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Die Terranauten 085 - Valdecs Rückkehr

Die Terranauten 085 - Valdecs Rückkehr

Titel: Die Terranauten 085 - Valdecs Rückkehr
Autoren: Robert Quint
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kräftig, samthäutig. Ihre Haare waren kurzgeschnitten und von einem bleichen Grau. Einst mußte sie hübsch gewesen sein, doch nun ähnelte ihr Gesicht der pockennarbigen Oberfläche des Mondes.
    Stirn, Wangen und Nase waren zerfressen, der Mund nur noch ein dünner Spalt. Aber sie lebte.
    Die Kalte Fäulnis tötete nicht. Aber sie schwächte den Organismus. Ihre Virenerreger schleusten sich ein in die genetischen Bauprogramme der Antikörper und verwandelten sie. Die Zellen entarteten. Wie durch eine Krebserkrankung. Der Organismus wurde anfällig für Infektionen, und selbst eine banale Grippe konnte dann das Ende herbeiführen.
    »Sie haben Medikamente«, sagte die Frau, deren Name Junk unbekannt war. Ihre trüben Augen funkelten plötzlich. »Ich weiß, daß Sie Medikamente haben. Aber Sie wollen sie uns nicht geben. Das ist es. Verdammter Treiber-Bastard!«
    Die Frau machte einen stolpernden Schritt, und Junk betätigte automatisch den Feuerknopf des Stunners.
    Ein Knistern – wie bei einer milden elektrischen Entladung.
    Die Frau erstarrte und kippte steif gegen das Geländer.
    Junk machte zwei rasche Schritte und fing sie auf, bevor sie die Treppe hinabstürzen und sich verletzen konnte.
    Der Treiber lachte krächzend.
    Er fühlte sich hilflos, müde, überfordert, und trotz des hermetisch abgedichteten Raumanzugs, den er trug, empfand er schreckliche Furcht vor einer Ansteckung.
    »Das hättest du nicht tun dürfen«, erklang die Stimme der Logenmeisterin Ynes in seinem Ohrempfänger. »Sie wäre freiwillig hinuntergegangen.«
    Junk preßte die Lippen zusammen.
    »Dann stell du dich doch an die Treppe«, brach es aus ihm hervor. »Glaubst du, es ist ein Vergnügen? Glaubst du, es macht mir Spaß, mit dem Stunner herumzufuchteln und mit den Leuten zu reden, während ihre Gedanken in mir schreien und betteln? Und, bei Yggdrasil, diese Angst, diese furchtbare Todesangst …«
    Er nahm die Frau ächzend auf die Arme und stieg langsam die gewundene Treppe hinunter.
    »Sämtliche Barbiturate sind verbraucht«, hörte er Ynes murmeln. »Und um die Erde zu erreichen, brauchen wir noch eine Flugetappe. Im Weltraum II werden sie alle sterben. Wenn die Kalte Fäulnis sie nicht schon vorher dahinrafft.«
    Junk sagte nichts.
    Alle Logenmitglieder waren darüber informiert. Schon bei ihrem Abflug von CC-238 hatten sie gewußt, daß die Vorräte an Barbituraten nicht für alle Seuchenopfer ausreichen würden.
    Ihre einzige Chance war gewesen, die Flugetappen durch den Weltraum II auszudehnen und so schnell wie nur irgend möglich die Erde zu erreichen.
    Junk strauchelte und erlangte nur mühsam sein Gleichgewicht zurück.
    Seine Außenmikrofone übertrugen das Stöhnen und Seufzen überdeutlich.
    Es ist sinnlos, dachte Junk bedrückt. Alles ist sinnlos. Die fünfzig Prospektoren können unmöglich bei wachem Verstand die Schimären des Weltraum II ertragen. Sie sind keine Treiber, nur normale Menschen. Und sie sind krank.
    Er erreichte den Computerring und sah sich um.
    Der Metallplastboden war mit dünnen Wärmematten übersät. Auf ihnen lagen die Kranken, und sie schienen einem Alptraum entsprungen zu sein.
    Ruinengesichter.
    Lepröse Gliedmaßen.
    Die Kalte Fäulnis fraß seit neun Tagen an ihnen, und vielleicht würde es selbst in der Kosmomedizinischen Klinik auf Luna keine Rettung mehr für sie geben.
    Behutsam legte er die Frau auf einer freien Matte ab und beugte sich dann über einen hochgewachsenen, hageren Mann, dessen Gesichtszüge aussahen, als hätte eine hochkonzentrierte Säure alle Einzelheiten fortgeätzt.
    Nur die Augen … Diese grauen, kalten Augen zeugten noch von Leben und einem ungebrochenen Willen.
    Der Prospektor begegnete seinem Blick.
    Junk schaltete den Außenlautsprecher ein. »Wie geht es Ihnen?« fragte er heiser.
    Das zerfressene Antlitz zuckte. Der lippenlose Mund – ein Riß in einer narbigen Fläche – öffnete sich.
    »Schmerzen«, stieß der Kranke hervor. »Geben Sie mir etwas gegen die Schmerzen, Treiber …«
    Junk schluckte.
    Mühsam schirmte er sein Bewußtsein gegen die sprudelnden, wirbelnden Gedanken der Seuchenopfer ab. Doch trotz der Blockade vernahm er noch immer das verrückte, entsetzte Gemurmel der Fieberfantasien.
    Myriam, hilf mir! dachte er benommen.
    »Schmerzen«, preßte der Kranke erneut hervor.
    »Keine Medikamente«, entgegnete Junk leise. »Alles aufgebraucht.«
    Neben dem Hageren lagen – dicht an dicht – vier weitere Männer und zwei Frauen.
    Junk
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