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Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin

Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin

Titel: Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
Autoren: Nora Roberts
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und nicht deine Hellsichtigkeit?“
    „Mag sein, dass er mich attraktiv fand und meine Fähigkeiten ihn zu sehr verunsichert haben.“ Wie sehr sie sich wünschte, Gewissheit zu haben. „Aber es spielt keine Rolle mehr, es ist vorbei. Wir haben beide begriffen, dass eine engere Beziehung überhaupt nicht zur Debatte stand.“
    „Warum nicht?“
    „Weil es nicht das war, was er … was wir “, verbesserte sie sich hastig, „wollten. Von Anfang an war klar, dass es nur eine lockere Affäre geben würde.“
    „Worüber habt ihr gestritten?“
    „Er schlug vor, dass wir zusammenziehen könnten.“
    „Oh.“ In dieser Hinsicht war Clarissa altmodisch. Für sie wäre es niemals infrage gekommen, ohne Trauschein zusammenzuleben. Gleichzeitig aber wusste sie, dass solche Regeln in der heutigen Zeit nicht mehr entscheidend waren. „Findest du nicht, dass er sich mit einem solchen Vorschlag zu seinen Gefühlen für dich bekannt hat?“
    „Nein, ich glaube, er fand es nur bequemer so.“ War es das, was sie so sehr verletzt hatte? Bisher hatte sie diesen Gedanken beiseitegeschoben. „Als ich ihn bat, mir Bedenkzeit zu geben, wurde er wütend. Ausgesprochen wütend.“
    „Du hast ihm wehgetan.“ Als A. J. den Mund öffnete, um ihr zu widersprechen, brachte Clarissa sie mit einem Kopfschütteln zum Schweigen. „Glaub mir. Ihr habt es geschafft, euch gegenseitig tief zu verletzen, nur um euren eigenen Stolz zu retten.“
    So hatte A. J. es noch gar nicht gesehen. Sie spürte, wie sie schwach wurde. „Ich wollte ihn nicht verletzen, sondern nur …“
    „… dich selbst schützen“, er gänzte Clarissa. „Manchmalgeht das eine nicht ohne das andere. Wenn du jemanden liebst, wirklich liebst, dann musst du bereit sein, ein Risiko einzugehen.“
    „Denkst du, ich sollte noch einmal mit ihm reden?“
    „Ich denke, du solltest auf dein Herz hören.“
    Ihr Herz. Sie fragte sich, ob niemand sah, wie sehr sie litt. „Das klingt so einfach.“
    „Und gleichzeitig ist es die schwierigste Sache der Welt. Wir können psychische Phänomene analysieren, wir können die modernsten Versuchslabore bauen. Aber niemand außer den Dichtern kann erklären, was Liebe ist.“
    „Und du bist eine der großartigsten Poetinnen, Momma.“ Wieder ließ sich A. J. neben ihrer Mutter nieder und lehnte den Kopf an ihre Schulter. „Aber was, um Himmels willen, mache ich, wenn er mich nicht liebt?“
    „Dann hast du allen Grund, zu weinen und verletzt zu sein. Und danach sammelst du die Scherben ein und beginnst von vorn. Du bist stark genug.“
    „Und ich habe eine kluge und wundervolle Mutter.“ Lächelnd griff A. J. nach den beiden Gläsern, reichte Clarissa eines und stieß mit ihr an. „Worauf trinken wir?“
    „Auf die Hoffnung. Denn sie ist das Wichtigste.“
    In dem kleinen Schlafzimmer, das immer für sie hergerichtet war, zog A. J. sich um. Obwohl sie nur selten hier übernachtete, hatte ihre Mutter entschieden, es solle ein Zimmer in ihrem Haus geben, das ihrer Tochter gehörte. Heute Nacht wollte sie hier bleiben, nachdem die Gäste gegangen waren und sich das Brautpaar in die Flitterwochen verabschiedet hatte. Eventuell konnte sie hier in Ruhe nachdenken – besser als in ihrer Wohnung, wo so vieles an David erinnerte. Und vielleicht fand sie morgen den Mut,dem Ratschlag ihrer Mutter zu folgen und auf ihr Herz zu hören.
    Aber was würde sie tun, wenn er sie abwies? Wenn er sich längst mit einer anderen Frau getröstet hatte? Seufzend trat A. J. vor den Spiegel, warf einen kurzen Blick hinein und schloss dann die Augen. Jedes Was wäre, wenn ließ sie mehr verzagen. Es gab nur eines, was sie sicher wusste: Sie liebte ihn. Und wenn das bedeutete, ein Risiko eingehen zu müssen, hatte sie keine Wahl.
    Sie straffte die Schultern, öffnete die Augen und betrachtete ihr Spiegelbild. Ihr Kleid war aus blauer Seide und am Mieder mit Spitze besetzt. Unter einer breiten Schärpe fiel es in einen weiten, schwingenden Rock. Ihre Mutter liebte diese romantischen Sachen, ihr selbst war es eigentlich viel zu weiblich.
    Tatsächlich entsprach das Kleid überhaupt nicht ihrem Stil, und doch konnte sie sich der Wirkung des figurbetonten Schnitts und dem Charme der aufwendig gearbeiteten Spitze nicht entziehen. Sie nahm das kleine Bouquet aus weißen Rosen, das mit einem schimmernden Seidenband gebunden war, und fühlte sich fast selbst wie eine Braut. Kindisch, schalt sie sich. Wie mochte es sein, sich auf die eigene Hochzeit
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