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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste
Autoren: Frederick Forsyth
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niemals zum Gejagten zu werden, immer der Jäger zu bleiben. Aber während er in Portsmouth und Lejeune war, nahmen große Ereignisse ihren Lauf.
    Nine/Eleven hatte eine grundlegende Veränderung in der Haltung des amerikanischen Militärs und der Regierung gegenüber allem bewirkt, was auch nur im Entferntesten als vorstellbare Bedrohung der USA gesehen werden konnte. Die nationale Alarmbereitschaft näherte sich Schritt für Schritt der Paranoia, und die Folge war eine explosive Expansion der Welt der »Nachrichtendienste«. Aus den ursprünglich sechzehn Informationen sammelnden Diensten der USA wurden mehr als tausend.
    Bis 2012 veranschlagten präzise Schätzungen die Zahl der Amerikaner mit höchster Sicherheitsfreigabe auf 850 000. Mehr als 1200 staatliche Organisationen und 2000 Privatunternehmen arbeiteten an streng geheimen Projekten zur Terrorismusbekämpfung und Heimatsicherheit an mehr als 10 000 Orten im ganzen Land.
    Nach dem 11. September 2001 hatte man sich zum Ziel gesetzt, dass sich die fundamentalen Nachrichtendienste nie wieder weigern dürften, ihre Erkenntnisse miteinander zu teilen. Nie wieder sollten neunzehn Fanatiker, die einen Massenmord planten, durch die Maschen schlüpfen. Zehn Jahre später hatte der Preis dafür die Wirtschaft in die Knie gezwungen, doch die Situation war noch weitgehend die gleiche wie 2001. Die Abwehrmaschinerie produzierte schon wegen ihrer ungeheuren Größe und Komplexität rund 50 000 streng geheime Berichte pro Jahr, so viele, dass kein Mensch sie alle lesen, geschweige denn sie verstehen, analysieren, auswerten oder zusammenführen konnte. Also wurden sie einfach zu den Akten gelegt.
    Den massivsten Zuwachs erfuhr das Joint Special Ops Command, das gemeinsame Spezialeinsatzkommando, kurz J-SOC . Diese Einheit hatte schon Jahre vor Nine/Eleven existiert, jedoch als unauffällig operierende und prinzipiell defensiv strukturierte Organisation. Zwei Männer sollten sie in die größte, aggressivste und tödlichste Privatarmee der Welt verwandeln.
    Das Wort »privat« ist gerechtfertigt, denn es ist das persönliche Instrument des Präsidenten und nichts anderes. Es kann einen verdeckten Krieg führen, ohne die Erlaubnis des Kongresses einzuholen. Sein Multi-Milliarden-Dollar-Etat kommt zustande, ohne dass der Haushaltsausschuss behelligt wird, und es kann jemanden töten, ohne dass die Generalstaatsanwaltschaft mit der Wimper zuckt. Alles daran ist streng geheim.
    Der Erste, der das J-SOC umgestaltete, war Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Dieser skrupellose und machtgierige Washingtoner Insider störte sich an der Macht und den Privilegien der CIA . Ihrer Satzung nach war die Agency nur dem Präsidenten verantwortlich, nicht dem Kongress. Mit ihren Special-Activities-Einheiten konnte sie auf Geheiß des Direktors verdeckte und tödliche Operationen im Ausland durchführen. Das war Macht, echte Macht, und Verteidigungsminister Rumsfeld war entschlossen, sie auch zu bekommen, denn das Pentagon ist dem Kongress mit dessen fast grenzenlosen Möglichkeiten der Einmischung weitgehend unterworfen.
    Rumsfeld brauchte eine Waffe, die nicht der Aufsicht des Kongresses unterstand, wenn er jemals mit George Tenet, dem Direktor der CIA , konkurrieren wollte. Ein vollständig umgestaltetes J-SOC war diese Waffe.
    Präsident George W. Bush gab seine Zustimmung, und J-SOC wuchs und wuchs. Größe, Etat und Macht nahmen immer weiter zu. Es absorbierte sämtliche Spezialeinsatztruppen des Landes. Dazu gehörten Team Six der SEAL s (das später Osama bin Laden töten sollte), die DELTA Force oder D-Boys, die aus den Green Berets, den »Ledernacken«, rekrutiert wur den, das 75. Rangerregiment, das Speziallufteinsatzregiment der Air Force (die mit Langstreckenhubschraubern operierenden »Night Stalkers«) und andere. Es verschlang auch TOSA .
    Im Sommer 2003, als der Irak noch von einem Ende bis zum anderen brannte und kaum jemand woandershin schaute, geschahen zwei Dinge, die die Neuerfindung des J-SOC vollendeten. Mit General Stanley McChrystal wurde ein neuer Kommandant eingesetzt, und wenn jemand geglaubt hatte, J-SOC werde weiterhin eine bedeutende Rolle hauptsächlich im Inland spielen, war es damit vorbei. Und im September 2003 sicherte sich Verteidigungsminister Rumsfeld die Zustimmung des Präsidenten und unterzeichnete die EXORD .
    Die Exekutivorder war ein achtzigseitiges Dokument, und tief in diesen Seiten verborgen steckte so etwas wie eine riesige präsidentiale
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