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Die Tote

Die Tote

Titel: Die Tote
Autoren: Marion
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an meinen Nachfolger übergebe.« Er faltete die Hände vor der Brust und sah sie eindringlich an. »Sie wissen Bescheid. Ich verlasse mich auf Sie.«
    Damit drehte er sich um ging leise hinaus.
    Charlotte starrte einen Moment auf die geschlossene Tür und setzte sich dann schnaubend an ihren Schreibtisch.
    »Als ob der sich jemals nicht auf mich verlassen hätte«, murmelte sie vor sich hin, nahm den Telefonhörer und rief ihre Mannschaft zusammen.
    Hohstedt war natürlich noch nicht am Platze. Seitdem er Vater geworden war, hatte seine ohnehin dürftige Arbeitsmoral nochmals einen Dämpfer erlitten. Wenige Minuten später betrat sie mit einem Becher Kaffee in der Hand den Besprechungsraum, wo die Oberkommissare Thorsten Bremer, der Computerspezialist der   KFI   1 , und Maren Vogt auf sie warteten. Stefan Schliemann war wohl noch nicht vom Kröpcke zurück.
    »Also, ihr Lieben«, begann Charlotte, nachdem sie sich vorsichtig auf den äußersten Rand eines der unbequemen Stühle gesetzt hatte, die Ostermann im letzten Herbst neu hatte anschaffen lassen. Deren Sitzfläche war so kalt, dass Charlotte im Winter immer eine Zeitung als Kissen benutzt hatte, was ihr manchen spöttischen Blick ihrer Kollegen eingebracht hatte. »Hast wohl Angst, dir die Blase zu erkälten, was?«, hatte Martin Hohstedt gelästert. Aber Charlotte war das egal. Sollte Hohstedt sich doch die Eier abfrieren. Sie fand, dass Zeitungspapier wunderbar isolierte.
    In diesem Moment betrat Schliemann Kaugummi kauend den Raum.
    »Hey, Leute«, sagte er und tippte sich mit der Hand an die Schläfe, wie ein Offizier. Dann ließ er sich neben Charlotte auf den Stuhl fallen und zwinkerte Maren Vogt zu, die unter ihrem kurzen burgunderroten Haarschopf dezent errötete.
    Charlotte drehte ungeduldig ihren Kaffeebecher, was auf dem Resopaltisch ein unangenehm schabendes Geräusch verursachte.
    »Ach, Stefan«, begann sie, »gut, dass du da bist, dann kannst du deine Kollegen ja gleich mal aufklären.«
    Schliemann guckte verdutzt. »Worüber soll ich die aufklären? Wir wissen ja noch gar nix.«
    Charlotte seufzte. Maren kicherte.
    »Also, um das Ganze abzukürzen. Wir haben ein totes Mädchen. Name und Herkunft unbekannt, scheint aber hier in Hannover gewohnt zu haben. Sie war nur mit einem Flanellnachthemd und einem Badetuch bekleidet. Alter etwa sechzehn bis achtzehn. Todesursache unbekannt. Allerdings hatte sie eine Platzwunde am Kopf. Das zumindest wissen wir schon mal«, sagte Charlotte und warf Schliemann einen scharfen Blick zu. »Du überprüfst also die Vermisstenmeldungen, und Thorsten, du kümmerst dich um den Spürhund. Maren, du kannst mal bei einem Juwelier nachfragen, ob dieser Ring uns irgendwas verrät.«
    Sie zog ein Tütchen mit einem kleinen goldenen Ring, an dem zwei Delphine einen Kreis bildeten, aus der Jackentasche, den sie dem Mädchen trotz Kramers heftigem Protest vom Finger gezogen hatte. Sie hätte das Tütchen beinahe fallen lassen, denn die Tür wurde aufgestoßen, und Martin Hohstedt stürmte ins Zimmer. Erschreckt starrten ihn alle an.
    »Tut mir leid«, stotterte er, zog die Schultern hoch und schloss sanft die Tür. »War wieder ’ne schlimme Nacht.«
    Charlotte runzelte die Stirn, während die anderen grinsten. Allerdings sah Hohstedt wirklich erbarmungswürdig aus mit seinen roten Augen und dem zerzausten langen Haar, das sich auf dem Oberkopf bereits lichtete. Seit Neuestem trug er auch einen Dreitagebart, wobei Charlotte nicht so genau wusste, ob er damit Schliemann kopierte oder vor lauter Erschöpfung nicht zum Rasieren kam, weil sein drei Monate alter Sohn eins von diesen Schreikindern war, wie er ständig allen vorjammerte. Charlotte favorisierte letzteren Grund, denn dass Hohstedt ein Schreikind produziert haben könnte, erschien ihr nicht vollkommen abwegig.
    Noch bevor Hohstedt sich setzen konnte, stand Charlotte auf.
    »Na, dann lass dich mal von deinem Kollegen informieren.« Dabei deutete sie auf Schliemann. »Ich fahre zur Rechtsmedizin. Wir treffen uns um fünf wieder hier.«
    Damit war die Besprechung beendet, und die Beamten machten sich an die Arbeit.
    Als Charlotte ihr Büro betrat, saß Bergheim am Computer, den geschienten Fuß neben dem Schreibtisch ausgestreckt, die Krücken lehnten am Aktenschrank.
    »Was machst du denn hier? Solltest du dich nicht erholen?«, fragte Charlotte, während sie über die Krücken stolperte, die scheppernd umfielen.
    Bergheim stieß einen langen Seufzer aus. »Ich bin
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