Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens
Autoren: Antje Szillat
Vom Netzwerk:
verwundert darüber, was meine beste Freundin mit dieser Sache zu tun hatte.
    Er seufzte tief. »Geena ist klasse, bestimmt. Aber gerade, wenn ihr beide so eng aufeinanderhockt, habe ich das Gefühl, dass da kein Platz mehr für mich ist.«
    »Ach, ich dachte …«
    »Ich will jetzt auch gar kein großes Ding daraus machen«, unterbrach er mich. »Trotzdem habe ich ab und zu echt Angst, meine beste Freundin zu verlieren.«
    Ich schluckte schwer. »Da geht es dir wie mir«, gab ich leise zu. Ich biss mir auf die Unterlippe, wusste nicht, ob ich Felix die Wahrheit sagen sollte, doch dann fasste ich mir ein Herz. »Ich mache mir tierische Sorgen wegen diesem blöden Talentscout. Ich habe Angst, dass du weggehst und mich vergisst. Dass unsere Freundschaft zu Ende ist, wenn du bei irgend so einem Bundesligaverein Karriere machst. Ich gönne es dir, wirklich! Und dennoch wünsche ich mir, dass alles so bleibt, wie es ist. Aber mir ist klar, dass das nicht geht … Wir werden älter und vielleicht …«
    Ich brach ab, denn ich spürte, wenn ich weiterredete, würde ich die Tränen nicht länger zurückhalten können, die mir schon die ganze Zeit in den Augen brannten.
    Felix sah mich einen Moment schweigend an, bevor er langsam den Kopf schüttelte und mich in die Arme zog. »Leni, Leni … wie kannst du nur so etwas denken …«, flüsterte er mir ins Haar.
    Ich stand da und konnte mich kaum rühren. Jeder Zentimeter meines Körpers hielt inne – in der Gewissheit, dass wir uns auch ohne Worte verstanden. Jetzt endlich wusste ich es wieder.
    Keine Ahnung, wie lange wir so verharrten. Es kam mir lange vor, wie viele, viele Stunden. Und dennoch waren es nur wenige Augenblicke, bevor ich mich aus seiner Umarmung löste.
    »Was hältst du von Schwimmen im See?«, schlug ich betont heiter vor.
    Felix grinste und zwinkerte mir zu. »Eindeutig der beste Gedanke, den du heute hattest.« Er verpasste mir einen freundschaftlichen Knuff gegen den Oberarm.
    »Wer zuerst da ist!«, rief ich und flitzte los.
    Felix war wie immer schneller. Er nannte mich eine lahme Ente, während er rasch aus seinen Klamotten schlüpfte und in Boxershorts über den schmalen Grasstreifen zum Steg lief.
    Ich zog mich bis auf BH und Slip aus und folgte ihm.
    Eine Böe fuhr durch mein Haar und streifte meine Haut. Mit einem Mal waren die Kopfschmerzen wie weggefegt, als ob der Wind sie mit sich fortgenommen hätte.
    Felix griff nach meiner Hand. »Bei eins!«
    Ich nickte und er begann zu zählen: »Drei … zwei … eins!« Dann ließ er meine Hand los und sprang kopfüber in den See.
    Ich zögerte kurz, bevor ich ihm mit einem weitaus weniger eleganten Poklatscher folgte.
    Kaltes Wasser und Dunkelheit umschlossen mich. Mit kräftigen Zügen beförderte ich mich zurück an die Wasseroberfläche. Als ich auftauchte, war Felix nur ein paar Meter von mir entfernt. Der Mondschein spiegelte sich in seinem Gesicht wider, sodass es sich deutlich von der Schwärze des Sees absetzte.
    Ich schwamm zu ihm hinüber und wie auf ein geheimes Kommando hin fingen wir zu kraulen an. Seite an Seite durchpflügten wir den nächtlichen See – ohne ein Wort zu sprechen. Nur das gleichmäßige Plätschern war zu hören, als unsere Arme im ruhigen, kraftvollen Rhythmus ins Wasser tauchten.
    Etwas später lagen wir rücklings auf dem Holzsteg und träumten uns, jeder für sich, woandershin und doch in dieselbe Richtung. Hinüber über den See, weit über die Stadtgrenzen hinaus, in eine andere Welt oder möglicherweise genau an den Ort, an dem wir uns gerade befanden.
    Felix streckte die Hand nach mir aus. Strich mit den Fingerspitzen sanft über meinen Oberarm. Es war ein vertrautes Gefühl, und doch schwang etwas Neues darin mit, das meine Haut zum Kribbeln brachte.
    »Du zitterst ja. Ist dir kalt?« Felix richtete sich auf. »Soll ich dich wärmen?«
    Plötzlich spürte ich einen dicken Kloß im Hals. Bestimmt klang meine Stimme deshalb so fremd, als ich erwiderte: »Ich weiß nicht, ob das gut wäre …«
    Felix schwieg, schaute mich nur unverwandt an, mit einem Blick, den ich nicht kannte. Da war so ein Blitzen in seinen Augen. Er lachte leise auf, bevor er sich zu mir hinabbeugte und mir spielerisch in die Schulter biss.
    Eine jähe Woge der Zuneigung durchströmte mich, so heftig, dass mir der Atem stockte und mein Herz für ein paar Schläge aussetzte.
    Ich stützte mich auf, machte ein ernstes Gesicht, denn die Heftigkeit meiner Gefühle überraschte und verwirrte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher