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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel
Autoren: Richard Dübell
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sein Werdegang würde aber durchaus zu einer echten historischen Persönlichkeit im Orden der Dominikaner der damaligen Zeit passen.
    Es gibt ein Stückchen Landschaft, das mich bei meinen Recherchen vor Ort so faszinierte, dass ich es im Roman unterbrachte, obwohl es von den Protagonisten auf ihrer Reise von Prag nach Braunau eigentlich nicht hätte durchquert werden können, ohne einen völlig unnötigen Umweg zu machen: die Felsenstädte von Teplitz und Adersbach. Sie liegen nordwestlich von Braunau und bilden ein fantastisches Areal aus Felstürmen, Sagengestalten, versteinerten Riesen und was noch allem. Wanderwege führen hindurch, Kletterrouten hinauf und hinab. In vergangenen Zeiten waren sie Unterschlupf für Schmuggler, Wegelagerer und andere Gesetzlose, was ich in der Geschichte kurz thematisiert habe. Heute ist dort nur noch der Versuch, inmitten einer Horde kreischender Teenager ein Souvenir für die Kinder zu erstehen, lebensgefährlich.
    Der Kampf zwischen Reformation und Gegenreformation war zur Zeit der Romanhandlung in voller Fahrt, und obwohl viele Zeitgenossen erkannten, dass diese Fahrt in einer Katastrophe enden würde, scheint niemand in der Lage gewesen zu sein, sie aufzuhalten, erst recht nicht die Wagenlenker (der jeweilige Papst und der jeweilige Kaiser). Große politische Geister wie Bischof Melchior Khlesl versuchten, den Lenkern in die Zügel zu fallen; die damals wie heute üblichen – und weit verbreiteten – politischen Kleingeister waren derweil damit beschäftigt, ihre eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Der gewaltige Unfall, den sie nicht verhinderten und der sich zwischen 1618 und 1648 in Europa ereignete, verschlangdie einen wie die anderen. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte.
    Die Zustände in Wien, vom Ärger der einheimischen Kaufleute wegen der fremdländischen Konkurrenz, von den Überschwemmungskatastrophen bis hin zu den nicht abgehaltenen katholischen Prozessionen, habe ich hauptsächlich der wunderbar akribischen mehrbändigen Geschichte Wiens von Peter Csendes und Ferdinand Opll entnommen; die Zustände im Findelhaus der Karmelitinnen in Prag finden Sie auch heute noch in Waisenhäusern, wenn Sie sich weit genug aus den polierten Ecken der menschlichen Zivilisation hinausbegeben (was nicht zwangsläufig bedeutet, dass Sie eine sehr lange Reise antreten müssen). Braunau – oder heute: Broumov – wurde tatsächlich Ende des 16. Jahrhunderts mehrfach Opfer von Pestepidemien und Überflutungen, was mich zu der Spekulation verleitete, dass jeder Ort, an dem sich die Teufelsbibel über längere Zeit hinweg befand, vom Zorn Gottes ereilt wurde. Repliken von Votivtafeln in Broumov geben darüber Auskunft.
    Die Geschichte des unheimlichen Sees unter der Heiligenstädter Kirche gehört in etwas veränderter Form zum Sagenschatz der österreichischen Hauptstadt, ebenso wie die Legende von der Spinnerin am Kreuz, die Cyprian seiner geliebten Agnes erzählt.
    Und die Teufelsbibel?
    Tja … bevor wir über sie reden: besuchen Sie sie doch mal! Je nachdem, wann Sie dieses Nachwort lesen, befindet sie sich entweder in Prag in einer ganz Tschechien bewegenden Sonderausstellung (September bis Dezember 2007) oder in der Königlichen Bibliothek in Stockholm. Glauben Sie mir, Sie werden beeindruckt sein.
    Die Teufelsbibel oder Codex Gigas (aus dem Griechischen gigas für »riesig«) ist das größte mittelalterliche Manuskript der Welt. Zwei erwachsene Männer sind nötig, um eszu heben, es misst knapp 100 × 50 Zentimeter und enthält über 600 Seiten handgeschriebenen Text auf Eselshautpergament, für dessen Herstellung angeblich 160 Eseln ein vorgezogener Eintritt in eine bessere Welt ermöglicht wurde. Geschaffen wurde der Codex im frühen dreizehnten Jahrhundert im Benediktinerkloster von Podlažice in Südböhmen. Die Bezeichnung »Teufelsbibel« stammt von einer ganzseitigen Zeichnung des Herrn mit dem Bocksbein auf einer der 600 Seiten; hat aber auch mit der Tatsache zu tun, dass der Autor versuchte, das Wissen der Welt in seinem Werk festzuhalten – und das Wissen der Welt erlangen zu wollen ist seit der Affäre mit der Schlange und der Kernfrucht aus der Gattung malus domestica eine Absicht, hinter der die Einflüsterungen des Teufels stecken.
    Das Exemplar der Teufelsbibel, das zu besuchen ich Sie weiter oben eingeladen habe – ich wähle diese Umschreibung deshalb, weil Sie und ich nach der Lektüre meines Romans nun wissen, dass es sich
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