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Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Conrad
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gesagt?«, wollte ich wissen.
    Marie bekam einen Kicheranfall.
    »Gynäkologischer Eingriff«, verkündete sie triumphierend, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.
    »Und? Wie hat er reagiert?«
    »Wie alle Männer reagieren, wenn sie so etwas hören«, prustete Marie, »Kopp so rot wie ein Himbeerlolli und zentimeterdick Schweiß auf der Stirn. Ich habe so getan, als hätte ich es nicht bemerkt, und was von Uterus erzählt und Infektion …«, sie brach ab, weil sie vor Lachen nicht mehr weiterreden konnte.
    »Das hast du nicht getan!«
    War Marie nicht einfach göttlich?
    »Doch!«, kreischte sie zurück. »Und ich hätte noch endlos so weitermachen können, wenn er mich nur gelassen hätte! Aber er wurde grün im Gesicht und fragte mich, warum ich ihm nicht einfach einen Krankenschein bringen würde.«
    Sie machte eine Kunstpause, um mich ein bisschen zappeln zu lassen.
    Ich tat ihr den Gefallen und sagte: »Komm, spann mich nicht auf die Folter. Was hast du geantwortet?«
    »Ich habe ihm den Todesstoß versetzt. Ich habe gesagt, ich wäre nach dem Eingriff ein bisschen wund untenrum und könnte dann bestimmt nur breitbeinig laufen, und beim Pinkeln würde es schrecklich brennen. Er sah aus, als würde er sich stehenden Fußes auf seinen Angeberschreibtisch übergeben!«
    Bei der Erinnerung daran seufzte sie selig.
    »Und er hat nicht bemerkt, dass du ihm da unglaublichen Unsinn aufgetischt hast?«
    »Ich bitte dich!«, rief Marie. »Welcher Mann, der nicht Gynäkologe ist, würde das bemerken? Die schalten doch alle ab, sobald die Worte Arzt und Unterleib in einem Satz genannt werden, und wollen nur noch, dass du aufhörst, darüber zu sprechen! Das funktioniert todsicher.«
    »Hast du keine Angst, dass er Susanne danach fragt und die ihm dann klarmacht, dass nicht jede Entzündung gleich eine Operation erfordert?«
    »Du machst wohl Witze. Er mag ja dumm wie ein Stück Pappe sein, aber er weiß sehr wohl, dass er dann Gefahr läuft, zu erfahren, dass auch seine kostbare Gattin einen Unterleib hat, der ab und zu mal zum Arzt muss.«
    Und so hatte Marie sichergestellt, dass ihr kleiner Urlaub für ihren Chef fortan ein absolutes Tabuthema war.
    Ich freute mich wahnsinnig auf sie.
    Ein Zimmer in einer kleinen Pension in der Nähe unserer Wohnung war bereits gebucht, und ich zählte die Tage, bis ich sie am Aéroport Charles-de-Gaulle abholen konnte. Wie kleine Kinder erzählten wir uns bei jedem Telefonat, wie oft wir noch schlafen müssten, bis wir uns endlich sahen. Noch zehn Mal, noch neun Mal, noch acht Mal …
     
    Mittlerweile waren wir bei »noch drei Mal« angelangt, und ich saß summend an meinem Küchentisch und bastelte die Lilienblüten, mit denen ich die Hochzeitstorte schmücken wollte. Nach langen Telefonaten und Dutzenden Fotos von Torten, die ich an Marie gemailt hatte, stand endlich fest, wie sie aussehen sollte: glänzend pink und gekrönt mit Feuerlilienblüten aus Marzipan.
    Die Blüten hatte ich bereits gestern geformt und über Nacht trocknen lassen. Jetzt war ich dabei, sie mit Lebensmittel-Farbspray orange zu färben, um dann mit einem hauchfeinen Pinsel lebensechte Strukturen und Flecken aufzutupfen.
    Als plötzlich das Telefon klingelte, fuhr ich vor Schreck derart zusammen, dass ich kurzzeitig die Kontrolle über meine Spraydose verlor und meine linke Hand orange ansprühte. Mit der Rechten griff ich nach dem Telefon. Die Nummer auf dem Display kannte ich nicht.
    »Hallo?«
    »Helene, Liebling, ich bin’s. Du, ich komme später, die Besprechung dauert länger als geplant«, sagte Leon.
    »Lass dir Zeit«, antwortete ich geistesabwesend und betrachtete den orangefarbenen Umriss meiner linken Hand, den mein kleiner Unfall auf der Tischplatte hinterlassen hatte. Je mehr Zeit ich hatte, die Blüten zu vollenden, desto besser.
    »Ich komme so schnell wie möglich«, versicherte Leon, »wir werden höchstens noch …«
    Das, was er sagte, wurde von einer Lautsprecherdurchsage übertönt. Eine weibliche Stimme rief nach einem Docteur Picard, der bitte auf dem schnellsten Weg zum Operationssaal 4 kommen solle. Welch ein Glück, dass die letzte Lektion meines Französischkurses auf CD sich mit dem Thema »Arzt und Krankenhaus« beschäftigt hatte – eine Woche zuvor hätte ich vielleicht noch nicht verstanden, was die Durchsage zu bedeuten hatte.
    Ich erstarrte.
    Leon war in einem Krankenhaus?
    »Wieso bist du im Krankenhaus, Leon? Was ist passiert?«, rief ich, während ich schon nach meinen
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