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Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Titel: Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet
Autoren: Andreas Weiler
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ersten Urbaums mit einer anderen Pflanze, die auf seiner Borke und zwischen seinem Wurzelgeflecht lebte. Wir waren viele. Und wir wurden eins. Wir lernten zu denken. Wir wurden neugierig. Wir lernten, mit unseren Kräften umzugehen.
    Wir gingen auf die Reise.
    Trauer ist in uns.
    Wir segelten davon in unseren ersten Nährkapselfähren, angetrieben vom Licht der ersten Sterne, eingehüllt von der Dunkelheit der Ewigen Nacht. Wir sahen eine kalte und leere Welt.
    Trauer ist in uns. Doch die Zeit verstrich. Wir starben, aber andere Bruderschwestern traten an unsere Stelle und lenkten die Nährkapselfähren in andere Regionen. Wir überquerten den Abgrund zwischen den Spiralen aus Feuer und Licht. Wir schmeckten die grenzenlose Leere.
    Währenddessen breitete sich das Leben in der Zweiten Welt aus.
    Trauer ist in uns.
    Denn oftmals war es fressendes und parasitäres und falsches Leben. Leben, das in der ersten Welt nicht existiert hatte und sich nun anschickte, die Zweite Welt zu erobern. Still und leise. Durch sein bloßes Sein.
    Wir zogen weiter. Wir wollten sehen. Und lernen. Und begreifen. Doch es war schwer.
    Und wir hatten eine Vermutung, die wie eine Hoffnung durch unsere Trauer sickerte.
    Vielleicht war dies unsere Aufgabe. Vielleicht war dies Teil des Schöpfungsplans der Uralten.
    Vielleicht waren wir dazu ausersehen, die Einheit zwischen falschem und richtigem Leben herzustellen.
    Inzwischen hatten wir längst die Verbindung zu einem großen Teil unserer Bruderschwestern verloren. Wir waren jedoch sicher, daß sie früher oder später zu der gleichen Erkenntnis wie wir kommen mußten.
    Trauer ist in uns.
    Wir besuchten viele Welten in vielen Sterneninseln, während sich die Zweite Welt weiter ausbreitete und neue Sonnen entstanden. Wir waren Zeugen des Entstehens der Langen Reihe. Wir waren aber auch Zeugen der vielen lokalen Katastrophen, die das Gleichgewicht zwischen Raum und Zeit störten. Und wir waren Zeugen, wie die Lange Reihe instabil wurde. Wir sprachen mit Lenkern. Wir kommunizierten mit anderen Weltenbäumen. Wir begriffen den Ernst der Lage. Wir begriffen, daß auch diese Zweite Welt zum Untergang verurteilt war, wenn die Synthese nicht hergestellt werden konnte.
    Wir schufen Gleichgewicht.
    Doch wir machten einen Fehler.
    Über unserer Großen Aufgabe bemerkten wir nicht die Veränderungen, denen einige unserer Bruderschwestern unterlagen. Wir bemerkten nicht die Gefahr, die damit für uns selbst heraufzog.
    Wir bemerkten sie erst, als es bereits fast zu spät war.
    Trauer ist in uns.
    Denn unsere Große Aufgabe war mit dem Auftauchen der Gefahr zum Scheitern verurteilt …
    (Aus: Trauergesänge der Knospen des Baumes)
     
    *
     
    Eine große Blütenknospe, die in einem tiefen, fast schwarz wirkenden Purpur schimmerte. Die eigentliche Knospe selbst ockerfarben mit kleinen goldenen Einsprengseln …
    Schön-Duft schwebte auf ihrem PSI-Kissen an der Bruderschwester vorbei. Hell-Blüte befand sich im ersten Verpuppungsstadium. Die Allebenswurzel in der pflanzlichen Faserwand der Nährkapselfähre glühte in einem dunklen Rot.
    Hell-Blüte schöpfte Kraft in der Quasiverpuppung und träumte den Rückkehrtraum.
    Schön-Duft schwebte weiter. Durch leere, einsame Gänge, durch stille Korridore, durch verlassene Hallen. Eingehüllt von dem leisen ätherischen Singen des quasiintelligenten Steuerzentrums, das ihr Trost spendete. Als sie den großen weiten Raum des Steuerzentrums erreichte, verband sich Schön-Duft mit den Allebenswurzeln der Pflanzenwände.
    »Es ist Zeit«, sagte sie mit der Lautlosen Stimme, und die Nährkapselfähre leitete ihre Lautlosen Worte weiter: »Es ist Zeit.«
    Und sie lauschte. Der Ruf war noch immer da. Überall gegenwärtig. Eine Warnung. Und auch eine Bitte. Ein Ruf, der Gefahren verkündete. Ein Ruf, der an die Vergangenheit erinnerte, der sie nicht entfliehen konnten.
    Schön-Duft vertiefte sich in die Meditation und betrachtete die Vergangenen Bilder der Zerstörung, des Fehlers und der Einsicht. Wiederholte sich nun alles?
    »Ich komme«, übertrugen die Allebenswurzeln die Lautlosen Worte ihrer Bruderschwester. Nur wenig später schwebte Hell-Blüte ins Sternenzentrum. Weich glitt sie auf ihrem PSI-Kissen dahin und verband sich dann ebenfalls mit dem Ich der Nährkapselfähre. Kurz lauschten sie dem noch fernen Ruf gemeinsam. Hell-Blüte hatte inzwischen ihre Quasiverpuppung beendet, und in ihrem zellularen Bewußtsein war das tiefe Schuldbewußtsein nur noch eine
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