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Die Terranauten 052 - Die Irrfahrt der Somasa

Die Terranauten 052 - Die Irrfahrt der Somasa

Titel: Die Terranauten 052 - Die Irrfahrt der Somasa
Autoren: Conrad C. Steiner
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lassen.
    Wir sahen auch die Ruine, von der der alte Glencannon berichtet hatte. Sie lag uns genau gegenüber und wurde von einem Baum überschattet, der so groß war wie kein anderer, den ich bisher auf Rorqual zu Gesicht bekam. Er war zwanzigmal so hoch wie ein großer Tulpenbaum, und sein Geäst bildete für die ganze Ruine ein schalenförmiges Dach. Wir sahen einen merkwürdigen Stelzvogel, der groß und stark genug war, um einen ausgewachsenen Menschen zu tragen. Als er uns erblickte, lief er fort; aber bald stießen wir auf einen anderen, der recht zutraulich war.
    Ich sah seltsame Blumen mit grünen Blättern und großen Löchern, langstielige Gewächse mit gelben Blütenkelchen, groß genug, daß man sich darin zum Schlafen hätte niederlegen können; ein Wasserloch, das nicht unter der Erde, sondern an der Oberfläche existierte; eine sprudelnde, heiße Quelle, auf der man sich hätte eine warme Mahlzeit kochen können. Das Tal war wunderschön, und ich frage mich heute, wieso ich dies damals nicht verstand und ich überhaupt von dem Wunsch getrieben wurde, so schnell wie möglich wieder von dort fortzugehen.
    Die Aufständischen und ihre Freunde waren nicht weniger überrascht als ich, denn auch sie hatten so etwas noch nie gesehen. Je näher wir der alten Ruine kamen, desto öfter begegneten uns die langhalsigen, kammbewehrten Vögel mit dem weißen Gefieder. Sie schienen uns einer kritischen Prüfung zu unterziehen, denn mir war, als blickten sie uns aus intelligenten Augen an. Dies war natürlich ein Trugschluß, aber in dem Zustand der Erschöpfung, an dem wir alle litten, waren wir bereit, nahezu alles zu glauben.
    Wir waren so müde, daß wir uns vor dem Eingang der Ruine einfach auf den Boden fallen ließen. Die Dunkelheit, die sich langsam auf uns hinabsenkte, schien aus Leben zu bestehen. Ich war davon überzeugt, überall um mich herum ein leises, elfenhaftes Gewisper zu vernehmen. Silberne, leuchtende Schemen schwebten durch die Luft; ich sah schillernde Sphären und bunte Lichtsäulen zum Himmel aufsteigen, und dann erklang eine beinahe geisterhaft anmutende Musik, die wirklich dazu angetan war, jeden einzelnen von uns zu verzaubern.
    Ich weiß nicht mehr genau, was damals mit mir geschah, aber plötzlich packte mich schieres Entsetzen. Ich hatte panische Angst vor dem Fremden, dem Unbekannten. Ich erinnerte mich daran, daß die Aufständischen mit fremden Rassen zusammenarbeiteten und deren Hilfe annahmen, um gegen ihr eigenes Volk vorzugehen. Der Gedanke allein genügte, um einen solch starken Abscheu in mir hervorzurufen, daß ich davon überzeugt war, sie seien abgrundtief schlecht und ich der einzig Aufrechte unter ihnen.
    Wie närrisch war ich doch! Wie stark hatte man mir eingehämmert, für das Bestehende zu sein und nur denen zu vertrauen, die die Macht hatten. Ich wußte nicht einmal, wieviel davon für die Menschheit abhing, daß David terGorden sein Ziel erreichte. Ich wußte nur, daß fremde Intelligenzen meinem Volk ein Ultimatum gestellt hatten, von dem ich sicher war, daß es den Interessen des Konzils schadete. Ich war ein stolzer Mann damals und wollte mein Volk nicht beleidigen lassen. Ohne zu begreifen, daß ich in den Händen der Mächtigen nur ein williges, kleines Werkzeug war, um dessen Schicksal sich niemand scherte, glaubte ich mit tiefster Inbrunst an die Gerechtigkeit meines Tuns und wartete nur noch auf den Zeitpunkt, an dem ich den verhaßten Feind meiner Auftraggeber töten und ihm das entreißen konnte, von dem möglicherweise die gesamte Zukunft derjenigen abhing, deren Weltanschauung ich so leichtfertig zu meiner eigenen gemacht hatte.
     
    *
     
    Während seine Begleiter vor der Ruine im Gras lagen und erschöpft nach Atem rangen, wurde David terGorden von einem seltsamen Gefühl gepackt. Trotz seines schmerzenden Kopfes sah er sich plötzlich dem Zwang ausgesetzt weiterzugehen. Er wurde den Eindruck nicht los, daß ihn jemand erwartete. Das wogende Gras (Komisch, daß ich es violett in Erinnerung habe, dachte er) raschelte leise. David musterte die vereinzelten, baumähnlichen Sträucher, an denen er vorbeikam, und nahm wahr, daß sie sanft leuchteten. Sie erinnerten ihn daran, daß er schon einmal hiergewesen war. Aber wann? Ihm kam es vor wie in einem anderen Leben … Eine andere Dimension? Er hatte sich in einem mit Worten kaum wiederzugebenden, tranceähnlichen Zustand befunden. Yggdrasil hatte ihn hierherversetzt, um den kostbaren Samen dem Zugriff des
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