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Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Titel: Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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er her? Sie hatte seinen Kampfstil schon einmal gesehen, dessen war sie sich sicher. Ob es damals aber auch gerade Er war, konnte sie nicht mehr sagen. Ein Meister war er, so viel stand fest. In ihren Kreisen Meister der Klingen genannt. Jemand, der sein Wissen weitergab und einen Schüler hatte. Jemand, der selbst jahrelang gelernt hatte, dann sein Wissen in der Praxis anwandte und vertiefte und nun selbst, mit eigenen Techniken und Finessen versehen, weitergab. Sie kannte sich in ihren Berufskreisen recht gut aus, und sobald sie in ihrem Versteck angekommen war, wollte sie nochmals versuchen, sich zu erinnern. Unstrittig war, dass es immer zwölf Großmeister verteilt auf das Reich gab. Ein jeder mit eigenem Unterschlupf und Schülern. Wenn ein Großmeister starb, wählten die übrigen einen neuen. So war immer gewährleistet, dass es für jede Technik einen eigenen Großmeister gab. Shachin kannte drei der Großmeister persönlich, war sie doch bei ihnen in die Lehre gegangen. Zwei weitere waren ihr vom Sehen geläufig, doch die anderen sieben lagen im Dunkeln.
    Shachin verhielt immer wieder in ihrem Lauf und lauschte. Sie musste sicher sein, dass ihr der Meister , wie sie ihn von nun an nennen wollte, nicht folgte. Der sichere Unterschlupf war wichtig. Ein Ort der Regeneration und Ruhe. Es musste ihr solange gelingen, das Versteck geheim zu halten, bis die Reise in den Norden begann. Dann, so ihr Plan, hatte sie die Gelegenheit, eine Zeit lang abzutauchen, von der Oberfläche zu verschwinden. Schon bevor sie vor einigen Tagen in Leuenburg angekommen war, hatte sie diesen Entschluss gefasst. Nun, mit dem Auftauchen dieses ernstzunehmenden Gegners, hatte sich nichts daran geändert, eher im Gegenteil. Sie musste weg aus den nördlichen Herzogtümern. Einige Zeit warten, bis Gras über die Sache gewachsen war, und das Siedlungsprojekt im Wilderland war wie geschaffen dafür.
    Einige Minuten und ein paar geschlagene Haken später erreichte sie den Westen der Stadt. Jetzt war es nicht mehr weit. Die alte, verfallene Kapelle lag direkt an der Stadtmauer, knapp unterhalb des Grünwalder Tores. Sie war kaum besucht, und die wenigen Gläubigen, die hier ihren Dienst an der Herrin verrichteten, blieben nie lange.
    Leise und vorsichtig näherte sie sich dem alten Gemäuer. Vielleicht wusste der Meister bereits um ihren Aufenthaltsort und wartete hier auf sie. Wobei das äußerst unwahrscheinlich war. Shachin hatte zwar den einen oder anderen Umweg in Kauf genommen, war aber dennoch schnell und ohne langen Aufenthalt gelaufen. Er hätte schon Flügel besitzen müssen, sollte er nun vor ihr hier sein.
    Das schwarze Leichentuch der Nacht lag ruhig und still auf der Kapelle. Von oben drang kein Licht in die Senke hinab und nur die kleine Kerze, die immer im Fensterbogen hinter dem Altar brannte, sorgte für einen fahlen Lichtschein. Die letzte Stunde vor der Dämmerung war kalt und ab und an trieb ein leichter Wind die Schatten der Kerze tanzend und springend über den verwitterten Stein.
    Shachin sah die Gestalt erst, als sie die Wegbiegung des Steiges hinter sich hatte. Stumm und unbeweglich kniete jemand vor dem Altar. Sofort verschwand Shachin im Schatten eines Findlings, und plötzlich lag auch wieder der Dolch in ihrer Hand. Auf den ersten Blick hatte sie gesehen, dass es nicht der Meister war und dennoch, Vorsicht war geboten. Sie hatte kein Interesse daran, hier entdeckt zu werden. Das Verhalten der Person dort unten würde nun über Leben oder Tod entscheiden. Sollte sie Shachins Lager zu nahe kommen, musste sie sterben.
    Es fing langsam an zu dämmern. Die Schatten begannen damit, dem diffusen Licht der aufgehenden Sonne Platz zu machen. Shachin harrte noch immer hinter dem Findling aus und beobachtete die kleine Kapelle. Zunächst hatte sie angenommen, dass es sich um einen einfachen Gläubigen handelte. Doch nach einiger Zeit kam sie zu dem Schluss, dass er dafür irgendwie zu geordnet, zu diszipliniert aussah. Sie hatte einen Soldaten vor sich, da war sie sich nun sicher. Vermutlich war er ein Mitglied der Stadtwache, nur in Zivil.
    Shachin sah sich um. Sie musste hier weg. Ihr Versteck hinter dem Findling war zu exponiert, und im Licht des hellen Tages konnte man sie von weiter oben deutlich erkennen. Leise richtete sich Shachin auf. Im Schutz einiger kleiner Felsen machte sie sich auf den Weg in die Senke. Noch rührte sich der Soldat nicht, doch, so fürchtete sie, war das nur noch eine Frage der Zeit. Für ihn
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