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Die tödliche Heirat

Die tödliche Heirat

Titel: Die tödliche Heirat
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Worten suchen mußte.
    »Wir fanden Ihren Brief auf Anhieb besonders nett und interessant«, schmeichelte die Frauenstimme. »Haben Sie noch Interesse an unserem Angebot?«
    »Ja, natürlich … sehr gerne … ich meine … deswegen habe ich ja geschrieben …«, stammelte Paddleton aufgeregt und verzweifelt.
    Die Frau am anderen Ende der Leitung schien aber seine Aufregung nicht zu merken. Jedenfalls fuhr sie fort:
    »Wir könnten Sie schon morgen, also am Dienstag, mit einer netten, hübschen Dame aus ersten Kreisen bekannt machen. Sie ist 31 Jahre alt, hellblond, schlank – aber nicht ohne Formen, besitzt in Minnesota eine Fabrik und wurde vor drei Jahren schuldlos geschieden. Gefällt Ihnen das, Mr. Paddleton?«
    »Ja, sehr gerne«, konnte Paddleton wieder nur einfältig sagen. Er hätte sich ob seiner Erregung am liebsten selbst geohrfeigt. »Darf ich Ihnen dann einen Termin vorschlagen? Morgen nachmittag, genau um 16 Uhr, wartet am Eingang der Straße durch den Central Park, Ecke Central Park South/Seventh Avenue, ein hellgrauer Bentley auf Sie. Diesen Wagen können Sie nicht verfehlen. In ihm sitzt unsere Klientin. Würden Ihnen Zeit und Ort zusagen?«
    Paddleton zögerte nicht lange und sagte zu. Sein Gesicht glänzte. Eine Hellblonde, dachte er. Und die Andeutung ›nicht ohne Formen‹ übersetzte er für sich sogleich mit ›kurvenreich‹. Er spürte, wie er begann, ungeduldig zu werden. Innerlich schimpfte er bereits darüber, daß zwischen heute und dem Zusammentreffen ein voller Tag zu überbrücken war.
    Als die Anruferin schon einige Zeit aufgelegt hatte, saß Paddleton noch unbeweglich an seinem Tisch, dann legte er fast zärtlich den Telefonhörer auf. Schuldlos geschieden, sinnierte er. Und hübsch, sagte sie. In einem Bentley am Central Park erwartet sie mich … Mensch, alter Junge, da sage noch einer was gegen Heiratsanzeigen.
    Er zog seinen Mantel an und eilte auf die Straße, um seine Freude mit einem Glas echten deutschen Bieres zu begießen, das es in dem deutschen Restaurant an der Ecke gab.
    Am 25. Mai, dem Morgen jenes Tages, an dem er nachmittags um 16 Uhr zum Rendezvous kommen sollte, las er beim Frühstück wie Millionen andere New Yorker die kurze Meldung, daß im Hafenviertel ein unbekannter Toter aufgefunden worden war. Er las darüber hinweg und blätterte den Wirtschaftsteil auf, denn hier wurde über die neuen Planungen der großen Firmen berichtet. Paddleton war als Sachverständiger für statische Berechnungen bekannt. Wenn irgendwo eine Brücke gebaut wurde – sein Name stand immer auf der Liste der möglichen Konstrukteure. Deshalb bedeuteten für ihn neue Planungen stets neue Geschäfte. Doch diesmal konnten die Meldungen kaum seine Aufmerksamkeit finden. Paddleton war viel zu unruhig, zu erwartungsvoll. Der Vormittag verging ihm viel zu langsam, und schon kurz nach dem Lunch betrat er ein Blumengeschäft, um Rosen zu kaufen. Er entschied sich dann aber doch für dunkelrote, gefüllte Nelken. 25 Stück wurden nach seinen Angaben zu einem großen Strauß zusammengestellt. Mit ihm bestieg er um 15.30 Uhr ein Taxi und ließ sich zum Plaza-Hotel fahren. Den letzten Teil des Weges ging er zu Fuß.
    Und schon sah er ihn stehen – den hellgrauen, breiten Bentley. Sein Herz schlug heftig. Er beschleunigte seine Schritte und rannte fast auf den hellgrauen Wagen zu. Er fühlte sich plötzlich jung, unbeschreiblich jung, und voller Unternehmungslust.
    Mit einem Lächeln erreichte er den hellgrauen Wagen …
    In der Nacht vom 26. auf den 27. Mai fischte die New Yorker Strompolizei aus dem Wasser von Coney Island, nahe dem berühmten Vergnügungspark, eine männliche Leiche. Sie hatte keine Papiere bei sich, keine Schlüssel, kein Portemonnaie; und aus dem Anzug und der Unterwäsche waren die Firmenetiketten herausgetrennt …

6
    Etwas außerhalb New Yorks, bei Paterson am Passaic River, lag, hinter dichtem Strauchwerk versteckt und umgeben von hohen Pappeln, eine gutsähnliche, weiße Villa.
    Vor sechs Jahren hatte eine junge Frau mit Namen Ronnie Wals dieses Anwesen gekauft. Mrs. Ronnie war damals erst 25 Jahre alt, und keiner im nahen Paterson wußte, woher sie das Geld hatte, diesen großen Besitz aus der Hinterlassenschaft eines kinderlos verstorbenen Marmeladenmillionärs zu erwerben. Es wurde behauptet, daß Mrs. Wals die Witwe eines in den letzten Kriegstagen gefallenen amerikanischen Hauptmannes sei, den sie, knapp achtzehn Jahre alt, in den Südstaaten geheiratet hatte.
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