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Die Terranauten 066 - Im Licht der Mördersonne

Die Terranauten 066 - Im Licht der Mördersonne

Titel: Die Terranauten 066 - Im Licht der Mördersonne
Autoren: Robert Quint
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Cloud die Orientierung.
    Rechts von ihm klebte ein Com an der durchsichtigen Wand, hinter der der Psyter quaderförmige Lagerräume erkennen konnte. Die weitläufigen Säle unterlagen nur teilweise dem bizarren Effekt. Ein Teil des Bodens war transparent und von blasenwerfenden Haufen Protomaterie übersät. Dahinter lag das vertraute Grau des Protops, und die Kisten und Container, die in langen Reihen übereinandergestapelt waren, wiesen keine Schäden auf.
    Merlin stoppte und konzentrierte sich erneut. Und obwohl danach keine Veränderung bemerkbar war, wußte Cloud, daß der Banshee ein weiteres, diesmal unsichtbares Schott beseitigt hatte.
    »Heiliger Pulsar!« gellte eine Stimme auf. »Zwei lausige Nieblanks!«
    Vor ihnen befand sich ein dünner, hochgewachsener Mann. Seine Augen waren unnatürlich geweitet und vom fiebrigen Glanz eines Kranken – oder Süchtigen – erfüllt. Der Mann war nackt und seine Haut an vielen Stellen gerötet. Mit manischer Besessenheit fingerte er dicht an seinem Körper in der Luft herum.
    »Seht ihr sie?« fragte der Fremde. Seine Stimme war hoch, fast kindlich. »Irgendwo müssen sie doch sein. Ich habe sie in die Tasche gesteckt, aber meine verdammte Kleidung ist unsichtbar geworden.«
    Cloud warf Merlin einen fragenden Blick zu, doch der Banshee wirkte nicht im geringsten besorgt darüber, daß sie von einem Einwohner Kaisergrads entdeckt worden waren.
    »Sie sind Ihnen aus der Tasche gefallen, Kirkattu«, erwiderte Merlin ruhig. »Ungefähr vierzig Zentimeter von Ihrem linken Fuß entfernt liegt die erste. Eine zweite befindet sich nur eine Handbreit daneben.«
    Der Mann, den Merlin III mit Kirkattu angeredet hatte, blinzelte verwirrt.
    »Die Knollen unterliegen ebenfalls dem Transparenzeffekt«, fügte Merlin hinzu. »Greifen Sie vorsichtig danach, sonst rollen sie Ihnen davon.«
    Zögernd gehorchte Kirkattu und tastete im Nichts. Plötzlich erhellte sich sein Gesicht. Seine Hand umklammerte einen unsichtbaren Gegenstand und führte ihn zum Mund. Es knirschte leise, als er zu kauen begann.
    »Es sind die Schmerzen«, sagte Kirkattu undeutlich. »Die verdammte Sonne hat mich halb verbrannt, und die Schmerzen sind fast unerträglich.« Er kaute und schluckte. Der fiebrige Glanz in seinen Augen linderte sich.
    Cloud empfand fast etwas wie Mitleid, als ihm die Erinnerung seines Gastkörpers Aufschluß lieferte über die rätselhafte Situation. Kirkattu war ein Süchtiger; süchtig nach den Speedknollen, die von den Lancier an den Äquatorbergen gepflanzt wurden und ihnen zu Heilzwecken dienten. Offenbar hatten die Außenweltler Gefallen an der Wirkung der amphetaminhaltigen Frucht gefunden.
    Merlin zog Scanner Cloud an dem Weißhäutigen vorbei.
    »Er wird sich an nichts erinnern«, beantwortete der Banshee Clouds stille Frage. »Dieser Zwischenfall birgt keine Gefahr für das weitere Wohlergehen unserer Gastkörper.«
    Cloud entspannte sich.
    Weiter ging ihre bizarre Reise durch Korridore, die ganz oder auch nur teilweise transparent geworden waren, vorbei an schmatzenden Fladen farbloser Protomaterie und Räumlichkeiten, deren Umrisse nur vor den Bildern an den durchsichtigen Wänden oder ihrer im scheinbaren Nichts schwebenden Einrichtung enthüllt wurden.
    Von Zeit zu Zeit trafen sie auf einen nackten Mann oder eine Frau, und alle waren sie rot wie Krebse, die man in siedendes Wasser getaucht hat, und oft gingen leise, wimmernde Laute des Schmerzes von ihnen aus.
    Cloud dachte daran, daß es bald Tag werden würde und dann das Martyrium dieser unglücklichen Menschen von neuem begann.
    Calinas lohendes Licht würde diese Menschen umbringen, wenn sie nicht schon vorher den verhängnisvollen Gewalten des Schwellenfeldgenerators zum Opfer fallen würden, dessen Gesang sich in Clouds Bewußtsein zu einem unheilvollen Chor gesteigert hatte.
    »Wir sind nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt«, informierte ihn Merlin, als sie auf das Gefunkel einer breiten, halbtransparenten Flüssigkristallstraße trafen.
    Cloud bewegte zustimmend den kahlen Schädel.
    Das Sprechen fiel ihm schwer, und er konnte nur noch verschwommen sehen. Der Kampf gegen den Einfluß der außerphysikalischen Schwingungen nahm seine ganze Kraft in Anspruch.
    Er spürte Merlins Hand an seiner Schulter und dann den Zustrom neuer Energie; der Druck um seine Schläfen mäßigte sich.
    »Danke«, flüsterte Cloud.
    Die Schreie der verletzten Menschen hatten sie auf dem letzten Teil ihres Weges ununterbrochen
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