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Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth

Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth

Titel: Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth
Autoren: Andreas Weiler
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denen, die ihr anvertraut worden waren. Es war Neugier. Aber es war auch Respekt vor einer Vergangenheit, die noch so viele Rätsel für sie bereithielt.
    »Erzählst du uns nun eine Geschichte, Mirhna?« Die Stimme des Mädchens klang dünn, und es fröstelte.
    Mirhna nickte. »Ja, ihr werdet eine Geschichte hören.« Sie kniete sich nieder und legte beide Hände auf die narbige Borke des Kinderberges. Gedanken durchflossen ihren Körper und konzentrierten sich an den halbtransparenten Fingerkuppen. Auswüchse in der Borke bildeten sich; Bitteraromen wurden vom Wind fortgetragen. Bald wich die Kühle des Morgens und machte einer Wärme Platz, die der Kinderberg im Innern seiner verzweigten Kapillarsysteme erzeugte.
    »Ja, ich erzähle euch nun eine Geschichte«, sagte Mirhna. »Setzt euch, Kinder.« Sie projizierte erste Bilder in die erwartungsvollen Gedanken.
    »Die Geschichte handelt von Freud und Leid, von dem Bemühen eines Mannes, das Chaos abzuwenden von der Menschheit und den anderen Welten des gleißenden Rades, das ihr als Milchstraße kennt.«
    »Wie heißt dieser Mann?« fragte einer der Extrasolaren.
    »Er hieß David terGorden. Er lebte vor vielen, vielen Jahren – und wer weiß, vielleicht lebt er auch heute noch, mitten unter uns …«
    Die Kinder sahen sich an. Sie nahmen die Gedankenbilder Mirhnas bereitwillig auf. Ihre Gehirne waren wie Schwämme mit dem Bedürfnis, sich vollzusaugen.
    »Es ist eine lange Geschichte«, fuhr die Umarmerin fort. »Und eigentlich begann sie zu einer Zeit, als unsere Welt noch gar nicht existierte, in einem Universum vor dem Großen Knall …«
    »Du meinst das Universum der Uralten?« fragte das Mädchen, das zuvor gefröstelt hatte. Seine große Augen waren wie Bernstein, die Haare weiß wie frisch gefallener Schnee. Seine Gedanken waren kräftig und erfüllt von einem fast unstillbaren Wissensdurst. Vielleicht, dachte Mirhna, wird sie auch einmal eine Geschichtenerzählerin. Ihr Geist ist kräftig genug, und bestimmt wird sie auch in der Lage sein, Bilder zu projizieren und damit eine Geschichte zu einem fast realen Erlebnis zu machen.
    »Ja«, sagte die Umarmerin. »Ich freue mich, daß ihr euch daran erinnert.« Sie hob den Kopf. Weit oben am Himmel flossen die Regenbogen ineinander. »Das Universum der Uralten … Es war ein Kosmos, der sich völlig von dem unsrigen unterscheidet. Es war eine Welt der Pflanzen – und ausschließlich der Pflanzen. Es war eine Welt der Harmonie – doch die Harmonie hielt nicht ewig an. Es kam zu Entropiekatastrophen – und der Raum selbst deformierte und stürzte in sich zusammen. Die Uralten sahen den Untergang ihres Universums bald voraus. Sie konnten ihn nicht mehr abwenden, und deshalb versuchten sie, in der neuen Welt, die aus der Asche der alten entstehen würde, den Keim des Weiterlebens zu säen. Sie schufen atomare Sporen, die geimpft waren mit einer bestimmten genetischen Botschaft. Auch in der Zweiten Welt sollten Pflanzen die sterile Öde mit Grün überziehen.«
    Die Kinder nickten. Einige hatten die Augen geschlossen und betrachteten die Bilder, die Mirhna in ihren Gedanken formte. Unten im Dorf öffneten sich Kokons. Menschen und Extrasolare begannen ihr Tagwerk und winkten.
    »Doch nicht alle diese atomaren Sporen überstanden den Zusammenbruch des Universums der Uralten. Einige gingen unter in dem Feuer des Urknalls, der unseren Kosmos schuf. Naturgesetzlichkeiten veränderten sich, da die atomaren Informationsgefüge der Uraltensporen nicht exakt blieben. So kam es, daß in unserer Welt Leben entstand, das es zuvor nicht gegeben hatte. Fleischliches Leben, das anderes Leben zerstörte, um seine eigene Existenz zu erhalten, carnivores Leben. Und dieses carnivore Leben wußte nichts von der Welt der Uralten. Es ahnte nichts von der Katastrophe, die jenen anderen Kosmos heimgesucht hatte, während sich die Pflanzen in Demut übten. Aus den intakten Sporen der Uralten entwickelten sich die Weltenbäume, und die Weltenbäume wiederum schufen die Lange Reihe. Dies war die Antwort auf die Entropiekataklysmen, die die Erste Welt zerstört hatten. Die Lange Reihe war eine kosmosweite Waffe gegen solche Katastrophen, die das Gefüge der Raum-Zeit zerstören. Lenker wurden mit der Pflege dieser – organischen – Waffe beauftragt, und sie nahmen ihre Pflicht über Äonen wahr.«
    Ihre Worte klangen nun düster, und einige der Kinder erschauerten.
    »Der carnivore Lebensstrang, dem auch wir angehören, ahnte von all dem
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