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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin
Autoren: Petra Hammesfahr
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geboren.
    Sie lächelte mich an. Mir war ein bisschen schwindlig vom Sekt, den Gedanken und den Gefühlen. Mir war so schwer im Innern, so elend. Wir hatte sie gesagt. Und das hieß: Ich sollte noch einmal zum «Aladin» fahren. Ich sollte sie allein lassen mit ihrem Elend, ihren Gedanken und ihren Gefühlen.
    «Das geht nicht», sagte ich. «Du hast doch Geburtstag.»
    «Und genau deshalb wird es gehen», widersprach sie sanft. «Es muss gehen. Du hilfst mir jetzt beim Aufstehen, und   …»
    Da begriff ich erst, was sie wirklich meinte. «Du bist verrückt», sagte ich. Sie war in der Woche kaum aus dem Bett gekommen. Nicht einmal zum Essen war sie unten gewesen. Und im Bad auch nur selten, dreimal auf dem Klo. Gewaschen hatte ich sie im Bett, ihr fürs Zähneputzen eine Schüssel hingehalten. Sie konnte nicht aufstehen, auch nicht, wenn ich ihr dabei half. Es war unmöglich.
    Das sah sie anders. Und sie konnte sehr energisch werden, wenn sie etwas erreichen wollte. «Mach kein Theater, Cora. Wenn ich dir sage, es geht, dann geht es. Ich habe die ganze Woche geruht, es geht mir blendend. Weißt du, dass ich schon wieder ein bisschen zugenommen habe? Schau dir meine Beine an. Wenn ich nicht aufpasse, werde ich noch fett. Es geht mir wirklich gut. Ich sage das nicht nur so. Ich machedoch nicht solch einen Vorschlag, wenn ich weiß, dass es unmöglich ist.»
    Sie kniff misstrauisch die Augen zusammen. «Oder gönnst du es mir nicht? Das da draußen ist dein Revier, nicht wahr? Ich habe gefälligst im Bett zu bleiben.»
    «Das ist nicht wahr.»
    «Es sieht aber so aus. Oder hast du Schiss? Den brauchst du nicht haben. Ich weiß, was ich mir zutrauen kann.» Sie lachte leise. «Wir haben Zeit. Wir müssen nicht hetzen. Wenn dein Johnny es ernst gemeint hat, wird er warten. Dann ist er auch um zwölf noch da. Du hilfst mir jetzt beim Anziehen, schmierst mir ein bisschen Farbe ins Gesicht und lackierst mir die Nägel. Das können wir zum Schluss machen. Sie können während der Fahrt trocknen.»
    «Das geht nicht», sagte ich noch einmal.
    Und Magdalena widersprach erneut. «Und ob es geht. Wenn wir nach Amerika wollen, muss es auch gehen. Das ist die gleiche Situation. Du musst mir nur die Treppe hinunterhelfen. Im Auto kann ich schon wieder sitzen. In der Disco kann ich auch sitzen. Die paar Schritte über den Parkplatz schaffe ich leicht. Ich setze mich in eine Ecke und schaue zu, wie du mit Johnny tanzt.»
    Sie merkte, dass ich nicht wollte, und sagte: «Nein! Ich will dir nicht zuschauen. Es ist dein Abend. Ich setze mich einfach zu seinem Freund. Du hast doch gesagt, er hatte einen Freund dabei. Wie ist er denn? Sein Freund, meine ich.»
    «Ganz nett», log ich. «Ein lustiger Typ. Er nennt sich Tiger.» Dass er sich ausgerechnet an dem Abend zum ersten Mal ein Mädchen geangelt hatte, hatte ich bis dahin nicht erwähnt. Auch jetzt verschwieg ich das lieber.
    «Klingt gut.» Magdalena grinste spöttisch. «Hat er auch Streifen und einen langen Schwanz?»
    Wir lachten beide. «Weiß ich nicht», sagte ich. «Ich habe ihn noch nicht ohne Hemd und Hose gesehen.»
    Sie lachte immer noch. «Ich kann ja mal nachschauen, wenn du mit Johnny verschwindest.» Sie schaute mich mit schief gelegtem Kopf von unten an. «Du wirst sehen, es ist phantastisch. Es wird dir gefallen, das weiß ich.»
    Ich wollte immer noch nicht. Aber was sie über Amerika gesagt hatte, da hatte sie Recht. Und da dachte ich eben, es könnte ein Test sein, bei dem wir in der Nähe blieben.
     
    Sie wollte meine dunkelblaue Satinbluse und den weißen Rock mit dem Zipfelsaum anziehen. Der Rock war fast durchsichtig, ihre Beine schimmerten durch die Spitze. Sie hatte wirklich zugenommen, ihre Beine waren schlank, aber nicht mehr dünn.
    Während ich ihr beim Anziehen half, meinte sie: «Ich kriege die Zeit schon rum, bis du zurückkommst. Genieß es, Schatz. Das werde ich auch tun. Ich in der Disco, weißt du, wie lange ich mir das schon wünsche? Ich hätte nie gedacht, dass ich es in diesem Jahr noch schaffe. Himmel, das wird ein Geburtstag!»
    Für ihre Nägel wollte sie einen dunkelroten Lack, damit man nicht sah, wie blau sie waren. Im Auto fragte sie mich dann, wie viel Geld wir nun wirklich hätten.
    «Nur dreißigtausend», sagte ich. «Nicht neunzig. Es tut mir Leid.»
    Sie zuckte mit den Schultern. «Dreißig ist aber auch ein hübsches Sümmchen. Wie hast du die denn zusammenbekommen?»
    Diesmal zuckte ich mit den Schultern. «Gespart. Immer
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