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Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler
Autoren: Hans Kneifel
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den Händen die Rauhheit nahm. Ein Geschenk Luxons, aus dem Palast – und Necron dachte daran, daß nur noch wenige Stunden bis zum zuletzt ausgemachten Augenkontakt fehlten. Die Schar der schwarzgekleideten, lederknarzenden Lauscher kam näher. Licht fing sich auf den polierten Öffnungen der Helmtrichter.
    »Abermals bringe ich dir die Aufforderung Skalefs, unseres Herrschers«, sagte Kezarim. Er war, wie die meisten Lauscher, groß und hager. Die Haut seiner Hände und des Gesichts war fahlbraun. Ein struppiger schwarzer Bart bewegte sich ruckend, als er die Worte polternd hervorstieß.
    »Bisher habt ihr es stets abgelehnt!« setzte er vorwurfsvoll hinzu. Seine Leute drehten die Köpfe hin und her, als würden sie verstehen, was die Menschen im weiten Umkreis miteinander redeten und flüsterten.
    »Unsere Arbeit am Schiff war hart«, sagte Necron, »und die Zeit ist für uns kostbar wie schieres Gold.«
    »Sie ist für Skalef nicht weniger kostbar. Er erwartet euch in seinem Palast.«
    »Natürlich unbewaffnet«, sagte Odam mit schneidender Stimme.
    »Und dank eurer Überzahl leicht zu überwältigen. Die Todespfeiler brauchen neue Opfer.«
    Kezarim hob abwehrend die Hand. Er trug lederne Handschuhe, die ebenso abgewetzt waren wie die Stiefel, die breiten Gürtel und die Wämser seiner Männer.
    »Der Palast ist ein Hort der Ruhe und des Friedens«, sagte Kezarim schroff. »Skalef will euch viele Fragen stellen. Sie betreffen das Land, aus dem ihr gekommen seid. Gorgan.«
    Necron stieß ein kurzes Lachen aus und sagte endgültig:
    »Sage deinem Herrn, daß wir kommen. Nach der nächsten Wahnsinnsperiode sind wir in seinem Palast. Und – ihr braucht uns nicht zu Opfern zu machen, denn unser Weg führt geradewegs zu Skyll und Exinn. Auch ohne Waffen wissen wir uns zu wehren.«
    Je länger Odam und Necron mit Kezarim und seiner Schar zu tun hatten, desto mehr festigte sich ihre Überzeugung, daß diese Lauscher alles andere darstellten als das, was sie scheinbar waren, nämlich die ordnende Kraft in Orankon.
    »Warum kommt ihr nicht jetzt mit uns? Wir geben euch sicheres Geleit.«
    »Es ziemt sich nicht, ungewaschen und in alltäglicher Kleidung vor dem Herrscher zu erscheinen«, erklärte der Prinz unbewegten Gesichts.
    Kezarim verstand den wahren Sinn dieser ausweichenden Rede nicht, nickte indes zustimmend und schloß:
    »Ihr werdet erwartet.«
    Er winkte seinen Männern, die schweigend dagestanden waren und die Guinhan musterten, als ob sie Angriffspunkte für einen Überfall suchten. Offene Feindseligkeit sprach aus ihren Mienen und aus jeder ihrer Bewegungen. Das Seltsame daran war, daß die Lauscher tatsächlich keinerlei Waffen bei sich trugen. Die Menschen, die zwischen den Häusern und den Schiffen standen, schienen erleichtert zu sein, als die Schritte der Lauscher endlich verklungen waren.
    Prinz Odam ließ sich frisches Wasser bringen und reinigte nicht nur seinen Körper, sondern auch seine ledernen Stiefel, die bis zu seinen Knien reichten. Necron tappte in seine Kabine hinunter, legte das Logbuch zurecht und wartete auf den Blickkontakt mit Luxon.
    Er sah:
    Eine riesige Flotte, deren einzelne Schiffe weit auseinandergezogen das Meer erfüllten, so weit Luxon blicken konnte. Er las die Mitteilung, daß ein Doppelgänger im Palast den Shallad vertrat, daß aus Luxon der Salamiter Casson geworden war, und daß in kurzer Zeit die Hoffnungs-Inseln erreicht sein müßten. Die Flotte kreuzte in wohldurchdachten Manövern unter Winden, die aus dem vierten und dem ersten Quadranten kamen.
    Dann schlief Necron ein… und wurde von einem Orkan aus Geräuschen geweckt.
    Wieder tobte der wahnsinnsgebietende Schrei über Hafen und Stadt hinweg.
*
    Die Stürmer kamen aus ihren Löchern hervor, während die Bevölkerung in ihre Verstecke floh. Binnen weniger Augenblicke war jeder Mann im Schiff wach, setzte seinen Helm auf oder drückte sich das weiche Wachs in die Ohrmuscheln. Die seltsame Bewaffnung lag bereit, die Männer schlossen sämtliche Luken des Schiffskörpers und rannten hinauf aufs Deck. Wieder klebte Necron den DRAGOMAE-Stein im Innern seines Helmes fest und folgte seinen Männern.
    »Diesmal werden sie versuchen, die Guinhan zu entern!« versuchte er über die lauten Wahnsinnsschreie hinweg seinen Männern zuzurufen.
    Odams Stimme dröhnte unter dem Schlackenhelm hervor:
    »Das Schiff wird höllisch schwer zu erobern sein.«
    Die Luken vor und hinter dem Mast wurden geöffnet, die Krieger und
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