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Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Conrad
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der Bildfläche erschienen, hatte ihn unter Vertrag genommen und ihm eine große Karriere versprochen. Dafür musste Leon sich allerdings sieben Jahre jünger machen, als er in Wirklichkeit war – nämlich neunundzwanzig -, und vor allem musste er offiziell Single sein.
    Ich war viel zu verliebt in ihn, als dass ich dagegen protestiert hätte, für die Öffentlichkeit nicht zu existieren. Trotzdem hasste Marcel mich und machte sich nicht einmal die Mühe, mir gegenüber höflich zu sein, wenn wir uns begegneten. Das äußerte sich allein schon dadurch, dass er mit mir nur französisch sprach, obwohl er genau wusste, dass ich diese Sprache gerade erst lernte – und obwohl er wie Leon gebürtiger Schweizer war und Deutsch beherrschte.
    Mir war es egal.
    Marcel war mir egal.
    Für mich war nur wichtig, dass Leon und ich uns liebten und dass wir beschlossen hatten zu heiraten.
    Als Marcel davon erfahren hatte – wir hatten ihn zu einem Abendessen zu uns eingeladen, um es ihm zu sagen -, war er auf mich losgegangen wie ein wild gewordener Stier und hatte mich beschimpft – auf Deutsch, damit ich auch ja keine seiner Beleidigungen verpasste. »Willst du seine Karriere zerstören?«, hatte er wütend gebrüllt. »Was soll er mit einer alten, fetten Kuh wie dir?«
    Und während ich sprachlos und gedemütigt dagesessen hatte, hatte er Leon mit einem rasend schnellen französischen Wortschwall überschüttet, von dem ich kein einziges Wort verstand außer merde , das gefühlte viertausend Mal vorgekommen war. Leon hatte schweigend zugehört, und nachdem Marcel seine Tirade endlich beendet hatte, zuckte mein Geliebter nur mit den Schultern und sagte ungerührt: »Helene und ich werden im Mai heiraten.«
    Ganz ehrlich – mir war in dem Moment ein Stein vom Herzen gefallen. Marcel war so heftig aufgesprungen, dass sein Stuhl umgefallen war. Er bebte vor Zorn, holte tief Luft und brüllte Leon an: »Das wirst du bereuen!«
    Dann fuhr er zu mir herum, zeigte auf mich und zischte: »Und du auch. Du wirst noch an meine Worte denken, Helene.« Er sprach meinen Namen französisch aus – Älänn -, und ich glaube, es war bis dahin das einzige Mal, dass er mich überhaupt mit Namen angeredet hatte.
    Danach hatte er Türen schlagend unsere Wohnung verlassen. Ich saß da, mit klopfendem Herzen, und wagte kaum, Leon anzusehen. Denn eigentlich hatte Marcel nur das Kind beim Namen genannt. Zugegeben, seine Worte waren nicht besonders freundlich gewesen. »Alte, fette Kuh« ist nicht gerade das, was man gern über sich hört. Aber ich war gerade dreiunddreißig geworden, und Leon war offiziell zweiundzwanzig. Und ja, ich hatte Übergewicht.
    Nicht diese Art von »Übergewicht«, wenn eine Frau, die Größe 38 trägt, herumlamentiert, dass der Bund ihrer knallengen Jeans kneift.
    Nein, ich spreche von saftigem Größe-44-Übergewicht, von dem, was man allgemein als Rubens-Figur bezeichnet. Von der Art Übergewicht, das Leute sagen lässt: »Immerhin hat sie ein schönes Gesicht«, wenn sie etwas Nettes über dein Äußeres bemerken wollen.
    Nicht, dass ich mich dessen schämen würde, überhaupt nicht. Ich weiß, ich bin eine attraktive Frau. In meinem Leben haben viele Männer mich umworben, aber niemand so wie Leon, den ich vor einem Jahr auf einem Konzert in Bremen kennengelernt hatte, bei dem ich backstage für die Verpflegung der Künstler zuständig gewesen war. Er hatte nicht lockergelassen, bis er meine Telefonnummer hatte. Ich war geschmeichelt gewesen, dass dieser wunderschöne, umschwärmte, blonde Adonis mit mir geflirtet hatte, aber ich hatte nie damit gerechnet, dass er sich wirklich bei mir melden würde.
    Seit drei Monaten wohnte ich jetzt bei ihm in Paris. Er lebte dort, weil Marcel über hervorragende Kontakte in der hiesigen Musikszene verfügte. In Frankreich war Leon bereits eine kleine Berühmtheit, und Marcels Plan war es, von hier aus die musikalische Welt zu erobern.
    Mir war es egal, wo ich mit Leon wohnte, ich wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt. Und außerdem: Konnte es Romantischeres geben, als in der Stadt der Liebe zu leben? In zwei Wochen wollten Leon und ich heiraten. In ganz kleinem Kreis und heimlich, denn die Medien sollten nichts davon erfahren, damit Leons Image keinen Kratzer bekam. Andere Frauen hätten vielleicht dagegen aufbegehrt – aber wozu hätte ich das tun sollen?
    Ich hatte sowieso nicht vor, den Rest meines Lebens als Leons Anhängsel zu verbringen und hinter irgendwelchen Bühnen
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