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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus
Autoren: Sujata Massey
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reichten, in der ein Feuer mit niedriger blauer Flamme brannte. Darüber hing ein antiker gußeiserner Kessel. Ich schätzte ihn auf spätes neunzehntes Jahrhundert.
    Ich war noch stärker beeindruckt, als Mrs. Yogetsu uns an einer schönen tansu-Kommode vorbeiführte, auf der ein leicht asymmetrisches Neujahrsgesteck aus Kiefernzweigen und Pflaumenblüten stand.
    »Wie schön. Können Sie Blumen stecken?« Vielleicht konnte ich sie etwas freundlicher stimmen, wenn ich ihr schmeichelte.
    »Ich unterrichte es sogar. Ich bin eine sensei.«
    Ich war verblüfft. Sensei war ein Ehrentitel, den man für Lehrer oder Ärzte gebrauchte, der aber zu bombastisch war, wenn man sich selbst vorstellte. Wenn ich meine Arbeit beschrieb, dann verwendete ich immer das bescheidene kyoushi, das soviel wie Tutor bedeutete.
    Das Zimmer, das Mrs. Yogetsu mir anbot, war einfach und extrem klein; es enthielt kaum mehr als einen Teetisch und zwei Sitzkissen. Im Wandschrank lagen das Bettzeug sowie eine frische, blau-weiße Baumwoll- yukata , der Gästebademantel, den ich in das Gemeinschaftsbad anziehen konnte. In der Rückwand des Wandschranks befand sich eine weitere Schiebetür zum nächsten Zimmer. Wie mein Zimmernachbar und ich unsere Sachen auseinanderhalten sollten, war mir nicht ganz klar.
    Ich konnte es kaum erwarten, meinem müden, steifen Körper ein Bad zu gönnen. Mrs. Yogetsu zeigte mir über eine Hintertreppe den Weg nach unten. Während ich meine Toilettensachen zusammensuchte, hörte ich unten Neuankömmlinge: die gedämpfte Stimme einer Frau, die sich sehr gewählt ausdrückte, und das energische Brummen eines älteren Mannes. Ein zweiter Mann mischte sich ein. Er sprach irgendeinen britischen Dialekt; seine Vokale waren länger gezogen als bei den BBC-Sprechern, die ich immer über Kurzwelle hörte.
    Ich hängte das NUR-DAMEN-Schild an die nackte Badezimmertür und betrat einen sauberen Umkleideraum mit einer Glastür, die zu dem langen, breiten, eingelassenen Bad führte. Ich hob die großen Abdeckplatten vom Becken und tauchte den Fuß ins Wasser. Wie alle japanischen Bäder war es sehr heiß.
    Ein Duschbereich mit Seife, Wassereimern und Holzschemeln war die unausgesprochene Aufforderung, sich sorgfältig zu waschen, bevor man in das Becken ging, das von allen gemeinsam benutzt wurde. Ich wußte alles über die Benimmregeln in öffentlichen Bädern, weil mein Apartment keine Badewanne hatte, so daß ich gezwungen war, in eine öffentliche Einrichtung zu fahren, wenn ich meine tröpfelnde Dusche nicht mehr ertragen konnte. Das Badehaus in meiner Nachbarschaft war immer überfüllt und hatte nur eine Trennwand zwischen dem Damen- und dem Herrenbereich; die Gespräche alter Männer in einem halben Meter Abstand mit anzuhören trug wenig zu meiner Entspannung bei.
    Dieses Bad aber gehörte mir ganz allein, und es war groß genug, um darin zu schwimmen. Ich legte den Kopf auf den glatten hölzernen Rand und dachte an meine Kindheit, an den Sommer im Pool, an Wettschwimmen vom Flachen ins Tiefe, bis ich völlig außer Atem war. An meinen Körper hatte ich damals noch keinen Gedanken verschwendet. Ich war kein Mädchen, ich war ein stromlinienförmiger Fisch. Ich blickte hinab auf meine kleinen Brüste, die aus dem Wasser herausragten, und überlegte, wie das Leben in Japan mich verändert hatte. Durch das ständige Laufen waren meine Beine muskulös geworden, und weil ich mir weder Käse noch Wein leisten konnte, war mein Bauch ganz flach. FdH, die Diät, die wirklich funktionierte.
    Ein leichtes Schwindelgefühl sagte mir, daß ich schon zu lange in dem heißen Wasser lag. Ich kletterte hinaus und ruhte, bis der Schwindel nachgelassen hatte. Ich kühlte mich mit ein paar Eimern kaltem Wasser ab, bevor ich wieder in das Becken glitt. Es war immer noch kochend heiß, deshalb öffnete ich das Fenster über der Wanne einen Spalt, um einen Schwall der eisigen Luft hereinzulassen. Ich hörte, wie die Badtür geöffnet wurde, und wandte mich um. Sittsam schloß ich die Beine und machte mich bereit, die eintretende Frau mit einem Kopfnicken zu begrüßen. Ich hoffte, es würde die Japanerin mit der schönen Stimme sein.
    Der Neuankömmling jedoch war ein großer Mann mit athletischem Körper und rötlichblonden Haaren. Er war ebenfalls nackt, bemühte sich nun aber verzweifelt, sich mit einem Handtuch zu bedecken. In dem kurzen Moment, in dem sich unsere Blicke trafen, sah ich seine erschreckten grünen Augen, bevor ich zum Schutz
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