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Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Titel: Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet
Autoren: Andreas Weiler
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Schlafbewahrers war verstummt.
    »Aber wie ist das möglich?« fragte Hell-Blüte überrascht. »Hat die Entropiebeschleunigung schon ein Ausmaß erreicht, das die Funktion der Traumstatt … ?«
    »Nein«, widersprach Schön-Duft. Im Projektionsfeld vor ihnen wuchs ein Leuchtpunkt in die Breite. Eine Welt. Letzter Schlaf. Traumhort der Renegaten. Das Ende ihrer verderblichen Aktivitäten. Kein grauer Schatten, der sich über diesen Punkt gelegt hatte. Nur eine geringfügige Störung des Navigationsgespinstes. Der feinen Linie, der die Nährkapselfähre auf ihrem rasenden Flug folgte. Die Störung war durch die zurückliegende Katastrophe entstanden, die Letzter Schlaf damals beinahe zerstört hatte und die im letzten Augenblick – wie auf Gleichgewicht – hatte gebannt werden können.
    »Nein«, sagte Schön-Duft mit der Lautlosen Stimme. »Es ist etwas anderes.«
    »Aber …« Hell-Blüte war verwirrt. »Nur eine Bruderschwester kann den Schlafbewahrer zur Einstellung des Warn- und Bittrufes veranlassen. Nur eine Bruderschwester kann vom Schlafbewahrer als weisungsberechtigt anerkannt werden. Wir beide aber sind die einzigen, die das Exil verlassen haben, Schön-Duft. Es ist unmöglich.«
    »Und doch eine Tatsache.«
    Eine andere Frage, dachte Schön-Duft, ist im Augenblick noch wichtiger. Kommen wir noch rechtzeitig genug, um das Erwachen der Renegaten zu verhindern? Oder ist es dazu bereits zu spät?
    Die Nährkapselfähre raste weiter dem noch fernen Ziel entgegen. Und in ihrem Innern befanden sich zwei Knospen des Baumes, die ausgezogen waren, um zu sterben.
     
    *
     
    Die Biokammern.
    Tief eingegraben in die Kruste eines Planeten, der vor mehr als fünfhundert Jahren nur knapp der Zerstörung entronnen war.
    Der Letzte Schlaf wich einem langsamen Bewußtwerdungsprozeß. Lautlose Stimmen verdrängten das jahrhundertelange Schweigen in den Traumkuben. Verpuppungskörper regten sich. Langsam, träge, unkontrolliert. Duftknospen öffneten sich. Pollen schwebten an den Fasergeweben entlang. Träume lösten sich auf.
    Der Letzte Schlaf hat ein Ende. Aber das Ende ist nicht der Tod.
    Die Worte wiederholten sich. Intensiver. Drängender.
    Die Renegaten erwachten.
    Der Schlafbewahrer war nicht mehr aktiv. Diese Erkenntnis war durchtränkt von Triumph. Triumph aber, der gleich darauf Skepsis Platz machte. Eine Frage: Warum waren sie nicht mehr in ihren Träumen gefangen? Warum? dämmerten sie nicht mehr der langsamen Auslöschung der Existenz entgegen?
    Mehr-Blatt löste langsam die Wurzeln ihres Verpuppungskörpers aus der Traumwurzel des quasitoten Schlafbewahrers.
    »Wir schlafen nicht mehr!« ertönten die jubelnden Lautlosen Worte. Und Mehr-Blatt stimmte mit ein: »Wir schlafen nicht mehr. Wir sind wach. Wir sind existent.«
    Rasch beendete Mehr-Blatt die Verpuppungsstase, und die große, weite Blütenknospe bildete sich zurück zum Stammkörper. Auf dem PSI-Kissen glitt sie dann hinaus in die weiten Biokammern, die ihre Bruderschwestern mit ihr zusammen vor langer Zeit errichtet hatten. Es herrschte hektische Aktivität. Überall schwebten erwachte und erwachende Bruderschwestern umher. Manchmal waren die Zellularkörper deformiert, manchmal von irritierender Tönung. Manchmal groß und manchmal klein.
    Aber alle, dachte Mehr-Blatt zufrieden, sind meine Kinder. Ich war die einzige, die damals von Gleichgewicht entkam. Und ich schuf mir selbst meine Bruderschwestern, die waren und sind wie ich.
    Bereitwillig machten die anderen Knospen Mehr-Blatt Platz. Sie schwebte dahin, tiefer in die Biokammern hinein, erfüllt von neuer Stärke.
    »Haben die Anderen einen Fehler gemacht?« tönte es von allen Seiten. »Was hat uns geweckt?«
    »Ich weiß es noch nicht, meine Kinder«, gab Mehr-Blatt mit der Lautlosen Stimme zurück. »Aber wir werden es bald erfahren. Habt Geduld.«
    Zuerst mußten die Helfer aus dem Letzten Schlaf gelöst werden. Dann konnte man die Ursache des Erwachens zu analysieren versuchen.
    Die anderen Renegaten folgten Mehr-Blatt. Weich schwebten sie auf ihren PSI-Kissen dahin. Mehr-Blatt öffnete die Zellularaugen und blickte sich um. Weitere Traumkuben öffneten sich. Sie hingen wie übergroße Früchte an Wänden und Decken der Gewölbe aus nun inaktiven Pflanzenfasern. Einst waren diese Kammern Hort der Bruderschwestern gewesen. Die Knospen des Baumes, die Anderen, hatten sie zu einem Traumgefängnis gemacht. Nun waren sie wieder Hort. Wie lange?
    Die Helfer waren amorphe Gewebeverdickungen,
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