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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena
Autoren: Brigitte Riebe
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Dann aber machte er eine Bewegung, die Züge veränderten sich, und nun leuchtete das Kerzenlicht in eine wahre Fratze.
    »Er hat sie dir gar nicht gezeigt, dein windiger Maler?«, fragte er. »Schade – denn damit hat er das Beste, was er besaß, sehr eigennützig für sich behalten. Ich hab sie in seinem Haus gefunden, aus einem lächerlichen Versteck, das ich natürlich gleich entdeckt habe. Ist es nicht rührend, dass ausgerechnet er zu unserem ewigen Glück beitragen wird?«
    Aus verschiedenen Krügen goss er seltsame Flüssigkeiten in das Glasgefäß, und sie sah, wie die Farbe schließlich rötlich glühte, um dann fast ins Bläuliche umzuschlagen.
    »Willst du gar nicht wissen, warum ich es getan habe? Der erste Kleine musste sterben, um dich zu bestrafen. Sie sollten dich verdächtigen, so hatte ich es mir vorgestellt. Niemand verlässt einen Lupo di Cecco – sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt! Leo war dabei nichts als mein Werkzeug, ein äußerst nützliches Werkzeug, bevor es zu reden begann. Das war auch der Fehler der kleinen Idiotin. Sie hatte ihn gesehen: ihr Todesurteil.« Er redete immer schneller. »Deine kleine Hurenschwester stand nicht auf meiner Liste. Leo muss da etwas durcheinandergebracht haben, obwohl die Idee gar nicht übel war …«
    »Schweig!«, schrie Gemma. »Halt endlich deinen bösen, sündigen Mund!«
    »Die Sünderin bist du, tesoro . Damit wir uns da richtig verstehen. Und dafür werde ich dich hart bestrafen …« Er wandte sich wieder dem Gefäß zu. »Bist du denn gar nicht neugierig, woraus das Elixier besteht? Zinnober, rotes Quecksilber, Gold, Soma und Salz, sehr viel Salz, das wird das Trinken etwas schwierig machen. Und Geduld musst du haben, Gemma, sehr viel Geduld. Haare können ausfallen, die Zähne sich lockern. Vielleicht bleibt sogar das Herz stehen. Doch das sind vorübergehende Zustände. Alles dreht sich um, neues Leben schießt ein.«
    Er schaute wieder konzentriert auf die Pergamentblätter.
    »So jedenfalls steht es hier geschrieben. Das Herz beginnt zu schlagen, die Haare wachsen wieder nach, die Haut wird jung und straff …«
    »Du bist wahnsinnig!«, flüsterte sie. »Lass mich mit deinem Teufelszeug in Frieden!«
    »Diesen Gefallen werde ich dir leider nicht erweisen können«, sagte Lupo. »Unsere Reise ist lang, und wir beide gehen sie Hand in Hand.«

    ❦

    Wie nur sollte er in dieses verdammte Haus gelangen?
    Matteo stand vor dem Gebäude und wusste nicht mehr weiter. Alle Fenster im ersten Stock waren hell erleuchtet wie bei einem Fest, doch sie waren geschlossen. Alle Türen fest verriegelt, nirgendwo auch nur die kleinste Ritze, durch die er hätte schlüpfen können. Er sah sich um, zunehmend verzweifelt. Wie hatte er nur zu glauben vermocht, so einfach hier eindringen zu können?
    Schließlich packte er in seiner Not den eisernen Klopfer und ließ ihn voller Wut mehrmals gegen das Holz krachen. Zuerst geschah eine ganze Weile nichts, schließlich aber öffnete sich die Türe, und er sah sich Lupo di Cecco gegenüber.
    »Du?« Der Hausherr packte ihn grob am Ärmel, zog ihn hinein und zielte dabei mit einem Dolch auf seinen Hals. Matteo war zunächst perplex, doch schnell kehrte seine Reaktionsfähigkeit zurück. Er tat, als würde er stolpern, und schlüpfte dabei aus seinem Schuh, den er in die Türe schob, bevor sie wieder ins Schloss fallen konnte.
    Lupo, der nichts bemerkt hatte, trieb ihn mit teufli
    schem Grinsen durch die Halle, dann die Treppe hinauf bis in den Raum, in dem sich Gemma befand.
    »Er möchte uns Gesellschaft leisten!«, rief er. »Warum auch nicht? Es ist genug für uns drei da.«
    »Was hat er mit dir gemacht, mein Herz?«, fragte Matteo. »Hat er dich verletzt?«
    Gemma schüttelte den Kopf. »Aber er wird uns töten«, sagte sie. »Er sagt, du hättest ihm die Grundlagen dazu geliefert.«
    Der Tisch, die Pergamente, das Glasgefäß. Matteo konnte kaum glauben, was er hier zu sehen bekam.
    »Du hast mir die Aufzeichnungen gestohlen«, schrie Matteo. »Aus meinem Haus. Dafür sollst du büßen!«
    Er griff in sein Wams, um Linas Messer herauszuziehen, Lupo aber war um vieles schneller. Seine Klinge fuhr dem Maler über die linke Hand. Das Blut floss aus einem langen geraden Schnitt.
    »Das nächste Mal ist es deine Rechte«, sagte Lupo, als Matteo vor Schmerz aufschrie. »Obwohl sie dir in der Hölle ohnehin nicht mehr viel nützen wird. Aber es macht Spaß, dich schreien zu hören, bevor das Elixier des Lebens
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