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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe
Autoren: Astrid Fritz
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berühmteren Leonhard Sonntag mit lauter Kennern und Künstlern vom Fach zu tun.»
    Er zwinkerte den beiden Frauen zu.
    «Ihr kennt uns also?» Dem Prinzipal war deutlich anzusehen, wie geschmeichelt er sich fühlte, denn das Blechschild mit dem verschnörkelten Schriftzug hing schon längst nicht mehr über dem Bühnenwagen.
    «Ja freilich. Doch Ihr solltet umgekehrt eigentlich auch den ebenso berühmten Meister Ulricus kennen, den weltbesten Allesschlucker und Scherbenkünstler. Dann wüsstet Ihr, dass ich zur Krönung jeder Vorstellung barfuß auf Glasscherben tanze und meinen zarten Schädel in einem Haufen messerscharfer Glassplitter vergrabe.»
    «Was für ein Einfaltspinsel mein Leo manchmal ist», flüsterte Marusch ihrer Freundin ins Ohr. «Ich wette, der Bursche war eben beim Magistrat und hat genaueste Erkundigungen über uns eingeholt.»
    «Mit ihm hätte Sonntag genau den Spaßvogel, den er immer aus Diego hat machen wollen», gab Marthe-Marie zurück.
    Sonntag legte den Arm um Botticher. «Ich denke, wir zwei sollten uns einmal eingehend unterhalten.»
    In diesem Moment kamen Tilman und Klette mit geröteten Wangen angerannt.
    «Diego ist zurück!»
    Da sahen sie ihn auch schon über die Wiese galoppieren. Fortuna glänzte vor Schweiß, und Diego strahlte, als er das Pferd in einer halsbrecherischen Wendung zum Stehen brachte.
    «Da bin ich wieder. Und ich bringe euch wahre Schätze und gute Nachrichten.» Als sein Blick auf Botticher fiel, stutzte er. «Ihr habt wohl schon einen Ersatz für mich angeheuert?»
    «Einen Ersatz nicht, aber eine wunderbare Ergänzung», entgegnete der Prinzipal. «Jetzt komm von deinem hohen Ross herunter und begrüß Meister Ulricus, den weltbesten Allesschlucker und Scherbenkünstler.»
    Diego schwang sich vom Pferd und schüttelte Botticher nicht eben herzlich die Hand. Dann trat er zu Marthe-Marie. Auf seinem Gesicht stand das blanke Erstaunen.
    «Welcher Fürst hat dich denn zur Braut genommen? Ist das ein Kostüm für deinen neuen Auftritt?»
    Es sollte scherzhaft klingen, doch seine Stimme verriet Unsicherheit.
    «Schwatzen könnt ihr später», mischte Sonntag sich ein. «Kommt jetzt, Botticher soll seine Vorstellung geben.»
    Eine Stunde später hatten Sonntag und Botticher ihren Vertrag per Handschlag besiegelt. Sie saßen um die glimmende Feuerstelle und ließen die Lederflasche mit Branntwein kreisen, die Diego mitgebracht hatte.
    «Ah!» Sonntag leckte sich die Lippen. «Wie lange schon hatte ich diesen himmlischen Geschmack nicht mehr auf der Zunge. Los, Diego, erzähl jetzt, wie es dir in Freiburg ergangen ist.»
    «Wollt ihr erst die Neuigkeiten hören oder von meiner abenteuerlichen Schatzsuche, bei der ich Leib und Leben aufs Spiel setzen musste, Intriganten und Widersacher aus dem Weg räumen, Wegelagerern trotzen und   –»
    «Die Neuigkeiten», unterbrach ihn Marusch.
    «Nun – ich habe im Hegau einen alten Freund aufgegabelt, der, falls er es sich nicht doch anders überlegt, vor Sonnenuntergang hier auftauchen wird.»
    «Wer ist das?» – «Nun red schon!» – «Spann uns nicht so auf die Folter!»
    «Es ist Pantaleon mit seinen Affen. Er will wieder bei uns mitmachen. Das Schäferdasein war wohl selbst ihm zu einsam.»
    Die Gaukler jubelten und klatschten. Sie sind wie eine große Familie, dachte Marthe-Marie und freute sich mit ihnen.
    «Das Beste aber kommt noch: Er bringt Goliath mit.»
    «Goliath?»
    «Seinen Tanzbären!»
    Marusch sprang auf und fiel Sonntag um den Hals. «Jetzt kannst du deinen Acker vergessen. Ein Allesschlucker und ein Tanzbär – was für ein wundervoller Neubeginn!»
    «Erdrück mich nicht, um Himmels willen. Ich bin ja längst deinerMeinung. Was ist mit deinen Schätzen, Diego? Für einen Neubeginn könnten wir eine Hand voll Kleingeld gut brauchen.»
    «Selbst damit kann ich dienen.» Er zog einen Lederbeutel unter dem Rock hervor. «Das hier habe ich in jenem geheimnisvollen Keller gefunden. Es ist nicht viel, ein paar Silbermünzen nur, aber wir sind ja bescheiden geworden. Der größte Teil meiner Fundstücke gehört dir, Marthe-Marie. Ich habe alles unbesehen in einen Sack gepackt und hinter meinen Sattel geschnallt.»
    «Dann – dann hast du das Erbe meiner Mutter tatsächlich gefunden?» Ungläubig sah sie ihn an. War sie doch inzwischen selber zu dem Schluss gelangt, dass gar kein Erbe existierte und das Ganze nur eine bösartige Finte von Seiten Siferlins gewesen war, um ihr den Henkerssohn auf den Hals zu
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