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Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch

Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch

Titel: Die Terranauten 071 - Der Jahrmillionen-Fluch
Autoren: Erno Fischer
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stetiges Ziehen und Treiben, das niemals enden kann. Doch das Ziel, das Zentrum, wird niemals erreicht. Das ist, auf einen einfachen Nenner gebracht, das Grundgesetz der Natur im Schwarzen Universum. Dazwischen gibt es keine Materie, obwohl es uns so erscheint …
    Cantos brach ab, weil er die Anwesenheit von Chan de Nouille nicht mehr spürte.
    Chan de Nouille! riefen seine Gedanken.
    Es war anders als bei ihrer Illusion. Was war geschehen?
     
    *
     
    Sie hatte begriffen: Der Mahlstrom im Schwarzen Universum ist nichts anderes als der Mahlstrom der Zeit! Nach dieser Erkenntnis erschienen ihr alle Erklärungen viel zu kompliziert und umständlich.
    Mahlstrom der Zeit, und sie ritt auf diesem Strom, unaufhaltsam. Würde sie versuchen, sich dagegen zur Wehr zu setzen, wäre das Ergebnis nur eine erneute Illusion, in der sich ihr Denken verstrickte, um niemals mehr die Chance zu erlangen, daraus aufzutauchen.
    Unrettbar verloren und so gut wie tot, weil es in diesem Schwarzen Universum kein anderes Sterben gab.
    Das dachte sie und kapselte sich gleichzeitig von Cantos ab. Sie konzentrierte sich auf die rote Sonne, der sie sich näherte. Die Furcht fiel von ihr ab wie ein lästiges Gewicht. Sie fühlte sich frei und hielt alle ihre Gedanken zurück, um diese Freiheit nicht zu gefährden:
    Nicht sterben zu können, bedeutete die Ewigkeit im Mahlstrom der Zeit. Keine eigenen Illusionen zu erzeugen, hieß, alle Eindrücke in sich aufzunehmen, die das Schwarze Universum bot.
    Dabei gab es auch hier keine fliegenden Berge und auch keine roten Sonnen, sondern nur unterschiedliche. Zustände innerhalb der in fünfhundert Millionen Jahren nach menschlicher Zeitrechnung entstandenen Wechselwirkungen und Regeln. Chan de Nouille nahm diese »Zustände« nur wie fliegende Berge oder wie eine rote Sonne wahr, obwohl sie letztlich nicht die gleiche Wirkung auf sie haben würden.
    So würde sie niemals in der roten Sonne braten müssen bis zum Ende der Ewigkeit.
    Ende der Ewigkeit?
    Beinahe hätte sie gelacht, aber sie beherrschte sich und unterdrückte jeden eigenen Gedanken. So konnte die Stimme von Cantos sie nicht mehr erreichen, und so mußte sie ihm wie tot erscheinen.
    Das war Absicht. Nicht, weil sie nie mehr mit Cantos in Kontakt treten wollte. Sie wollte nur alle Details in sich aufnehmen – ungetrübt durch eigene Vorstellungen.
    Ihre Konzentration war so wirkungsvoll, daß selbst die Illusion ihres Körpers verschwand.
    Jetzt war sie nicht mehr Ich, Seele oder Geist oder wie man es nennen wollte, sondern nur noch abstraktes Dasein, ein Umstand mehr im Schwarzen Universum, in dem nichts greifbar und real schien und dennoch für Chan de Nouille war.
    Sie war ein Bestandteil des Schwarzen Universums geworden und hatte es überhaupt nicht notwendig, sich in ein eigenes Wahrnehmungsmuster zu verstricken und dabei ihren privaten Wahnsinn zu erzeugen, denn alle Wesen, die so endeten, beachteten nicht den Grundsatz, daß man mit der Natur leben muß, daß man nur in der willentlichen Anpassung ein Fundament für jede Eigeninitiative finden kann. Wer mit dem Strom schwimmt, kann im Rahmen seiner Möglichkeiten die Richtung bestimmen – nur kann er nicht mehr zurück. Es sei denn, er sucht im reißenden Strom einen Ruheplatz und läßt die Ziele, die stromaufwärts treiben, an sich vorüberziehen. Dann kann er sie einholen.
    Und jeder, der gegen den Strom schwimmt, wird rasch ermüden, sei er auch noch so stark, und wird ertrinken – an seiner eigenen Sturheit und Uneinsichtigkeit.
    Eine Vorstellung, die sie faszinierte und die sie jetzt in die Tat umsetzte, indem sie die schweigende Beobachterin spielte, sich treiben ließ und analysierte, um die Chance zu erhalten, mit den Rätseln des Schwarzen Universums vertraut zu werden, auch wenn sie letztlich nicht zu begreifen waren. Denn wenn sie damit vertraut war, konnte Sie aus jeder Illusion wieder aussteigen.
    Auch daran hatte sie nämlich gedacht: Traf sie mit einem anderen Dasein zusammen, war es möglich, daß dieses sie auf seine Illusionsebene zwang. Eine ungeheure Gefahr, der sie nur begegnen konnte, wenn sie durch Erkenntnisse den Schlüssel zur Rückkehr gewann.
    Da war die rote Sonne heran. Chan de Nouille prallte gegen sie. Dies war jedenfalls ihr Eindruck.
    Die rote Sonne war heiß. Ihre Oberfläche kochte.
    Chan de Nouille blieb passiv und schwamm auf der Glut. Mächtige Protuberanzen leckten wie Feuerzungen in das Nichts, geißelten einen schwarzen
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