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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
Autoren: Carl Hanser Verlag
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war sich allerdings im Klaren darüber, dass die herrliche Wirkung des Gelb ziemlich schnell in ihr Gegenteil umkippen kann: Wird das Gelb beschmutzt, schreibt Goethe, oder tritt es auf unreinen oder unedlen Oberflächen auf, entsteht sogleich eine unangenehme Wirkung: »Durch eine geringe und unmerkliche Bewegung wird der schöne Eindruck des Feuers und Goldes in die Empfindung des Kotigen verwandelt, und die Farbe der Ehre und Wonne zur Farbe der Schande, des Abscheus und Mißbehagens umgekehrt.« Zum Beispiel fällt nach Goethe das Gelb-Grün unter die »charakterlosen Zusammenstellungen« und hat etwas »Gemein-Heiteres«.
    So gerne ich in diese Antigelb-Tiraden einstimme und mich zumindest in dieser Sache bereitwillig auf Goethes Seite schlage – während ich es ja sonst eher mit Schiller halte, so wie ich auch der Meinung bin, dass man es mit den Stones halten muss und nicht mit den Beatles –, aber bei seiner Verdammung des Gelb-Grün irrt Goethe leider.
    Sie kommen in Ihrem Garten gar nicht ohne Alchemilla mollis aus, den Frauenmantel. Hatte ich das schon erwähnt? Dann eben jetzt: Alchemilla steht wunderbar neben blauem und blaurotem Geranium, es wäre unsinnig, darauf zu verzichten. Und Alchemilla blüht nun einmal in einem frischen, klaren, selbstbewussten Gelb-Grün. Keine Ahnung, was Goethe daran gestört haben mag. Gerade dieses Gelb-Grün, das etwas Fruchtdropsartiges hat, so dass man solche Blumen eigentlich in den Mund nehmen möchte, kommt gar nicht so selten vor: Eranthis hyemalis zum Beispiel, der Winterling, sieht so aus. Ein wirklich hübscher Frühjahrsblüher, der oft schon im Februar unterwegs ist. Und auch eine Reihe von Funkien sind so gefärbt: gelb-grün. Bei den Funkien allerdings geht mir das Gelb gleich wieder auf die Nerven. Die Gelbe Grünrandfunkie Hosta fortunei ‘Gold Standard’ oder die Grüne Goldrandfunkie H. fortunei ‘Aureomarginata’– alles ziemlich scheußliche und spießige Pflanzen, da wird es glatt zur Nebensache, dass diese Pflanzen offenbar von einem sadistischen Botaniker in voller Absicht so benannt worden sind, dass man sie zumindest nach ihren deutschen Namen auf keinen Fall auseinanderhalten kann. Die gelbe Farbe will diesen Pflanzen einfach nicht stehen und es wird noch schlimmer dadurch, dass Blatt und Blattrand dieser Funkiensorten, wie ihr Name nahelegt, unterschiedlich gefärbt sind. Bei H. fortunei ‘Albomarginata’ ist der Rand wenigstens weiß, das geht gerade noch. Aber die gelben Funkien können mir glatt gestohlen bleiben. Eine Einschränkung will ich machen: die Blaue Gelbrandgartenfunkie Hosta sieboldiana ‘Frances Williams’ ist in Wahrheit eine sehr schöne Pflanze. Ihre Blätter sind in der Mitte vom gleichen Graublau, das auch die Sieboldiana-Funkien tragen, außen sind sie gelb-grün gerändert, so dass vor allem diese Funkie geradezu perfekt neben Alchemilla steht. Sie ist außerdem groß und kräftig.
     
    Funkien sind ungeheuer artenreich, vielseitig und wunderschön, ebenso wie Geranium und Hortensie. Sie bilden, gemeinsam mit dem Geranium, gewissermaßen das Rückgrat meines Gartens: es gibt sie in allen Größen und Formen und Farben, sie brauchen nicht viel Licht, einen einigermaßen lockeren Boden und wollen allerdings anständig gegossen werden.
     
    Es ist ein Erbe aus den Bergen Asiens, dass die Funkien im Winter ihren Schlaf benötigen. Hierzulande ist das kein Problem, da selbst am Bodensee in den dunklen Monaten Dezember und Januar die Natur zum Erliegen kommt. Jenseits der Alpen sieht das anders aus. Und in Amerika, wo die Funkie inzwischen die häufigste Gartenstaude überhaupt ist, sowieso. Ohne Winterschlaf stirbt die Pflanze. Das sind die Gene. Wann sie sich zur Ruhe begibt, hängt dagegen von den Bedingungen ab. Wann sie blüht, wiederum von den Genen. Das kann bei manchen Standorten zum Problem werden. Die späten Funkien wie Hosta kikutii oder H. ‘Tardiflora’, die erst im Oktober oder gar November blühen, sind für unsere Breiten nicht geeignet, da Blütezeit und Ruhezeit zu dicht beieinander liegen und sich im ungünstigen Fall überlappen. Normalerweise blühen die verschiedenen Funkiensorten bei uns zwischen Juni und September, wobei es keine Art gibt, deren Blütezeit länger als drei Monate währt. Funkien blühen weiß oder lilafarben, die Dolden sehen sehr hübsch aus. Aber deswegen pflanzt man keine Funkien. Sondern wegen der Blätter. Sie sind wunderbar geformt, haben eine kräftige Struktur,
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