen wuchtige Marmorsäulen in die Höhe und in spitzen Bögen unter der Decke zusammen. Dies alles vermittelte den Eindruck, als wohnte hier ein Geschöpf, das mit sich selbst in bitterstem Widerstreit lag. Schönheit und Abscheuliches dicht beieinander. Es gab ein Wort dafür, einen Namen:
    Eroice!
    »Eile, Mythor!«
    Es hörte sich fast wie nach Abschied an, gleichzeitig wie das Versprechen baldiger Zweisamkeit. Auf jeden Fall wurde die Flüsterstimme schwächer.
    »Tallia!«
    »Ich habe alle meine Kraft gegen die schlummernde Macht der
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