Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
ihn vor den Mauern des Klosters anzutreffen. Damals. Ich war mit meinen Gedanken woanders. Und bis eben schien es mir auch nicht besonders wichtig.«
    »Das ist aber wohl wichtig. Ungeheuer wichtig, Ivo. Denn das würde die Theorie von Frau Almut bestätigen, er habe zumindest versucht, die Leiche aus dem Kloster zu bringen. Und der Kopf war dabei wichtiger als der Korpus. Ihn hat er nicht mehr hinausgeschafft...«
    »Kein Wunder, denn als ich zurückkam, war es bald Zeit für die Laudes, bei der er dich vertreten musste, Theo.«
    »Das ist schlüssig und weist auf seine Schuld«, nickte Theodoricus. Und bedächtig zitierte er: »'Wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.‹«
    »Sagt Jakobus. Richtig, Vater Abt.«
    Theodoricus starrte Almut einen Moment irritiert an, dann fasste er sich und forderte: »Und nun zu dem Kind, Frau Almut. Erzählt uns, welchen Gedankengang Ihr hierfür verfolgt. Euer erster war alles andere als absurd.«
    »Mh, der, der mir zu dem Kind einfällt, ist dennoch etwas abwegiger, glaube ich. Aber Herr Gero hat mir berichtet, Ihr hättet gestern mit Meister Krudener schon einmal über Dämonen gesprochen.«
    »Meister Krudener war hier?«, fuhr Pater Ivo auf und sackte wieder mit schmerzlich verzogener Miene in den Sessel zurück.
    »Habt Ihr nicht vor kurzem erkannt, wie schädlich solche Bewegungen für Euch sind, Pater? Ein wenig Gleichmut sollte Euch das schon lehren!«
    »Begine! Versucht nicht, mich zu belehren!«
    »Wenn nicht ich, dann Jakobus, Pater, der da sagt: 'Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.‹ Ich füge nur hinzu, auch langsam im Aufspringen...«
    »Ach!«, seufzte der Benediktiner. »Welch wahre Worte birgt das Buch der Bücher. Denn heißt es nicht auch: 'Die Geißel macht Striemen; aber die Zunge zerschmettert die Knochen.‹?«
    Almut fuhr ihrerseits auf und fauchte: »Pater Ivo, dasist gänzlich gegen die Spielregeln! Das hat Sirach gesagt, aber wir zitierten bislang ausschließlich den Brief des Jakobus.«
    »Verzeiht, aber es schien mir so ungemein passend! Doch wenn es Euch lieber ist, biete ich Euch folgende weisen Worte, Begine: ›So ist auch die Zunge nur ein kleines Glied und richtet große Dinge an!'«
    »›Das ist nicht Weisheit, die von oben herabkommt, sondern sie ist irdisch, niedrig und teuflisch!' Das hat er auch gesagt!«
    Verständnislos sahen sich der Abt und der Ritter an, während Almut und der Pater sich anfunkelten. Dann hob Theodoricus plötzlich die Hand vor den Mund und erstickte ein Lachen. Mit mühsam wiedererrungenem Ernst bat er: »Zur Sache, Frau Almut. Für spitzfindige Dispute ist jetzt keine Zeit.«
    »Ja, natürlich, entschuldigt meine Entgleisung. Also, Meister Krudener sprach von Dämonen. Ich weiß nicht, was er Euch berichtete, aber mir scheint, Rudgerus ist von Dämonen gehetzt. Oder von bösen Erinnerungen. Frau Gerlis hielt ihn seinerzeit für ein überaus nachtragendes Kind und einen boshaften Jüngling. Er hatte Frau Bettina beschuldigt, eine Buhlschaft mit dem Satan gehabt zu haben und als Zeichen seinen Kuss auf der Wange zu tragen. So mag er denn auch glauben, ihr Kind sei aus dieser Buhlschaft erwachsen, vor allem, wenn er erfahren hat, dass auch die Kleine jenes Mal trägt. Er war es, der dem Schellenknecht die Almosen übergab und wohl auch einen Schlauch Wein, vielleicht auch einen Beutel Münzen. Denn der Hans von der Schmiergass und seine Gesellen waren es, die bei uns einbrachen, nachdem seine Dirne, die Evvi von Melaten, ausgekundschaftet hat, wo sich das Kind befand. Als wir sieverjagten, erwähnten die Strolche das Teufelsbalg, und die Gerüchte, die in den Gassen umgehen, tuscheln, das Kind, das wir im Konvent aufgenommen haben, sei vom Teufel besessen und solle hier bei Euch exorziert werden.«
    »Was für Abgründe tun sich da auf!«, stieß Theodoricus aus.
    »Ein weiterer noch, ehrwürdiger Abt. Als Pater Ivo mit dem Korb hier ins Kloster kam und dem Prior davon berichtete, der Kopf der Toten sei gefunden worden, war das sein Todesurteil. Die Buße war keine einfache Strafe für ein Vergehen gegen die Klosterzucht, sondern ein geplanter, überaus grausamer Mordversuch.«
    Es herrschte Schweigen in dem Zimmer.
    »Hast du ihm von dem Fund berichtet, Ivo?«
    »Ja, ich hatte keine Veranlassung, es nicht zu tun. Er sprach auch nicht darüber, sondern empörte sich über meinen unzulässigen Umgang mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher