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Die tödliche Heirat

Die tödliche Heirat

Titel: Die tödliche Heirat
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Merkwürdige Art, einen Toten so hinzusetzen …«
    Corner legte das Bild zur Seite und begann, flüchtig den Bericht zu lesen. »Die Hafenpatrouille entdeckte ihn. Er wurde an einer Stelle gefunden, an der stündlich der wachhabende Polizist vorbeikommt. Das heißt also, daß der Tote zwischen 21 und 22 Uhr dorthin gelegt wurde.«
    »Oder dort umsackte und starb.« Bennols schob die Unterlippe etwas vor, was ihn noch häßlicher aussehen ließ, als er ohnehin schon war. Langsam rauchte er seine Pfeife an. »Murrey glaubt an einen Herzschlag, weil die Obduktion durch Doctor Donnath eine Lähmung des Herzmuskels als Todesursache angibt.«
    Corner sah von den Akten auf. Sein Gesicht war ärgerlich; er mußte jetzt auch gegen immer stärker werdende Kopfschmerzen ankämpfen. »Und da reden Sie von Mord, wenn Sie selbst nicht daran glauben? Was sollen wir hier mit dieser Routinesache? Die gehört ins Unfalldezernat.«
    »Auch meine Ansicht. Aber da ist noch etwas.«
    Corners verkaterte Züge zeigten plötzlich so etwas wie den Versuch eines Lächelns. Der Inspector blickte Bennols an, diesen schlaksigen, ungepflegt wirkenden Jungen mit den dicken Sommersprossen und wiegte wohlwollend den Kopf. »Sie kennen die Akte ja schon sehr genau.«
    »Nur um Sie zu entlasten, Chef … Doctor Donnath hat neben der Herzmuskellähmung auch ein Gift im Körper entdeckt, das aber merkwürdigerweise nicht das Herz lähmt, sondern allein auf die Verdauungsorgane wirkt. Das veranlaßte Murrey, uns den Fall zu übertragen. Er wittert Unrat, Chef.«
    Corner hob die Schultern und atmete tief durch: »Na, dann wollen wir mal, Stewart. Ist der Wagen klar?«
    »Ja, Chef.«
    »Wir fahren erst ins Schauhaus. Ich will mir den Toten selbst ansehen. Auf der Fahrt kann ich ja den ganzen Kram hier …«, er tippte auf das rote Aktenstück, »lesen. Es wird nicht viel sein. Weiß man denn, wer der Tote ist?«
    »Eben nicht. Er hatte keine Papiere bei sich, keine Brieftasche, kein Portemonnaie, keinen Schlüssel – selbst aus dem Anzug und aus der Unterwäsche waren die Firmenetiketten herausgetrennt.«
    Verblüfft fuhr Henry Corner, der gerade eine Alka-Seltzer-Tablette in ein Wasserglas werfen wollte, herum. Sein Gesicht war voll Spannung.
    »Die Sache wird ja wirklich interessant, Stewart!«
    Bennols nickte weise. »Das wußte ich doch«, sagte er, als sei es eine Selbstverständlichkeit.

3
    Im Schauhaus schlug Corner und Bennols die etwas süßliche, kalte Luft entgegen, die allen Leichenhallen zu eigen ist. Immer wenn Bennols diesen großen, kühlen Saal im Keller des Polizeipräsidiums betrat, mußte er ein Würgen unterdrücken, das ihm unwillkürlich in die Kehle stieg. Auch Henry Corner preßte die Lippen aufeinander, als ihnen der alte Kriminalsekretär, der seit zwanzig Jahren das Schauhaus verwaltete, entgegenkam und sie freundlich begrüßte. Er hatte sich längst an den Anblick der vielen zugedeckten Bahren gewöhnt, die nebeneinander an der weißgetünchten Wand standen. Einziger Schmuck in diesem kahlen Raum war ein hölzernes, einfaches Kreuz an der Stirnwand.
    Inspector Corner sah sich fröstelnd um. »Noch mehr Kundschaft?« fragte er krampfhaft-burschikos. Der Sekretär nickte.
    »Drei Autounfälle, ein Selbstmord, zwei Einbrecher, die auf der Flucht erschossen wurden … im ganzen elf Stück!« Der Alte schüttelte sich und wiegte den Kopf hin und her. »Nicht nur im Krieg, auch in friedlichen Zeiten bringen sich die Menschen gegenseitig um. Irgendwie schaffen sie es immer, daß sie weniger werden.«
    Corner, dessen Kopfschmerzen inzwischen nachgelassen hatten, lächelte schwach. Bennols überblickte die elf zugedeckten Bahren und schob die Lippen vor. »Darf man rauchen?«
    Der Sekretär zeigte mit dem Daumen über seine Schulter. »Die da stört es bestimmt nicht und mich noch weniger. Ich rauche selbst, um den Leichengeruch nicht immer riechen zu müssen.«
    Rasch stopfte sich Bennols eine Pfeife und steckte sie in Brand. »Sie wollen den Geheimnisvollen sehen, Inspector?«
    Der Alte wies auf die Bahren. »Da, der Vierte. Das ist er!« sagte er. »Hatte alle Mühe, während der letzten Stunden die Reporter abzuwehren, die ihn knipsen wollten! Eine Bande, diese Zeitungsleute! Keine Pietät!« Er fingerte eine halbgerauchte Zigarette aus der Tasche seines weißen Kittels und steckte sie an. Dick und blau stiegen die Rauchwolken in den Raum.
    Henry Corner trat an die vierte Bahre und bückte sich. Einen Augenblick zögerte er, das
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