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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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Tauchutensilien aus dem Abstellraum, die Kleider aus dem Schrank, die Armbanduhr vom Nachttisch, die ich nachts umklammere, wenn die Sehnsucht zu groß wird.
    »Du kannst doch nicht in einem Mausoleum leben«, pflegt Aina zu sagen und mir dabei vorsichtig übers kurze Haar zu fahren.
    Natürlich hat sie Recht. Ich sollte Stefans Sachen wegschaffen. Ich sollte Stefan wegschaffen.
    »Du arbeitest zu viel«, sagt sie dann mit einem Seufzer. »Besuch mich doch mal ein Wochenende.«
    Ich lehne immer dankend ab. Es gibt ja so viel zu tun am Haus, und da sind so viele Protokolle, die geschrieben werden müssen. Papiere, die geordnet werden müssen. Dann lächelt Aina jedes Mal, als wüsste sie, dass ich lüge, was ich natürlich auch tue.

    Manchmal wohnt Aina bei mir, statt die Wochenenden in Södermalms lärmenden Kneipen in Gesellschaft von Männern zu verbringen, deren Namen sie bald wieder vergessen wird. Dann essen wir Muscheln in Wein, trinken Unmengen an billigem Weißwein dazu und reden über unsere Patienten oder Ainas Typen. Oder über nichts Besonderes. Wir springen nackt von den Klippen und hören viel zu laut David Bowie, so dass die Tiere des Waldes erschreckt aufblicken.
    Danach erscheint das Haus jedes Mal noch leerer als vorher, die Fenster starren wie große leere Löcher aufs Meer, und die Stille ist ohrenbetäubend. In der Regel habe ich einen Kater, und da ich zu träge bin, zum Einkaufen zu fahren, esse ich Vanilleeis zu Mittag und Nudeln mit Ketchup abends. Dazu ein paar Gläser Wein. Ich achte penibel darauf, alle Lampen einzuschalten, wenn der Abend kommt, denn ich mag die Dunkelheit nicht. Es ist, als verwischte die Abwesenheit des Lichts die Grenzen zwischen mir und meiner Umgebung. Das erschreckt mich mehr, als ich zugeben will, und ruft das Gefühl hervor, das ich am besten kenne: Angst.
    Ich habe mich jetzt seit mehreren Jahren mit der Angst beschäftigt und kann ohne Übertreibung sagen, dass ich ihr nahestehe, so nahe, dass ich inzwischen nicht mehr registriere, wenn sie sich in der Dämmerung nähert. Stattdessen heiße ich sie resigniert willkommen wie einen alten, wenn auch nicht gerade gern gesehenen Gast.
    Das ist auch der Grund, warum ich bei eingeschalteten Lampen schlafe.

    Ich bin also Therapeutin. Approbierte Psychologin. Staatlich anerkannte Psychologin. An der Praxistür steht es klar und deutlich auf dem glänzenden Messingschild: Södermalms Psychotherapiepraxis. Doktor der Psychologie. Doktor der Psychotherapie. Siri Bergman.
    Ab und zu frage ich mich, wie meine Patienten wohl reagieren würden, wenn sie wüssten, dass diese scheinbar so ruhige, kompetente Frau, an die sie sich mit all ihren Geheimnissen und Ängsten wenden, nicht allein in einem dunklen Raum schlafen kann. Was würden sie von meiner Unfähigkeit halten, mich mit meinen eigenen schwarzen Löchern zu konfrontieren, während ich fordere, dass sie sich den ihren nähern? Bei diesen Gedanken kommt die Scham; ich bin eine schlechte Therapeutin, ich bin gescheitert, ich sollte darüber hinweggekommen sein.
    Sollte weiter sein.
    Aina lacht mich dann immer aus und weist auf mein Kontrollbedürfnis hin und meinen Perfektionismus. »Du bist nicht gleichzusetzen mit deinem Beruf«, sagt sie. »Therapeutin zu sein, das ist doch keine blöde Berufung. Du kommst her, hast pro Tag deine vier Patienten, und dann gehst du nach Hause und bist Siri. Gescheitert, depressiv, passiv und phobisch zu sein, das sollte dich sogar zu einer besseren Therapeutin machen. Solange du es nicht im Beisein deiner Patienten bist. Das solltest du übrigens schon in der ersten Stunde deiner psychologischen Ausbildung gelernt haben.«
    Und Aina muss es wissen, denn ihr Name steht unter meinem
auf dem glänzenden Messingschild: Aina Davidsson. Doktor der Psychologie. Doktor der Psychotherapie.
    Aina und Siri. Ein Begriff seit den ersten nervösen Wochen an der Stockholmer Universität. Das Merkwürdige ist nicht, dass wir immer noch Freundinnen sind. Das Merkwürdige ist, dass wir unseren Traum von einer eigenen Praxis verwirklicht haben.
    Wir haben noch einen weiteren Kollegen. Sven Widelius, einen alten Fuchs, der seit mehr als zwanzig Jahren als Therapeut arbeitet. Im Prinzip teilen wir uns die Räume, den Empfang und die Kaffeeküche. Unsere Zusammenarbeit beschränkt sich genau darauf. Die Praxis liegt am Medborgarplatz, im selben Gebäude wie die futuristischen Verkaufsräume der Söderhallarna, einer modernen Einkaufsmeile, nur ein paar
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