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Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit

Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit

Titel: Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit
Autoren: Eva Christoff
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gefesselt, in dem meine Wurzeln Nahrung finden.«
    »Du hast gesagt, daß du als Bittender zu mir kommst. Deine Kraft muß aber viel größer sein als die meine. Wozu also brauchst du mich?«
    »Du sollst mein Vermittler sein. Die Menschen gebrauchen mein Geschenk – die Misteln –, aber sie gebrauchen es wie ein Spielzeug. Es gelang mir nicht, mich ihnen verständlich zu machen. Sie sind Kinder trotz der Tausende von Jahren, die sie schon auf der Erde leben. Und wie Kinder beginnen sie nun trotz der Misteln, an der Grenze zum anderen Raum zu rütteln. Ich schenkte ihnen einen sicheren Weg zu den Sternen, aber das ist ihnen nicht genug. Sie beginnen, das kosmische Gleichgewicht zu stören, und meine Kräfte reichen bald nicht mehr aus, sie zu schützen.«
    Merlin lauschte den Gedanken nach. Er fühlte, daß Yggdrasil etwas vor ihm zurückhielt, etwas Entscheidendes.
    »Du hast recht. Es fällt mir nicht leicht, es einzugestehen, aber ich habe einen Fehler gemacht. Obwohl ich die Geschichte der Menschheit kannte – ihre Zerstörungswut, ihre Machtgier, ihre Intoleranz gegenüber allem Unbekannten, gab ich ihnen die Möglichkeit, andere Planeten zu erreichen. Ich hätte wissen müssen, daß sie auch dort ihren primitiven Instinkten folgen würden. Meine Schuld wächst mit jedem Tag, und ich brauche ein Mitglied ihrer eigenen Rasse, durch das ich mit ihnen sprechen kann, um ihnen verständlich zu machen, daß sie einen falschen Weg beschreiten. Du sollst mein Mittler sein, meine Stimme.«
    Merlin zuckte zurück. »Ich habe die Erfahrung gemacht«, sagte er bitter, »daß mit den Menschen nicht zu reden ist. Sie werden ewig Kinder bleiben.«
    »Nicht alle sind so«, antwortete Yggdrasil. »Deine Aufgabe wird es sein, die anderen zu finden. Die Menschen, die die Fähigkeit haben, durch Gedanken miteinander zu sprechen. Die Menschen, die toleranter und weitsichtiger sind. Du mußt sie zusammensuchen und zusammenhalten. Wirst du das tun?«
    Merlins Gedanken jagten sich in einem fruchtlosen Kreis von Ja und Nein. Er wußte, daß es keinen Sinn hatte abzuwägen und nachzudenken. Die Frage, die Yggdrasil an ihn gestellt hatte, konnte nicht mit dem Verstand, sondern nur aus dem Gefühl heraus entschieden werden.
    »Ja«, sagte er und war selbst überrascht.
    Das Gefühl der Erleichterung, das von dem Weltenbaum ausging, war nicht mißzuverstehen.
    »Dein Körper ist gefangen«, erklärte Yggdrasil. »Der Bann, der darauf liegt, ist schwach geworden, ich kann ihn brechen. Du bist ein Wanderer durch die Zeit, das macht es einfach für mich. Einen anderen Menschen hätte, ich durch die gesamte Entwicklung der Menschheit führen müssen, aber dein Geist wird es verkraften, wenn du zwei Jahrtausende nach deiner eigenen Gegenwart in einer neuen Welt erwachst.«
    »Nein!« schrien Merlins Gedanken. »Ich werde es nicht ertragen können! Wo bleiben meine grünen Wiesen, die Wälder, die Burgen, die Menschen, die meine Freunde waren?«
    »Wäre es dir lieber, nie mehr die Erde zu sehen? Als Schatten durch Weltraum II zu wandern oder traumlos in deiner Höhle zu liegen, bis die Zeit auch deinen Geist auslöscht? Du wirst neue Freunde finden.«
    Merlin setzte sich zur Wehr, wandte all seine Kräfte auf, aber das gewaltige Bedürfnis nach Ruhe, das sein Bewußtsein erfüllte, war unwiderstehlich. Er sank in weiches Nichts, das ihn einhüllte und forttrug.
     
    *
     
    Davids Erwachen war langsam und qualvoll. Es kam ihm vor, als müsse er sich durch einen Zeitraum von Jahrtausenden wie durch einen Fluß aus Lehm hindurcharbeiten. Er wollte sich an den Kopf greifen, der furchtbar schmerzte, aber er konnte nicht. Der Schmerz hatte nichts mit seinem Körper zu tun. Denn er hatte keinen Körper. Er konnte Merlin sehen, der vor ihm stand, aber durch die Gestalt des alten Mannes hindurch erkannte er die Berge, die Ödrödir einschlossen, und die Treppe, die zu der Höhle hinaufführte, die Merlin während seiner Zeit in Grönland bewohnt hatte.
    »Ich gebe einen Teil von dir frei«, sagte Merlin, ohne daß seine Lippen sich bewegten. »Du wirst mit mir verbunden bleiben, aber du wirst mehr sehen, als wenn du mit meinem Körper verbunden wärest. Du befindest dich in der Vergangenheit, als du noch nicht geboren warst. Du wirst erfahren, was ich selber sah und hörte, was im Traum zu mir kam und was ich von anderen Menschen erfuhr. Alles das wird sich für dich zu einer Einheit zusammenschließen. Es werden Dinge darunter sein, die dich
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