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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
Autoren: Sara Poole
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Posten zu betrauen. Bei einem Sohn hättet Ihr keine Sekunde lang gezögert. Stattdessen habt Ihr diesen … diesen …« Ich beherrschte mich und deutete auf den Toten. »Ihr habt diesen Mann nach Rom gerufen, damit er Euch und Eure Familie schützt. Dabei konnte er nicht einmal sich selbst schützen. Jedenfalls nicht vor mir.«
    Ich hätte noch mehr sagen können. Zum Beispiel, dass Rodrigo Borgia nichts getan hatte, um den Mord an meinem Vater zu sühnen. Dass er nur zugesehen hatte, als man ihn wie einen Hund verprügelt und mit gespaltenem Schädel in der Gosse hatte liegen lassen, und dass er keinen Finger gerührt hatte, um seinen Tod zu rächen. Ein solches Verhalten war beispiellos … und unverzeihlich.
    Stattdessen überließ Borgia es mir, für Gerechtigkeit zu sorgen. Mir, der Tochter seines früheren Giftkundigen. Aber für solches Tun benötigte ich Macht, die ich mir durch den Tod des Spaniers erkaufen musste.
    Drohend zog der Kardinal die Brauen zusammen, bis seine Augen nur mehr Schlitze waren. Trotzdem schien sein wilder Zorn verflogen.
    Eine leise Hoffnung regte sich in mir. Zehn Jahre hatte ich unter dem Dach des Kardinals gelebt, hatte ihn beobachtet und meinen Vater immer wieder über ihn reden hören. Und
die Überzeugung gewonnen, dass Rodrigo Borgia ein sehr kluger Mann war, der sich nur von Vernunft und Logik und niemals von Gefühlen leiten ließ. Jedenfalls bis zu diesem Augenblick.
    »Wie habt Ihr es gemacht?«
    Er war neugierig. Das war ein gutes Zeichen. Ich holte Luft und antwortete schon sehr viel ruhiger.
    »Ich wusste, dass der Mann bei seiner Ankunft erhitzt und durstig sein, aber auch sorgfältig darauf achten würde, was er trank. Die Karaffe, die ich ihm bringen ließ, enthielt reines Wasser, das jeder Prüfung standhielt. Das Glas dagegen war auf der Außenseite mit Gift überzogen. Der Mann schwitzte, also waren seine Poren weit geöffnet. Sobald er das Glas berührte, war es nur Sekunden später um ihn geschehen.«
    »Euer Vater hat mir nie von einem solchen Gift berichtet. «
    Ich sah keinen Grund, ihm zu erklären, dass ich, und nicht mein Vater, dieses besondere Gift entwickelt hatte. Vermutlich hätte er mir ohnehin nicht geglaubt. Zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht.
    »Ein guter Handwerker verrät nie alle seine Geheimnisse«, sagte ich stattdessen.
    Der Kardinal antwortete nicht sofort, sondern trat noch einen Schritt näher an mich heran. So nahe, dass ich die Wärme fühlen konnte, die von seinem Körper ausging, während seine bullengleichen Schultern das Licht verdunkelten. Mein Blick erfasste das golden schimmernde Kreuz, das auf seiner breiten Brust baumelte, und blieb daran haften.
    Cristo in extremis .

    Rette mich.
    »Bei Gott, Mädchen, Ihr erstaunt mich.«
    Ein solches Eingeständnis – und das von einem Mann, der, wie man sich erzählte, lange vor allen anderen wusste, welche Schwalbe sich wann auf welchem Baum in Rom niederließ und ob der Ast ihr Gewicht auch tragen konnte.
    Ich holte Luft, um den Druck in meiner Brust zu lösen. Dann wandte ich den Blick von dem Kreuz ab, weg von ihm, und sah durch das offene Fenster auf den großen Fluss und das weite Land in der Ferne.
    Atme .
    »Ich würde Euch gern dienen, Eminenz.« Ich legte den Kopf nur so weit zurück, dass mein Blick dem seinen begegnete und ihn festhielt. »Aber dazu müsst Ihr mich leben lassen. «

2
    Die Diener gingen ein und aus und beseitigten alles, was an den Spanier erinnerte. Anschließend trugen sie meine Truhen und Kisten herein, brachten mir zu essen und zu trinken und wechselten sogar die Decken auf dem Himmelbett, das von vier geschnitzten Akanthussäulen getragen wurde. Früher war es das Bett meines Vaters gewesen, doch von heute an würde ich dort nächtigen.
    Dann verschwanden die Diener einer nach dem anderen. Eine alte Frau, die dem Himmel schon so nahe war, dass sie nichts mehr zu verlieren hatte, folgte als Letzte.
    »Strega!«, zischte die Alte im Hinausgehen.
    Hexe.
    Mich überlief ein eisiger Schauer, doch ich ließ mir nichts anmerken. Nie hätte es einer gewagt, meinen Vater oder den Spanier mit einem solchen Ausdruck zu bedenken. Oder jeden anderen Mann, der sich auf die gefürchtete Kunst des Gift- und Heilkräuterkundigen verstand. Mir dagegen würde dieses Wort auf immer und ewig anhaften. Dagegen war ich machtlos.
    Hexen verbrannte man. Die gefürchteten Scheiterhaufen waren längst nicht mehr auf ihren Ursprungsort in Spanien
beschränkt, sondern
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