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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers
Autoren: Wilken Constanze
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Tage später in Mantua, und Frundsberg und seine Truppen zogen ungehindert weiter, setzten bei Ostiglia über den Po und wurden von Alfonso d’Este mit Geschützen und Geld versorgt. Während die Landsknechte und Spanier weiter nach Süden vorrückten, suchte Clemens wieder die Nähe Frankreichs und Venedigs, die ihn zum Weiterführen des Krieges drängten. Durch den Tod Giovannis delle Bande Nere geschockt, zögerte der Papst und ließ stattdessen Pompeo Colonna und seine Familie ächten und deren Besitzungen zerstören.
    Die ersten Tage des neuen Jahres waren angebrochen, und Tomeo befand sich noch immer in Mailand, wo Bourbon die Sicherung der Stadt organisierte. Der Connétable stand an der langen Tafel im Palazzo Reale, an der sich die Kommandeure regelmäßig zum Essen oder zu Lagebesprechungen versammelten. Maramaldo, Leyva, der junge Kaspar Frundsberg, der Graf von Cajazzo und einige jüngere Kommandeure erwarteten die Weisungen ihres Oberbefehlshabers.
    Tomeo lehnte in einem warmen Wams an einem Schrank und beobachtete die Männer. Was trieb sie noch an, diesen Krieg weiter nach Italien hineinzutreiben? Der Gedanke an ein neues Römisches Reich, der Hass auf das Papsttum oder die Gier nach Beute, nach Entschädigung für die Not und die Entbehrungen, die sie alle erlitten hatten? In dem hohen Raum war es kalt. Das Feuer im Kamin war kaum mehr als ein Haufen Glut. Aber Mailand war am Ende, die Menschen waren kriegsmüde und verzweifelt. Wenn Tomeo durch die Straßen ging, hörte er kaum noch Kindergeschrei, selbst Bettler waren selten geworden. Wahrscheinlich waren sie inzwischen verhungert, und die Pest wartete in feuchtkalten Rattenlöchern darauf, die Mailänder erneut heimzusuchen. Bourbon hob an zu sprechen.
    Â»Frundsberg ist mit seinen Leuten bei Firenzuola eingekesselt worden. Wir müssen ihm zu Hilfe kommen!« Der Franzose reckte sein Kinn, die goldene Kette auf seiner Brust blitzte wie seine beringten Hände und der kostbare Degenknauf.
    Maramaldo räusperte sich. »Aber die Spanier meutern. Ohne Sold gehen sie nicht einen Schritt weiter.« Der erfahrene Kommandeur befehligte vier Hundertschaften Landsknechte und spanische Söldner.
    Bourbons helle Augen wurden eisig. »Ich weiß. Wir werden die Mailänder erneut zur Kasse bitten müssen.«
    Â»Habt Ihr vergessen, dass Ihr einen Eid geschworen habt, Connétable?«, warf Tomeo entrüstet ein. Er erinnerte sich noch gut an den Tag, als Bourbon mit Truppennachschub aus Spanien gekommen war und den Mailändern geschworen hatte, die Söldner aus der Stadt zu verlegen, wenn sie ihm noch einmal dreißigtausend Dukaten zahlten. Die Mailänder hatten gezahlt, aber das Kriegsvolk war noch immer hier und saugte die Stadt bis aufs Blut aus. »Ihr habt geschworen, dass, wenn Ihr Euren Eid brecht, Euch die erste Kugel im Feld töten wird!«
    Â»Ich weiß selbst, was ich geschworen habe, capitano !«, donnerte der Connétable. Die Adern an seiner weißen Stirn schwollen an, und er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Aber wir brauchen das Geld! Wir dürfen Frundsberg nicht dort verrecken lassen, nicht nach dem, was er für uns getan hat! Es ist beschlossen!«
    Die anderen murmelten zustimmend, und Cajazzo warf Tomeo einen verächtlichen Blick zu. Jetzt konnte auch Tomeo Tuveh ben Schemuel und seine Freunde nicht mehr beschützen. Enttäuscht ging er nach der Besprechung in die Stadt. Der graue Himmel und die feuchte Kälte entsprachen seiner finsteren Stimmung. Er fand Tuvehs Laden verschlossen, doch Simon öffnete ihm, nachdem er mehrfach geklopft hatte. »Ist Tuveh da? Ich muss mit ihm sprechen.«
    Â»Kommt herein, capitano . Wir packen alles zusammen, weil wir die Stadt verlassen. Er ist hinten.« Simon zeigte auf den kleinen, durch einen Vorhang abgetrennten Raum.
    Die Teppiche waren bereits zusammengerollt, der Tisch und die Stühle ineinandergestapelt, und der Samowar stand auf dem Boden.
    Â»Macht nicht so ein Gesicht, mein Freund!« Tuveh ben Schemuel kam aus seinem Lager und umarmte Tomeo herzlich.
    Â»Ihr seid klüger als ich. Bourbon hat seinen Eid gebrochen und will noch mehr Geld von den Mailändern. Die militärische Lage …«, versuchte Tomeo zu erklären, doch der Goldhändler hob abwehrend die Hände.
    Â»Die Apokalypse. Denkt an meine Worte. Wir retten, was noch zu retten ist, und ziehen
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