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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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Keine Sorge, du wirst nicht zu kurz kommen. Ich überlasse dir Bona, denn mir steht der Sinn mehr nach Jungfer Hiltrud.«
    … und nach deren Mitgift, setzte Gressingen insgeheim hinzu. Sein Besitz brachte kaum genug ein, um ihn zu ernähren, unddie Schulden, die er in den letzten Jahren angehäuft hatte, drohten ihm die Luft abzuschnüren. Er brauchte dringend eine reiche Braut, doch eine solche war unter den Töchtern der fränkischen Ritter seltener zu finden als eine Perle in einer Muschel. Trudi Adler war die einzige heiratsfähige Erbin, die er kannte, und aus diesem Grund hatte er sie schon bei der ersten Begegnung umworben und versucht, sie für sich einzunehmen. Außerdem war sie hübscher als die meisten Mädchen, die für ihn als standesgemäße Bräute in Frage kamen, und das hielt er für eine angenehme Zugabe zu ihrem Geld. Heute würde er den Knoten so fest schürzen, dass ihm dieses fette Täubchen nicht mehr entfliehen konnte. Allerdings wusste er, dass er bei Trudis Mutter als Brautwerber nicht willkommen sein würde. Das hatte Marie Adler ihn bei seinen Besuchen auf Kibitzstein zwar höflich, aber doch unmissverständlich spüren lassen. Doch wenn diese erfuhr, dass er sich mit ihrer Tochter bereits fleischlich verbunden hatte, würde sie sich nicht mehr gegen eine Heirat stemmen können.
    Unterdessen hatte Hardwin einen weiteren Haken entdeckt. »Aber du bist noch nicht einmal mit Trudi verlobt, und was Bona betrifft, so soll sie diesen alten Bock Mertelsbach heiraten!«
    »Bonas Heirat mit Mertelsbach sollte ein Grund mehr für dich sein, ihr wenigstens eine schöne Stunde zu bescheren.« Gressingen klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter und zog ihn dann mit sich. Insgeheim spottete er über den Einfaltspinsel, der die Rechte eines Tattergreises achten wollte. Seine eigene Familie hatte sich bereits vor vielen Jahren mit dem Herrn auf Mertelsbach überworfen. Allein aus diesem Grund wollte er dafür sorgen, dass dieser statt einer tugendsamen Jungfrau ein bereits erprobtes Frauenzimmer als zweite Gemahlin erhielt. »Du glaubst, Bona würde mir die Schenkel öffnen, obwohl sie mit Ritter Moritz verlobt ist?« Hardwins Stimme klang gepresst, und er leckte sich unwillkürlich mit der Zunge über die Lippen.Nun hatte Gressingen das Jüngelchen, das noch nicht einmal den Ritterschlag erhalten hatte, genau in dem Zustand, in den er es hatte bringen wollen. »Gerade weil sie mit diesem alten Bock verlobt ist, wird sie die Beine für dich spreizen. Aber Vorsicht! Ungeduld schadet nur. Jungfern sind da sehr eigen. Einerseits brennen sie darauf, dass ein Mann sie besteigt, andererseits aber fürchten sie sich davor. Am besten, du achtest auf mich. Ich gebe dir das Zeichen, wann du deinen Sturmbock zum Angriff rüsten kannst.«
    Hardwin von Steinsfeld war zwanzig, also nur vier Jahre jünger als sein Begleiter, aber so unerfahren, dass es auch vier Jahrzehnte hätten sein können. Von seiner strengen Mutter am kurzen Zügel gehalten, bestand seine Erfahrung mit dem anderen Geschlecht aus dem einen Mal, bei dem eine schon ältere Magd im letzten Jahr auf dem Heustock den Rock für ihn gehoben und er sich beinahe noch im selben Augenblick in sie ergossen hatte. Der Spott, mit dem dieses Weib ihn überschüttet hatte, ließ ihm noch heute das Blut in die Wangen steigen, und er nahm sich fest vor, Bona keinen Grund zu liefern, ihn zu verhöhnen. Aber er war sich nicht sicher, ob er sich ihr wirklich nähern sollte. Sie war nicht nur die Braut eines anderen Mannes, sondern ebenso wie Trudi eine gute Freundin, die er seit seiner Kindheit kannte. Wenn er mit ihr das Gleiche tat wie damals mit der Magd, würde das ihre Freundschaft entweihen.
    Georg von Gressingen ahnte seine Gewissensbisse und ärgerte sich darüber. Wenn er Trudi endgültig an sich binden wollte, musste er diesen Tag nutzen und durfte sich seine Chance nicht durch dieses zaudernde Jüngelchen verderben lassen. Daher heizte er die Leidenschaft seines Freundes mit schlüpfrigen Bemerkungen an, während sie auf die Lichtung zueilten, auf der die Mädchen auf sie warteten.

3.
    A ls die jungen Männer erschienen, blickte Bona fordernd zu ihnen auf. »Ihr kommt spät, meine Herren. Meine Freundin und ich vergehen vor Durst!«
    Hardwin eilte sofort zur Quelle, um Wasser für Bona zu schöpfen. Sein Begleiter aber begann zu ahnen, dass er bei Trudi nicht so leicht zum Ziel kommen würde, denn sie wirkte wie ein Reh kurz vor der Flucht.
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