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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod
Autoren: Andrea Schacht
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darauf geeinigt, der Amme die Wahrheit gleich zu Beginn zu sagen. Frau Gerlis war eine tapfere Frau, und nachdem sie ihre Tränen vergossen hatte, sperrte sie ihre Trauer in ihr Herz und fragte: »Ihr seid nicht nur gekommen, um mir über ihren Tod zu berichten. Frau Begine, was wollt Ihr von mir wissen?«
    »Danke, Frau Gerlis, dass Ihr es so gefasst tragt. Ja, wir müssen etwas wissen. Erzählt uns – zu wem wäre Eure Bettina gegangen, um Hilfe für ihren Geliebten zu erbitten und zusätzlich den Verrat aufzudecken, den ihr Bruder Gerhard betrieben hat?«
    »Gewiss nicht zu ihren Eltern. Nein, auch nicht zu ihren Schwestern. Die beiden Mädchen sind dümmer als Bohnenstroh und denken immer nur daran, wie viel Putz sie noch auf ihren Hauben platzieren können. Der junge Birkelin war ihr zu Zeiten einmal sehr zugetan. Aber nun ist er verheiratet...«, überlegte Frau Gerlis laut. »Ihre beiden anderen Brüder... Nun ja, sie ist auch ihnen immer mehr als überlegen gewesen. Die beiden könnten zwar einflussreich sein, ziehen es aber vor, ein Lotterleben zu führen. Als Kinder waren sie und Gerhard oft mit ihren Vettern zusammen, Bettina liebte es, sich mit den Scholaren zu messen. An Tändeleien hat sie, glaube ich, kaum gedacht. Zumindest habe ich nie ein bedrückendes Herzeleid bei ihr erlebt. Die jungen Männer hingegen haben da manch kühle Abfuhr erfahren. Sie war begehrt – trotz des Mals, von dem Ihr ja auch wisst.«
    »O ja, sie war begehrt!«, bestätigte der Ritter leise und traurig. »Wer hätte so dumm sein können, ihre anziehende, liebenswerte Art zu schmälern, nur weil sie diesen roten Fleck auf der Wange trug.«
    »Ach, es gab da schon einige, die sie damit aufzogen. Allerdings selten bösartig. Nur einer hat es dabei überzogen. Satanskuss nannte ihr Vetter das Mal und piesackte sie damit, sie habe heimlich den Besuch des Leibhaftigen in ihrer Kammer bevorzugt, statt sich mit wirklichen Männern abzugeben. Zum Glück hat sie ihn nicht ernst genommen und nur darüber gelacht.«
    »Was für eine grausame Unterstellung!«
    »Kinder sind so roh, und manch abgewiesener Liebhaber ist es auch. Dieser muss wohl besonders darunter gelitten haben. Er ist bald danach ins Kloster gegangen!«
    Sie äußerte es ganz harmlos, aber Gero und Almut sogen beide laut den Atem ein.
    »Rudgerus von der Aducht?«, fragte der Ritter.
    »Ja, der. Ein leidenschaftlicher Junge voller wirrer Ideen. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Das Mönchsein muss ihm schwer gefallen sein. Oder er ist zu einem Fanatiker geworden.«
    »Er ist Prior in Groß Sankt Martin!«
    Almuts Worte fielen wie Steine auf den Boden. Und plötzlich glomm in den Augen hinter dem Schleier ein unheilvolles Licht auf. Frau Gerlis fragte mit tonloser Stimme: »Hat sie ihn um Hilfe gebeten?«
    »Ja. «
    »Dann wisst Ihr, wer der Mörder ist.«
    »Wissen wir das?«
    »Er hat sie gehasst, Herr Gero – nachdem er sie geliebt hat und abgewiesen wurde. Er ist ein unangenehmes Kind gewesen, das nicht ertragen konnte, abgelehnt zu werden. Bettina war ihm immer überlegen, in allen Spielen und vor allem in ihren jugendlichen Disputen. Mehr als einmal hat sie ihn bloßgestellt. Nicht mit Absicht, sondern weil er einfach nicht weit genug denken konnte. Ihr Geist war so viel beweglicher als der seine. Ihren anderen Gefährten passierte das zwar oft genauso, doch sie nahmen es mit einem Lachen und manchmal auch mit Bewunderung auf. Nicht so Rudgerus. Er fühlte sich immer gedemütigt, und nach der Ablehnung seines Antrags hat er sich in einen glühenden Hass hineingesteigert. Gegen sie, und ich fürchte, auch gegen alle anderen Frauen. Ein Grund sicher, im Kloster vor ihnen Zuflucht zu suchen. Eines noch müsst Ihr wissen – als Junge war er geradezu krankhaft nachtragend!«
    »Ei wei! «, seufzte Almut.
    Leise, und mehr zu sich selbst sprach Frau Gerlis: »So hat er denn mein Kind getötet.«
    Und bei dem Ton, in dem sie diese Feststellung traf, stellten sich Almut die Haare auf.
    »Ja, so ist das wohl.« Gero von Bachem senkte das Haupt und schwieg eine Weile. Dann meinte er: »Das wird den Abt überzeugen. Denn welche Zweifel er auch immer hegt, er kennt diesen Mann seit achtzehn Jahren.«
    »Frau Gerlis, habt Dank. Ihr habt uns sehr geholfen.«
    Almut stand auf, und der Ritter erhob sich ebenfalls.
    »Ich werde für eine angemessene Unterstützung Sorge tragen. Euch wird es nie an etwas mangeln, Frau Gerlis. So wie Bettina sich um Euch gekümmert hat,
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