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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Autoren: Torsten Fink
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genommen hätte? Doch jetzt stehe ich hier, beinahe mittellos. Und dein Freund da wird es ändern. Er verschafft mir – nein, uns, Maru – Gold, viel Gold!«
    Mittellos? Ihr kam der geraubte Grabschatz in den Sinn, den Tasil in den Himmelsbergen versteckt hatte. Reichte das wirklich nicht? Hatte er sie für noch mehr Silber und Gold an einen Daimon verraten müssen? Maru verstand es noch immer nicht. Und woher kannte Tasil den Daimon?
    »Das Blut«, drängte Utukku zischend.
    »Welches Gold, Tasil?«, fragte Maru, um Zeit zu gewinnen.
    »Das Fenngold, Kröte. Erinnerst du dich nicht an die goldene Schlange aus dem Verborgenen Tempel? Und dein Freund hier sagt, dass sie nur ein kleiner Teil von dem ist, was dort in der Tiefe ruht. Er wird es mir verschaffen. Und dann sind wir frei!«
    Maru schluckte. Frei? Das wollte sie genau wissen, jetzt, kurz bevor sie in die Totenstadt Ud-Sror hinabsteigen würde. »Du meinst, du gibst mich frei, Tasil?«, fragte sie.
    Tasil starrte sie an. Dann lachte er. »Sei nicht dumm, Kröte. Ich habe dich gekauft. Du bist und bleibst meine Sklavin. Aber dann ist Schluss mit dem Umherkriechen in dreckigen Gräbern,
Schluss mit den Kämpfen und gefährlichen Aufträgen. Vielleicht lasse ich dich sogar einen netten jungen Sklaven heiraten. Irgendwann, wenn du folgsam bleibst. Also gib ihm das Blut, Kröte.«
    Und dann versuchte er tatsächlich, die Zauberstimme auf sie anzuwenden. Leicht schwebte sie über die Wiese und erzählte von einem Leben im Überfluss, ohne Mühen und Gefahren. Tasil war einmal in ihren Geist eingedrungen, in Serkesch, vor langer Zeit. Doch hatte er dabei eine Verbindung herstellen müssen, mit einem Stück geteilter Nahrung. Jetzt berührte er sie nicht einmal. Verließ er sich auf die Wirkung des Treublatts? Dachte er, er könne über diese Beere ihren Geist berühren? Seine Stimme schwebte heran und säuselte ihr von einer wahrhaft goldenen Zukunft ins Ohr. Maru schluckte. Sie konnte es beinahe sehen. Ja, das Treublatt wirkte noch. Und dann wurde ihr klar, dass er ihren Widerstand spürte. Also gab sie nach. Es blieb ihr nichts anderes übrig. Dann würde er eben mit ihr sterben, auch wenn sie das wirklich nicht wollte. Sie nickte schwach.
    »Freiwillig muss die Gabe sein«, flüsterte Utukku.
    »Das ist sie, keine Angst, mein Freund, das ist sie«, versicherte Tasil ihm leise.
    Maru nickte noch einmal. Dann nahm sie die lederne Schiene vom Arm und streckte ihn aus. »Nimm es dir, Utukku.«
    »Du gibst es?«, hauchte die Stimme.
    »Ich gebe es«, bestätigte sie.
    Aber Utukku zögerte. Er sog die Luft prüfend ein. »Du gibst es mir?«, fragte er noch einmal.
    Maru nickte wieder. Sie warf Tasil einen warnenden Blick zu, aber er verstand ihn nicht.
    »Da ist sie, Daimon, nimm sie dir«, sagte er und sah gespannt zu, wie der Daimon langsam näher kam.
    Utukku umschlich Maru, sog wieder prüfend die Luft ein, so als wolle er wittern, ob sie die Wahrheit sprach. Aus der Nähe wirkte
er unbeschreiblich. Es umgab ihn etwas. Maru hatte kein Wort dafür. Es war eine Art Ausstrahlung, die beinahe körperlicher war als der Daimon selbst. Maru zitterte. Sie hielt ihren linken Unterarm ausgestreckt, aber Utukku umkreiste sie weiter. Und dann, gerade als sie glaubte, er habe Verdacht geschöpft, tauchte er plötzlich an ihrem Arm auf. Seine schwarze Hand strich über ihre Haut. Sie spürte die Berührung, obwohl er immer noch körperlos war. Seine Kupferaugen glühten. »Du gibst es?«, fragte er zum dritten Mal.
    »Nimm es«, antwortete sie leise.
    Sie konnte Tasil nicht mehr sehen. Hatte er etwa doch etwas geahnt? Der Daimon wechselte unvermittelt die Gestalt. Seine Aura verschwand und wurde zu einem festen Körper. Er seufzte tief, und dann schlug er seine Zähne in ihren Arm. Maru spürte den Biss. Der Schmerz durchzuckte ihren ganzen Körper. Und sie fühlte den Strom der Bilder, der auf sie einstürmte: Das brennende Dorf am See, der lange Zug der Akkesch. Und da war ein Gefühl von Hass, so stark, dass sie davor zurückzuckte. Jetzt! Blitzschnell riss Maru den Dolch aus dem Gürtel. Utukku trank gierig ihr Blut, er spürte die Gefahr nicht, war für diesen kurzen Augenblick, da er auf der Schwelle zu seiner Freiheit stand, blind für die Bedrohung, die in Marus Faust lag. Sie durfte nicht denken! Sie stieß zu. Die Klinge drang leicht in den dunklen Körper ein. Utukku zischte. Er ließ ab von ihrem Arm und blickte hinab zu seinem Leib, aus dem der Griff des Dolches
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