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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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ersetzt worden.
    »Also, einmal war ich besoffen, das zählt wohl nicht richtig. Dann bin ich nicht ich selbst. Es war auf einer Party in Haninge, bei einem Typen vom Job.«
    »Ist etwas Spezielles auf der Party passiert, was diese Gefühle ausgelöst hat?«
    Sara zuckt mit den Schultern und lässt eine weitere Zigarettenkippe in die Vase mit meinen bereits nikotinvergifteten Schnittblumen fallen.
    »Versuchen Sie es. Sara, es ist wichtig. Sie müssen sich selbst helfen. Ich weiß, dass das schwerfällt.«
    »Da war ein Typ …«
    »Ja, und?«
    »Ja, und der war Göran irgendwie ziemlich ähnlich.«
    »Ihrem Pflegevater?«
    »Ja«, nickt Sara, »er hat mich wie Göran angefasst. Plötzlich … Sie wissen ja, ich will nicht mehr an all das denken, aber als er dastand und mich betatscht hat, mich mit seinen ekligen Händen begrabbelt hat, da ist alles wieder hochgekommen. Ich hab ihn ganz fest weggestoßen, direkt gegen einen Tisch. Er war ziemlich besoffen, deshalb ist er gestolpert und eine Augenbraue ist aufgeplatzt.«

    »Und was ist dann passiert?«
    »Tja, er war stinksauer. Fing an, rumzuschreien, und ist hinter mir hergerannt.«
    Sara sieht plötzlich müde und sonderbar klein aus.
    »Wissen Sie, eigentlich war es gar nicht so gefährlich, wie es jetzt klingt. Er war besoffen, hab ich das schon gesagt? Er hat mich nicht zu fassen gekriegt. Und ich bin nach Hause gefahren.«
    »Und?«
    »Und dann habe ich es gemacht, okay ? Können wir jetzt über etwas anderes reden?«
    »Versuchen Sie zu beschreiben, wie Sie sich gefühlt haben, direkt bevor Sie sich geritzt haben.«
    »Wie ich mich gefühlt habe? HALLO, das WISSEN Sie doch ganz genau, wie ich mich gefühlt habe. Als würde ich kaputt gehen. Ich habe an diesen ekligen Kerl gedacht und an sein widerliches Getatsche und an Göran, und dann hatte ich das Gefühl, ich würde einfach keine Luft mehr kriegen. Und dann habe ich es gemacht, und dann habe ich mich besser gefühlt. Irgendwie sauberer. Und ruhig. Ich konnte schlafen. Okay? Können wir jetzt über etwas anderes reden? Außerdem muss ich bald los. Ich habe ein Vorstellungsgespräch für ein Praktikum. Können wir nicht lieber nächstes Mal darüber reden?«
    »Ich möchte, dass Sie bis zum nächsten Mal die Hausaufgabe machen, über die wir gesprochen haben, Sara.«
    »Ja, klar. Dann kann ich jetzt gehen?«
    »Tun Sie das. Wir sehen uns nächste Woche.«
     
    Ich stelle die Videokamera ab und falle wieder zurück auf den Stuhl. Wie immer nach meinen Sitzungen mit Sara bin ich wie leergepumpt, bar jeder Energie. Das liegt nicht nur an all den anstrengenden Dingen, die sie erzählt, sondern auch daran,
dass ich die ganze Zeit auf der Hut sein muss. Saras Therapeutin zu sein ist ein Balanceakt.
    Ihr Hintergrund ist leider nicht besonders ungewöhnlich. Sie ist in einem scheinbar ganz normalen Mittelklassehaushalt in Vällingby aufgewachsen, als jüngste von drei Geschwistern. Das einzig Anormale an der Familiensituation war die Mutter mit ihren Alkoholproblemen, auch wenn sie in gesellschaftlicher Hinsicht funktionierte. Sara erklärt gern, dass dies ab und zu sogar ein Vorteil war. So schwieg die Mutter beispielsweise auf Elternabenden, sich sehr wohl bewusst, dass sie sich in dem Moment, in dem sie den Mund öffnete, als hoffnungslose Alkoholikerin entlarven würde. Und sie schlief auch immer schon, wenn Sara nach Hause kam, fragte nie nach, wo Sara gewesen war oder warum sie erst mitten in der Nacht erschien oder woher sie immer wieder neue Kleider hatte. Kleider, die sie nicht von ihren Eltern bekommen hatte.
    Sara hatte beträchtliche Konzentrationsprobleme und Schwierigkeiten in der Schule. In der dritten Klasse zündete sie die Gardinen in der Turnhalle mit einem Feuerzeug an, das sie der Turnlehrerin geklaut hatte (die immer heimlich im Umkleideraum rauchte, während die Schüler gezwungen waren, im Herbstregen eine Runde nach der anderen auf dem Schulhof zu drehen). In der Mittelstufe durfte sie zum ersten Mal im Streifenwagen mitfahren, nachdem sie im Konsum geklaut hatte. Sie fing an, ältere Jungs zu treffen, tat sich mit Steffe zusammen, der achtzehn war, als sie selbst erst dreizehn war. Wurde schwanger und ließ abtreiben.
    Die Eltern stellten währenddessen fest, dass sie vollkommen die Kontrolle verloren hatten, und suchten deshalb soziale Einrichtungen auf, um sich Hilfe zu holen, woraufhin vom zuständigen Sozialamt eine Untersuchung in die Wege geleitet wurde, die darin resultierte, dass
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