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Die Todesbotin

Die Todesbotin

Titel: Die Todesbotin
Autoren: Carter Brown
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mit
glänzend weißem Gebiß an, als ich zu den beiden trat.
    »Guten Abend, Baker«, begrüßte
er mich. »Wie ich höre, sind Sie fast schon ein Mitglied der Familie geworden .«
    »Wer sagt das ?«
    »Beth«, antwortete er
beiläufig. »Sie erzählt mir immer alles. Wir haben keine Geheimnisse
voreinander, überhaupt keine .«
    Automatisch mixte ich mir einen
Drink. »Wie nett«, sagte ich.
    »Beth hat überraschend starke
animalische Triebe«, fuhr er fort. »Ich nehme an, das kommt davon, daß sie so
viel Zeit mit Pferden verbracht hat. Hielt sich seit ihrem sechzehnten Lebensjahr
regelmäßig einen Deckhengst. Aber wenn sie das bei guter Laune erhält, soll es
mich nicht stören .«
    »Und wie ist das mit Ihnen ?« erkundigte sich Boris. »Macht es Ihrer Schwester nichts
aus, wenn Sie es genauso treiben ?«
    »Ich bin in meinem Privatleben
etwas diskreter«, antwortete Allard leichthin. »Aber natürlich habt ihr
Amerikaner da sehr viel weniger Hemmungen, nicht wahr ?«
    »Ach ?« machte ich.
    »Jede Frau ist Ihnen doch eine
willkommene Beute .« Wieder blitzte mich sein Gebiß an.
»Die Hausherrin hier, ihre beste Freundin, meine Schwester — soweit es Sie
angeht, Baker, sind sie für Sie doch nur ein hübsches Stück Weiberfleisch .«
    »Wenn Sie so etwas zu meinem
Onkel, dem Erzherzog, gesagt hätten«, mischte sich Boris ein, »dann hätte er
Sie sofort zum Duell gefordert. Anschließend hätte er Sie von seinen Kosaken in
Stücken hacken lassen .« Boris goß sich neu ein. »Mein
Onkel, der Erzherzog, war eben ein sehr praktisch veranlagter Mann .«
    »Und was sind Sie, Baker ?« wandte Allard sich höhnisch an mich. »Fordern auch Sie
mich zum Duell? Mit Pistolen auf Armlänge?«
    Ich schlug zu. Es war eine
lange, anstrengende Nacht gewesen, ein langer, noch anstrengenderer Tag, und es
war die Art von instinktiver Reaktion, über die man erst hinterher nachdenkt.
Meine Faust traf ihn hart in den Magen und drang ein bißchen tiefer ein, als
sie es getan hätte, wenn er darauf vorbereitet gewesen wäre. Er stieß einen
kleinen Japser aus und klappte in der Mitte zusammen.
    »Das schlägt auf jeden Fall
jede intellektuelle Argumentation«, kommentierte Boris mit Genugtuung.
    Allard stand etwa eine halbe
Minute gekrümmt da und hielt sich mit beiden Händen den Bauch, dann richtete er
sich langsam wieder auf. Sein Gesicht war weiß, und in seinen Augen stand
mörderische Wut.
    »Das wird Ihnen noch leid tun,
Baker«, sagte er leise. »Ich vergesse es jedenfalls nicht .« Damit verließ er das Zimmer.
    »Ich glaube, du hast recht
getan, Towarischtsch«, tröstete mich Boris.
    »Ist mir doch piepegal, was du
glaubst«, knurrte ich.
    Seine schweren Augenlider hoben
sich etwa einen Millimeter, was die stärkste Reaktion ist, die man bei Boris
erzielen kann.
    »Tut mir leid«, lenkte ich ein.
»Wahrscheinlich bin ich heute abend ein bißchen
übernervös .«
    »Du hast eine schlimme Nacht
hinter dir«, nickte er. »Zuerst das falsche Mädchen und dann...«
    »Und dann der Traum, daß ich
Burkes Leiche gefunden hätte ?« unterbrach ich ihn
kühl.
    »Jedenfalls ist er nicht im
Schloß«, sagte Boris sachlich. »Ich habe nachgesehen .«
    »Nachgesehen ?« fragte ich ungläubig.
    »Überall«, berichtete er. »Heute morgen war sein Gepäck noch auf seinem Zimmer, aber heute nachmittag nicht mehr. Jemand hat es fortgeschafft .«
    »Und was beweist das ?«
    Boris zuckte die Schultern und
vernichtete dann auch den Rest Wodka. »Vielleicht gar nichts. Oder vielleicht
hast du auch recht und tatsächlich seine Leiche in der Eisernen Jungfrau
gefunden .«
    »Wofür entscheidest du dich ?« sagte ich verbittert.
    »Du weißt doch, wie ich
Entscheidungen hasse .« Sorgsam goß sich Boris das Glas
von neuem voll. »Aber ich habe immer noch dieses seltsame Gefühl in den
Knochen, und es wird sogar ständig stärker. Ich glaube, wir sollten die Koffer
packen und das Schloß noch in dieser Minute verlassen .«
    »Also, was hindert uns daran ?«
    »Daß wir Lord Mapleton seine
Vorauszahlung zurückerstatten müßten .«
    »Eine gute Antwort«, räumte ich
ein. »Aber vielleicht kommen wir ohnedies nie dazu, diesen Film zu machen. Ich
habe so ein Gefühl, daß meine Chancen, seine Frau zu schwängern, für immer
entschwunden sind .«
    »Darüber würde ich mir nicht zu
große Sorgen machen«, suchte Boris mich zu beruhigen. »Die englische
Aristokratie ist ein seltsamer Haufen mit einem ausgefallenen Sinn für Humor .«
    »Willst
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