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Die tödliche Heirat

Die tödliche Heirat

Titel: Die tödliche Heirat
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich halte eine persönliche Begegnung für zweckmäßig, da man persönlich alles leichter und besser durchsprechen kann.
    Mit freundlichen Grüßen
    John Paddleton.«
    Allerdings kam Paddleton erst am nächsten Morgen dazu, die Postsendung in den Briefkasten zu werfen. Dabei kreisten seine Gedanken um das – wie er es selbst nannte – kleine Abenteuer, in welches er sich eingelassen hatte. Vor längerer Zeit schon hatte er erwogen, auf diese Art und Weise einmal sein Glück zu versuchen. Er war seit vier Jahren Witwer und des Alleinseins müde. Sein Beruf jedoch ließ ihm wenig Chancen, eine passende Frau zu finden. Tagsüber saß er entweder an seinem Konstruktionsbrett oder hielt sich zur Überwachung seiner Projekte an verschiedenen, oft abgelegenen Baustellen auf. Und außerdem träumte er verständlicherweise von einer besonderen Frau. Natürlich sollte sie nicht unvermögend sein, aber mußte das ausschließen, daß sie nicht auch schön und verführerisch wäre? Seine Ehe hatte ihn in dieser Hinsicht reichlich unbefriedigt gelassen. Betty, so der Vorname seiner verstorbenen Frau, war seine Jugendliebe gewesen. Und wer achtet als Achtzehnjähriger schon so auf Formvollendung? Man himmelte Mae West an und erfüllte sich seine sehnsuchtsvollen Träume dann mit einer bereitwilligen Schulfreundin. Nur – er war von Betty nicht mehr losgekommen, denn ihr Vater hatte, nachdem sie beide fast fünf Jahre lang miteinander gegangen waren, auf der Hochzeit bestanden; und da auch seine Eltern das für richtig und sinnvoll hielten, hatte er sich gefügt. Erst viel später erkannte er, daß seine Ehe in zu normalen Bahnen verlaufen war. Doch zu diesem Zeitpunkt war Betty schon unheilbar krank, und er konnte es nur als Glück ansehen, daß ihre Verbindung kinderlos geblieben war. So tröstete er sich mit schnellen, flüchtigen Liebschaften – mal hier mit einer Baustellensekretärin und dort mit dem Besuch eines Bordells. Aber gerade solche Affären zeigten ihm, was ihm Betty alles vorenthalten hatte. Auf diese Weise entstanden stille Vorwürfe gegen seine Frau, der er natürlich die alleinige Schuld gab, ohne darüber nachzudenken, ob er sich nicht auch einmal hätte bemühen müssen. Jedenfalls kühlten seine Gefühle ihr gegenüber völlig ab, und als sie starb, fühlte er nicht unbedingt den allergrößten Schmerz. Unmittelbar nach ihrer Beerdigung ging er in ein Bordell – er wollte sich selbst beweisen, daß ihm seine Frau nie etwas bedeutet hatte.
    Irgendwie aber war er die flüchtigen Rendezvous leid. Seine Sehnsucht galt einer Frau, die nur ihm gehörte, die er sich – wenn es ihm gefiel – nehmen konnte, und die ihm alle Wonnen des Ehelebens bescheren sollte. Solche Frauen gab es – warum sollte eine davon nicht auch in den besten, begütertsten Kreisen zu finden sein?
    So rechtfertigte Paddleton vor sich selbst sein Schreiben an das Heiratsinstitut ›Die Ehe‹. Trotzdem beschloß er, niemandem von seinem Vorhaben und von dem Brief zu erzählen. Auch seine Freunde im Klub sollten nichts erfahren. Er konnte sich ausmalen, welchem Spott er sonst ausgesetzt wäre. Im Grunde kam es ihm selbst etwas primitiv vor, durch eine Anzeige eine Frau finden zu wollen. Er beruhigte sich jedoch mit dem Gedanken, daß ja vorerst alles mit absoluter Diskretion behandelt würde. Selbst wenn nichts aus dieser Sache herauskäme, erführe niemand etwas von seiner Handlungsweise; er würde heil und unbescholten aus dieser Angelegenheit herauskommen. Einen Versuch war es in jedem Fall wert – wenn er es recht bedachte, war er ja auch keine schlechte Partie.
    Mr. John Paddleton sollte nicht enttäuscht werden. Am darauffolgenden Montag, dem 24. Mai 1954, saß er in seinem Büro und war mit komplizierten statischen Berechnungen beschäftigt. Schon hatte er alles andere um sich herum vergessen, da klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch. Etwas ärgerlich über die unwillkommene Störung meldete er sich: »Paddleton.«
    Eine dunkle, angenehme Frauenstimme antwortete: »Guten Tag. Spreche ich mit dem Ingenieur John Paddleton?«
    »Ja, bitte, was kann ich für Sie tun?«
    »Ich rufe Sie im Auftrag des Instituts ›Die Ehe‹ an. Sie waren so freundlich, auf unsere Chiffreanzeige vom vergangenen Mittwoch in der ›New York Times‹ zu antworten.«
    »Ja, das stimmt.« Paddletons Unmut war schlagartig verflogen. Er spürte, wie sein Herz mit einemmal schneller schlug. Der Anruf hatte ihn ziemlich überrumpelt, so daß er nach
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