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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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und nicht jedes Tierhaus in einem Zoo wie ein Bunker aussehen muß, scheint wenig bekannt zu sein. Beton ist ein solides und nützliches Material, wenn die richtigen Leute damit bauen; doch mit diesem Baustoff wurden in den Zoos auf der ganzen Welt mehr Monstrositäten geschaffen als mit jedem anderen. .Meiner Ansicht nach begann die Katastrophe in den dreißiger Jahren, als Lubetkin eine ganze Serie von Zoobauten entwarf, die von beängstigender Häßlichkeit und Unbrauchbarkeit waren. Danach, so scheint es, wurde das Wort Beton gleichbedeutend mit dem Wort Zoo. In Australien war ein Zoodirektor so hingerissen von diesem Zauberstoff, daß er ihn für absolut alles verwendete. Innerhalb kurzer Zeit sah sein Zoo aus wie ein mit wenig attraktiven Grabmälern überfüllter Friedhof. Ein Bekannter von mir, ein französischer Ornithologe, sagte dazu: »Das Problem ist nicht, daß X einen schlechten Geschmack hat, sondern daß er überhaupt keinen Geschmack hat.«
    An der amerikanischen Westküste beauftragte eine Stadt (die eigentlich hätte klüger sein müssen) einen Architekten mit der Planung ihres Zoologischen Gartens. Dieser Mann, begeistert von Beton und Stahlbeton, künstlerisch so begabt wie Attila der Hunnenkönig, schuf einen Zoo, bei dessen Anblick einem wahrhaftig das Blut in den Adern gerinnen kann. Es wurde so viel Beton verwendet, um so viele völlig unbrauchbare Tierhäuser zu bauen, daß man am liebsten alles abreißen und noch einmal von vorn anfangen möchte. Aber was tun mit all dem Beton? Den stärksten Schock versetzte mir ein Gehege, das aus einem tiefen, betonierten Loch bestand, in dessen Mitte sich - ebenfalls aus Beton — eine Art Insel befand. Auf der Insel stand ein aus Beton gemauerter, deformierter Iglu. Der Architekt hatte sich nicht dazu verleiten lassen, von seinem Meisterwerk etwa durch irgendwelche dekorativen Effekte abzulenken. Unverbrämt prangte der Beton; weder Farbe noch Form noch sonst ein Schmuck war ihm gegeben worden. Man forderte mich auf zu erraten, für welches Tier diese grauenhafte Grube entworfen war. Ich tippte auf Paviane und eine Reihe anderer Tiere, die aufgrund ihrer stoischen Veranlagung ein Leben in solch unwirtlicher Steinöde vielleicht hätten ertragen können. Aber ich hatte falsch geraten. Dieses furchterregende, baumlose Betonbidet war ausgerechnet für die Orang-Utans erbaut worden, jene Menschenaffen, die sich in den Wipfeln der Bäume am wohlsten fühlen. Sing-Sing wäre besser gewesen; da hätte es wenigstens Gitter zum Klettern gegeben.
    Als wären die armen Tiere und das Zoopersonal mit den Architekten nicht schon hart genug gestraft, mischen seit neuestem bei der Planung von Zoologischen Gärten auch noch sogenannte >Zoo-Berater< mit. Diese freundlichen Zeitgenossen, die in Rudeln auftreten, erklären, daß sie einen Stadtzoo komplett mit allem, was man haben will, vom Elefantenhaus bis zum Delphinarium, entwerfen können. Fertigzoo, heißt die Parole — man braucht nur das Geld zu geben. Selbstverständlich geben diese Leute nicht vor, daß sie auch einen Zweck für den Zoo mitliefern können, aber Zoos brauchen ja angeblich auch gar keinen Zweck zu haben; sie sind Statussymbole. Wenn die Stadt X keinen Zoo hat, dann kann sie mit der Stadt Y nicht konkurrieren. Schlimmer noch, wenn ein Land keinen Zoo hat, dann halten die Leute es womöglich für ein Entwicklungsland.
    In erster Linie setzen sich diese Beratergruppen aus Architekten zusammen. Selbstverständlich haben sie gelegentlich — um ihre Integrität zu demonstrieren — ein, zwei Leute an der Hand, die ohne allzu große Schwierigkeit zwischen einer Giraffe und einem Hirsch unterscheiden können; möglicherweise sogar Zwischen einem Nashorn und einem Flußpferd, aber ich frage mich, ob das ausreicht. Werden wir diesen Leuten bald für eine weitere Welle architektonischer Mißgeburten zu danken haben? Werden sie ein weiteres dazu tun, daß der Zoo als wissenschaftliche Einrichtung sterben muß?
    Das ganze Konzept der Tierhaltung hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren schon radikal verändert; doch was die Art der Unterbringung von Tieren in Zoos angeht, so fängt man da gerade erst an umzudenken. In den guten Zoos geht man jetzt daran, Gruppen von Tieren in einem gemeinsamen Gehege unterzubringen, nicht mehr nur ein einzelnes Tier oder vielleicht ein Pärchen. Und man macht sich jetzt eingehendere Gedanken darüber, wie man jenem Leiden des Lebens in Gefangenschaft abhelfen kann, das so
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