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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ließ die Hand wieder sinken, und Horace drehte sie mit sanfter Gewalt zu sich herum und sah ihr ernst ins Gesicht. Hatte er etwas gemerkt?
    »Unter all diesem Blut und Schmutz verbirgt sich noch ein sehr junger Mann, habe ich recht?« fragte er. Robin schwieg, und Horace wurde noch ernster und fuhr mit leiser, teilnahmsvoller Stimme fort: »Es war Euer erster Kampf, habe ich recht? Bisher habt Ihr Eure Klingen nur mit Euren Brüdern gekreuzt.«
    Robin nickte. Sie schwieg noch immer.
    »Ihr braucht Euch Eurer Gefühle nicht zu schämen«, sagte Horace mit einem verzeihenden Lächeln. »Ihr habt nun Blut an den Händen, und Ihr fragt Euch, ob Ihr damit Schuld auf Eure Seele geladen habt, denn Gott der Herr sagt, du sollst nicht töten. Ich kenne diese Gedanken. Ich selbst habe mir diese Frage immer und immer wieder gestellt, und es hat lange gedauert, bis ich eine Antwort gefunden habe.«
    »Und wie lautet sie?« murmelte Robin.
    Horace schüttelte leicht den Kopf. »Ein jeder muß diese Frage für sich selbst beantworten«, sagte er. »Du mußt beten, Bruder. Vielleicht wird dir im Zwiegespräch mit Gott offenbar, was ich dir nicht sagen kann.« Er lächelte aufmunternd. »Aber bedenke dies: Es ist nicht Gottes Wille, daß wir einander töten. Aber es kann auch nicht sein Wille sein, daß wir tatenlos zusehen, wie andere getötet werden. Ohne dein Eingreifen hätte keiner von uns überlebt.«
    »Das war ich nicht allein.« Robin wandte sich vollends um, damit sie den Ausdruck schrecklicher Überraschung in Jeromés Augen nicht mehr sehen mußte. »Ohne Salim hätte ich es nicht geschafft. Er hat sie abgelenkt, damit ich die Tür öffnen konnte.«
    »Ach ja, der Sarazene«, sagte Horace. Er lachte, aber es klang irgendwie … falsch. »Wer hätte gedacht, daß ausgerechnet ich mein Leben einmal einem Muselmanen verdanken sollte. Sind Gottes Wege nicht manchmal rätselhaft? Wäre es nicht Häresie, so könnte man glauben, daß er über einen subtilen Humor verfugt, nicht wahr?«
    »Das… könnte man«, antwortete Robin vorsichtig. »Aber es steht uns nicht zu, über seine Ratschlüsse zu urteilen.«
    »Gewiß nicht«, bestätigte Horace. Er gab sich einen Ruck und wechselte das Thema. »Wo ist der Sklave überhaupt?«
    Ein jäher Schrecken durchfuhr Robin. Sie hatte Salim schon eine geraume Weile nicht mehr gesehen. Was, wenn auch er verwundet oder gar getötet worden war?
    Sie fand jedoch nicht einmal Zeit, den Gedanken weiter zu verfolgen, denn gerade in diesem Moment trat Salim auf Shalimas Rücken aus dem Wald heraus. Eine reglose Gestalt lag quer vor ihm über dem Sattel. Robin, Horace und die anderen Tempelritter eilten ihm entgegen. Salim glitt mit einer lautlosen Bewegung aus dem Sattel und wartete, bis sie heran waren, ehe er zusammen mit einem der anderen Templer den reglosen Körper von Shalimas Rücken hob und vorsichtig ins Gras bettete. Horace sog scharf die Luft ein, als er das Gesicht des Mannes sah. »Gernot! Das ist doch… Gernot von Elmstatt!« Er fuhr herum und wandte sich mit zornig blitzenden Augen an Salim. Seine Hand klatschte auf den Schwert-griff. »Was hast du ihm angetan, Heide?«
    »Ich habe ihn im Wald gefunden«, antwortete Salim ruhig, »nicht weit von hier. Sie haben ihn gefoltert - zweifellos, um Euren Treffpunkt aus ihm herauszupressen.«
    Gernot stöhnte leise, als wolle er etwas dazu sagen. Sein Gesicht war verschwollen, und er blutete aus verschiedenen, tiefen Schnittwunden, die nicht so aussahen, als stammten sie von einem Schwertkampf. Seine Hände waren mit einem groben Strick zusammengebunden. Als Salim sich zu ihm hinunterbeugte, um seine Fesseln zu durchtrennen, öffnete er die Augen und versuchte etwas zu sagen. Es gelang ihm nicht. Blut lief aus seinem Mund.
    »Versucht nicht zu reden, Herr!« sagte Salim. »Ich werde ihnen alles erklären.« Er stand auf und wandte sich wieder an Horace.
    »Er hat mir alles erzählt, aber es ging wohl über seine Kräfte. Sie haben ihm übel mitgespielt. Darf ich fortfahren?«
    Für Horace schien das gar nicht so selbstverständlich zu sein, denn er zögerte einen fühlbaren Augenblick, ehe er sich zu einem Nicken durchdrang.
    »Gernot bekam Kunde von einem geplanten Hinterhalt, der Euch galt«, fuhr Salim fort. »Er brach auf, um Euch zu warnen, aber er fiel den Verrätern in die Hände. Hätte ich ihn nicht gefunden, so wäre er jämmerlich verblutet.«
    »Ist das wahr?« fragte Horace.
    Gernot nickte und rang sich eine Bewegung ab,
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