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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
Autoren: Sara Poole
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Schmerz. Aber zum Glück bin ich eine geduldige Frau. Wenn ich half, Borgia auf den Thron des heiligen Petrus zu heben, so zerstörte ich zumindest die Hoffnung des irren Priesters auf den Untergang des jüdischen Volkes. Gleichzeitig besaß ich eine wirksame Waffe, um ihn weiterhin zu jagen. Ich musste mich vielleicht noch etwas gedulden, um Gerechtigkeit üben zu können, aber ich würde nicht aufgeben, solange ich lebte.
    Mit einem Blick auf della Rovere, der uns zweifellos hören konnte, sagte Borgia: »Ihr wisst, dass man Euch für seinen Tod verantwortlich machen kann, wenn Ihr ihn jetzt behandelt?«
    Wenn ich es nicht tat, würde jedermann erfahren, dass Borgia und ich einen verzweifelten, aber leider vergeblichen Versuch unternommen hätten, um della Rovere vor dem Gifttod zu bewahren. Borgias schlimmster Feind wäre tot und Borgia wäre Papst.
    Ich will Euch die Wahrheit sagen und bekenne, dass ich einen Augenblick lang zögerte. Wenn della Rovere jetzt auf dieselbe Weise starb, die er Borgia zugedacht hatte und die mich aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Scheiterhaufen befördert hätte, so erschien mir das nur gerecht. Ebenso gut könnte man es göttliche Gerechtigkeit nennen.
    Und doch …
    Ich bin sicher, dass della Rovere genau wusste, um welche Entscheidung es ging. Verbissen versuchte er, etwas zu sagen, aber er war bereits in einem so schlechten Zustand, dass nur erstickte Laute aus seinem Mund drangen.
    Kardinal Borgia richtete sich auf und trat einen Schritt zurück. Einen Augenblick lang starrte er auf seinen größten Feind hinunter, der sich verschworen hatte, ihn zu töten. »Tut für ihn, was immer Euch möglich ist«, sagte er.
    Fragt mich nicht, warum Borgia sich so entschieden hat. In den folgenden Jahren habe ich nie den Mut gefunden, ihm diese Frage zu stellen. Borgia war eben Borgia, und ich vertraute darauf, dass er seine Gründe hatte.
    Ich flößte della Rovere so viel vom Brechweinstein ein, dass er sich mindestens zehn Mal hintereinander übergeben musste. Diese Strapaze zusammen mit der Wirkung des bereits aufgenommenen Gifts hätte sein Herz leicht überanstrengen können, aber mir blieb keine Wahl. Er musste alles von sich geben, bevor das Gift tiefer in seinen Körper eindrang und weitere Schäden anrichtete. Heftiges Erbrechen war das einzige Mittel, das ihn vielleicht retten konnte.
    Della Rovere ertrug die Prozedur tapfer, wie das nur ein Mann ertragen konnte. Von seinen Sekretären ließ sich das allerdings nicht behaupten. Allein vom Zusehen waren sie so bleich, dass ich schon fürchtete, sie könnten es ihrem Herrn gleichtun und sich ebenfalls erbrechen.
    Als ich mich nach Borgia umdrehte, war er verschwunden.
     
    In den frühen Morgenstunden des 11. August Anno Domini 1492 wurde zum vierten und letzten Mal abgestimmt. Fünfzehn Stimmen entfielen auf Kardinal Rodrigo Borgia. Die entscheidende Stimme kam von dem alten Patriarchen von Venedig. Später hörte man, dass er den anderen erzählt habe, welch gute Freunde er und Borgia doch als kleine Jungen damals in Venedig gewesen seien. Ob er überhaupt
gewusst hat, für wen er an diesem Tag gestimmt hat, ist bis heute ein Geheimnis.
    Mit einer großmütigen Geste, die so gar nicht zu ihm passen wollte, schloss sich ein elend aussehender Kardinal Giuliano della Rovere dem Ratschluss des Kollegiums an, das sich damit einstimmig auf Borgias Wahl verständigte.
    Als die Fenster zur Piazza aufgestoßen wurden und der Ruf Habemus Papam! über Rom schallte, gerieten die Menschen außer sich. Der Stadt und der gesamten Christenheit war das Chaos einer endlos langen Suche nach einem neuen Papst erspart geblieben. Auf Gottes Geheiß hatte sich das Kollegium der Kardinäle auf Rodrigo Borgia geeinigt, der, obwohl Spanier von Geburt, von der römischen Bevölkerung geliebt und begeistert gefeiert wurde.
    Unter dem Jubel der Menschen wurde der neue Papst auf der sedia gestatoria , dem tragbaren Thron, zum Hauptaltar in der Basilika des heiligen Petrus gebracht, wo ihm die versammelten Kardinäle huldigten und damit seine Wahl bestätigten. Wie gut della Rovere die Zeremonie überstanden hat, kann ich Euch leider nicht verraten, da ein Page in besudelter Uniform, noch dazu ohne »seine« Kappe, in der Basilika nichts zu suchen hatte.
    Ich ging zu Fuß zum Palazzo zurück, während überall auf den Straßen die Menschen feierten und sich begeistert über die Vorräte an Wein und Speisen hermachten, die Borgia für den Fall seiner Wahl
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