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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Autoren: Hans-Werner Sinn
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Clearing-Portfolio der Fed an die Notenbanken der Überschuss-Distrikte abtraten.
    Einzig im April des Jahres 2011 ist demgegenüber nichts Wesentliches passiert. Das liegt, wie man hört, daran, dass das Federal Reserve Board beschloss, die Tilgung ein Jahr auszusetzen. Umso größer war freilich der Rückgang der Refinanzierungskredite der defizitären District Feds vor dem April 2012 und die tatsächliche Tilgung in diesem Monat. Am aktuellen Rand, im Juli 2012, lag deshalb die Brutto-Summe der ISA-Salden in den USA nur noch bei 0,3 % des BIP oder 39 Milliarden Dollar.
    Abbildung 12.1:
Target- und ISA-Salden* als Anteil des BIP der Eurozone beziehungsweise der USA (Januar 2003 – Juli 2012)

    * Summe der Brutto-Target-Forderungen beziehungsweise Summe der Brutto-ISA-Forderungen der Notenbanken des Euro- beziehungsweise Fed-Systems.
    Hinweis: Die Daten entsprechen dem Kenntnisstand vom August 2012. Da die Länder ihre Target-Salden zu unterschiedlichen Zeitpunkten veröffentlichen, ist die Datenlage am aktuellen Rand noch etwas uneinheitlich. Die Daten für den Brutto-Saldo der Eurozone umfassen die Überschussländer, also Deutschland (Juli 2012), die Niederlande (Juni), Finnland (Mai) und Luxemburg (Mai).
    Quelle: siehe Abbildung 6.3 .
    Wie anders ist doch die Situation in Europa! In der Eurozone, dargestellt durch die rote Kurve, lag die Brutto-Summe der Target-Salden bis zur Finanzkrise bei 1 % des BIP, stieg dann mit dem Beginn der Krise im Jahr 2007 fortlaufend an, erreichte im Jahr 2010 ein Zwischenplateau von etwa 5 % und schoss anschließend raketenhaft hoch auf mittlerweile 11 % des Eurozonen-BIP oder 1035 Milliarden Euro. Der Löwenanteil dieser Target-Forderungen entfällt, wie schon in Abbildung 6.3 gezeigt wurde, mit 727 Milliarden Euro auf Deutschland. Auf der anderen Seite der Bilanz steht Spanien mit 423 Milliarden Euro Target-Schulden vorn, gefolgt von Italien mit 278 Milliarden Euro.
    Hinter dem raketenhaften Anstieg der Target-Kurve steckt die riesige Umschichtung der Ersparnisse der Deutschen von fungiblen marktfähigen Anlagen, die man im Alter bei Bedarf verbrauchen möchte, zu bloßen Verrechnungssalden, die Deutschland niemals fällig stellen kann und die durch die Inflation allmählich verdampfen, wie es in Kapitel 7 beschrieben wurde (Abschnitt Die Umwidmung der deutschen Ersparnisse ).
    Der Vergleich mit den USA zeigt den Konstruktionsfehler des Eurosystems in aller Deutlichkeit auf. Wenn man ein System schafft, in dem für die schwachen Länder unbegrenzte Geldbeträge im Schaufenster des Währungssystems liegen, dann wird zwar ein Maximum an Vertrauen erzeugt, das die Kapitalmärkte stabilisiert und Zinsunterschiede zwischen den Regionen minimiert. Aber genau deswegen werden die Volkswirtschaften destabilisiert, indem sie zur übermäßigen Kreditaufnahme angeregt werden. Das führt zur inflationären Überhitzung, zu riesigen Außenhandelsungleichgewichten und zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, bis die Außenschulden dann so groß werden, dass Kapitalmärkte eine Sprengung der Systemgrenzen erwarten, sich zurückziehen und die vom Kredit abhängigen Volkswirtschaften das Geld aus dem Schaufenster nehmen. Das Geld, das genommen wurde, wird durch die rote Kurve verdeutlicht.
    Es ist eben nicht richtig, den Kapitalmärkten durch künstliche Schutzvorrichtungen wie eine unbegrenzte Geldmenge im Schaufenster oder eine unbegrenzte Feuerkraft der Notenbank ein Maximum an Vertrauen zu geben. Vielmehr lebt das kapitalistische System vom gesunden Misstrauen der Anleger, von der dauernden Vorsicht derer, die Angst haben, ihr Geld zu verlieren. Die Möglichkeit, das eingesetzte Geld zu verlieren, darf man den Märkten nie nehmen, sonst geraten sie außer Rand und Band, und man verliert die Kontrolle – wie der Fahrer eines Autos, das ohne Bremsen den Berg hinunterrollt.
    Man hat mir entgegengehalten, Maßnahmen zur Begrenzung der Target-Salden könne man nicht ergreifen, weil dann das Eurosystem kollabieren würde. Die Salden seien geradezu nötig für einen reibungslosen Zahlungsverkehr, und deswegen müsse alles so bleiben, wie es ist. Wenn diese Auffassung richtig wäre, dürften die USA gar nicht existieren und hätten schon lange kollabieren müssen.
    In Wahrheit existiert das Geldsystem der USA nun schon so lange wie die USA, weil es die Möglichkeit der Selbstbedienung durch Target-Salden und auch gemeinschaftliche Anleihen der Bundesstaaten nicht kennt: eben weil es harte
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