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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich
Autoren: Tim Powers
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nutzten die Briten ihre Chance; im September 1801 kapitulierte Klebers unfähiger Nachfolger in Kairo und Alexandria vor den Briten, die nun das Heft in die Hand nahmen. Innerhalb einer einzigen Woche wurde ein Dutzend Agenten des Meisters festgenommen. Der neue britische Gouverneur sah sich sogar veranlaßt, die Tempel der alten Götter zu schließen, die der Meister außerhalb der Stadt hatte errichten lassen.
    In seiner Not ließ der Meister zwei seiner ältesten und mächtigsten Stellvertreter kommen, Amenophis Fikee aus England und Dr. Monboddo Romanelli aus der Türkei und enthüllte ihnen den Plan, der, obschon in einem Maße phantastisch, das auf Senilität des alten Mannes schließen ließ, nach seiner Meinung gleichwohl das einzige Mittel war, mit dessen Hilfe man England aus dem Gesamtbild der Welt tilgen und Ägyptens seit Jahrtausenden verlorene Überlegenheit wiederherstellen könnte.
    Sie waren in dem hallenartigen Raum mit ihm zusammengetroffen, den er allein mit seinen Ushabtis bewohnte, vier lebensgroßen Wachsstatuen von Männern. Ohne seinen charakteristischen Sitz unter der Decke zu verlassen, hatte er mit dem Hinweis begonnen, daß das Christentum, die grelle Sonne, die aus der inzwischen zur ausgetrockneten Hülse gewordenen Zauberkunst alle Lebenssäfte verdampft habe, gegenwärtig von Wolken des Zweifels verhüllt sei, die aus den Schriften von Leuten wie Voltaire, Diderot und Godwin stiegen.
    Romanelli, der den ausführlichen Metaphern des uralten Magiers mit der gleichen Ungeduld begegnete, die seinen Umgang mit allem anderen auszeichnete, unterbrach ihn mit der unumwundenen Frage, wie dies alles dazu dienen könne, die Briten aus Ägypten zu vertreiben.
    »Es gibt eine magische Prozedur...«, fing der Meister an.
    »Magie!« sagte Romanelli so geringschätzig wie er zu sein wagte. »Heutzutage bekommen wir Kopfschmerzen und sehen doppelt - von ungefähr fünf Pfund Gewichtsverlust zu schweigen -, wenn wir versuchen, durch Zauberei ein Rudel lästiger Straßenköter zu vertreiben; und selbst dann kann es geradesogut schiefgehen wie gelingen, so daß sie alle tot zu Boden fallen, wo sie gerade stehen. Da ist es einfacher, mit einem Stock zu fuchteln und sie anzuschreien. Ich bin sicher, Sie haben nicht vergessen, wie Sie gelitten haben, nachdem Sie vor drei Jahren das Wetter in der Bucht von Abukir beeinflußten. Ihre Augen schrumpelten zusammen wie Datteln, die zu lang in der Sonne gelegen haben, und Ihre Beine. !«
    »Wie Sie sagen, ich habe es nicht vergessen«, entgegnete der Meister kalt und richtete den Bück der teilweise gesundeten Augen auf Romanelli, welche unter dem fast wahnsinnigen Haß, der darin brannte, wie immer unwillkürlich erschauerte. »Obwohl ich durch einen Stellvertreter anwesend sein werde, muß einer von Ihnen diesen Zauber ausführen, denn er muß nahe dem Herzen des Britischen Empires stattfinden, also in oder bei der Stadt London, und mein Zustand macht mir das Reisen unmöglich. Obwohl ich Ihnen die stärksten verbliebenen Abwehrmittel und schützenden Amulette zur Verfügung stellen werde, wird die Ausführung des Zaubers, wie Sie bereits andeuteten, beträchtlich an den Kräften des Ausführenden zehren. Sie werden Strohhalme unter dem Tuch auf dem Tisch dort hervorziehen, und der Mann mit dem kürzeren Strohhalm wird derjenige sein, dem die Aufgabe zufällt.«
    Fikee und Romanelli blickten auf die beiden Strohhalmenden, die unter einem Tuch hervorschauten, dann sahen sie einander an. »Was für ein Zauber ist es?« fragte Fikee. »Sie wissen, daß unsere Götter verschwunden sind. Sie residieren jetzt im Tuaut, der Unterwelt, deren Tore seit achtzehn Jahrhunderten durch einen Druck, den ich nicht verstehe, der nach meiner Überzeugung aber mit dem Christentum verbunden ist, zugehalten werden. Anubis ist der Gott jener Welt und des Tores, hat aber keine Gestalt mehr, in welcher er hier erscheinen könnte.« Sein Sitz verschob sich ein wenig, und der Meister schloß vor Schmerzen kurze Zeit die Augen. »Im Buch Toth gibt es einen Zauber«, fuhr er endlich fort, »eine Anrufung des Anubis, vom Zauberer Besitz zu ergreifen. Dies erlaubt dem Gott, physikalische Gestalt anzunehmen - Ihre. Und wenn Sie diese Anrufung sprechen, werden Sie gleichzeitig einen anderen Zauber niederschreiben, eine Magie, die ich selbst mit dem Ziel erarbeitet habe, neue Tore zwischen den beiden Welten zu öffnen - Tore, die nicht nur die Wand des Todes, sondern auch die Wand der Zeit
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