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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Autoren: Torsten Fink
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ragte. Er trat einen Schritt zurück. Seine kupferfarbenen Augen brannten. »Maru Nehis«, flüsterte er.
    Es klang verwundert. Für einen kurzen Augenblick sah es aus, als würde nichts weiter geschehen. Dann stöhnte der Daimon auf. Risse sprangen über seine Haut. Hitze schlug Maru entgegen, sie wich zurück, unfähig, ein Auge von ihm zu wenden. Er öffnete den Mund. Lachte leise, und dann schlug das Lachen in einen Schrei um, so durchdringend, dass Maru sich die Ohren zuhielt und sich
zu Boden warf. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie die Haut des Daimons plötzlich gleißend hell aufleuchtete und dann in einer einzigen, grellen Flamme verschwand. Eine Feuerwand raste über Maru hinweg, fegte über die Insel. Weiden und Schilf fingen Feuer, und die ganze Insel verwandelte sich in ein einziges Flammenmeer. Und Maru lag in diesem Meer, auf der Erde, fühlte die glühende Hitze, bekam keine Luft mehr. Das also war es, ihr Ende. Sie war beinahe zufrieden. Sie hatte den Daimon besiegt und tausende Leben gerettet. Was wog da schon ihr eigenes dagegen? Ein zweiter Schrei dröhnte über die Insel. Der Schrei wandelte sich zu einem donnernden Brüllen, das die Erde erschütterte. Es kam aus dem Fluss. Die Awathani! Bedeutete Utukkus Tod etwa auch ihr Ende? Marus Lungen brannten. Da war keine Luft mehr, die sie atmen konnte. Und dann, so plötzlich wie er begonnen hatte, war der Feuersturm zu Ende. Maru blieb liegen. War sie tot? Sie fühlte ihre Glieder noch. Sie sog die Luft gierig ein, hustete. Ascheflocken schwebten zu Boden. Zögernd erhob sie sich. Die Insel. Wo vor Sekunden noch Weiden gestanden hatten, waren jetzt nur noch verkohlte Baumstümpfe zu sehen. Der Schilfgürtel hatte sich in Asche verwandelt. Das Gras war verschwunden, kein Blatt hing mehr an den Bäumen. War das Ud-Sror? War sie im Reich der Toten? Nein. Die Baumstümpfe glühten in der Finsternis und tauchten alles in ein unwirkliches, rotes Licht. Das Feuer hatte alles Leben auf dieser Insel binnen Sekunden getilgt. Ascheflocken trieben durch die Luft. Nur sie war verschont geblieben. Verblüfft befühlte sie ihren Leib. Ihr Garwan hing in Fetzen herunter. Aber selbst ihr Haar war noch so lang, wie es sein sollte.
    »Ich nehme an, es ist die Schlangenhaut, Nehis«, sagte eine vertraute Stimme.
    »Biredh!«
    Es war wirklich der Alte. Er wanderte gemächlich vom Ufer herauf.

    »Wo … kommst du her?«, fragte Maru. Ungläubig starrte sie den Alten an.
    »Ich bin dem Schlachtlärm gefolgt. Es war unmöglich, ihn zu überhören.« Er klang bekümmert. »Gab es viele Tote?«
    »Sehr viele, Biredh. Ich konnte es nicht verhindern.«
    »Aber du hast es versucht, Nehis, das zählt.«
    »Der Schatten. Ich habe ihn … vernichtet!«, flüsterte sie. Natürlich. Utukku. Sie hatte es geschafft!
    »Und du lebst. Das ist mehr, als man erwarten konnte, Nehis«, sagte der Alte mit heiserem Lachen.
    »Ja, sieh nur, ich habe deinen Helden Tiuf übertroffen, Biredh«, antwortete Maru und lachte nun selbst ungläubig.
    »Übertroffen? Nein, Mädchen, übertroffen hast du ihn noch lange nicht. Er hat die Götter überlistet, unzählige Abenteuer bestanden und noch mehr Helden gezeugt. Du? Du hast doch nur einen armseligen Alfskrol besiegt. Was ist das schon?« Aber er lachte laut, als er das sagte.
    Maru musste einfach mitlachen. Ihr liefen Tränen über das Gesicht. Dann wurde sie plötzlich ernst. »Er hat mich zweimal gerettet, Biredh. Und ich? Ich habe ihn betrogen«, sagte sie leise. »Und ich habe ihn ermordet.«
    »Nein, Nehis, nicht ermordet. Befreit hast du ihn, von seinem Hass, der ihn schon vor langer Zeit getötet hat.«
    »Glaubst du wirklich?«
    »Ich weiß es«, erklärte der Blinde sanft.
    »Ich möchte wirklich wissen, was es hier zu lachen gibt, Kröte«, sagte eine missmutige Stimme hinter ihr.
    Maru fuhr herum. Es war Tasil. Er trat zwischen den Weiden hervor – vielmehr zwischen dem, was der Feuersturm davon übrig gelassen hatte. Er sah furchtbar aus. Sein Gewand war verbrannt, und das Feuer hatte ihm die Haare versengt. Er hustete.
    »Du lebst!«, entfuhr es Maru.

    »Und das habe ich gewiss nicht dir zu verdanken, Kröte. Was hast du nur getan?«
    »Ich habe einen Daimon vernichtet«, antwortete sie schlicht.
    »Und wenn der Alfskrol tot ist, mit wem redest du dann?«
    »Na, mit Biredh«, meinte Maru und zeigte dorthin, wo der Blinde eben noch gestanden hatte.
    Aber er war fort. Nur sein Stock steckte dort in der Erde. Nachtfalter umflatterten
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