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Die Suche nach dem verborgenen Glück

Die Suche nach dem verborgenen Glück

Titel: Die Suche nach dem verborgenen Glück
Autoren: Nicholas Sparks
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thronte hinter einer schweren grauen Regenwolke, die ihre Gestalt veränderte, während sie langsam durch den Abendhimmel trieb. Mondstrahlen, Wolken und Wind wirkten zusammen, um tanzende Schatten hervorzuzaubern, die durch das darunter gelegene Tal hüpften und zuckten. Das sanfte Zirpen der Grillen und die Lieder der Zikaden waren die einzigen Geräusche, die das Schweigen in den Paha Sapa brachen. In solchen Augenblicken wusste man, warum diese Hügel heilig sind und das Herz all dessen, was existiert, genannt werden.
    David und der Mann saßen unter der mächtigen Eiche, wo David das Geheimnis des Glücks erfahren hatte. Der Mann sang leise und seine Töne mischten sich in vollkommener Harmonie mit den Lauten der Natur. Sie hatten viele Stunden lang kein Wort gewechselt. Gemeinsam hatten sie beobachtet, wie die Sonne unter den Horizont sank, und die Nacht schweigsam begrüßt. In seinem Herzen fühlte David eine große Ruhe. Er schaute zu den Sternen, magisch angezogen von ihrem funkelnden Geheimnis. Er spürte die Kraft des Windes auf seinem Gesicht und hörte Wakantanka in den Tieren der Nacht. Er war von diesem Ort tief ergriffen - und glaubte zugleich, hierher zu gehören.
    Zu fortgeschrittener Stunde sagte er schließlich: »Ich habe eine Frage.«
    »Ja?«
    »Ich frage mich, was sich seit deiner Kindheit wohl alles verändert hat.«
    Der Mann seufzte und blickte zu Boden. Seine Antwort schien ihn zu bedrücken. »Es hat sich sehr viel verändert.«
    »Inwiefern?«
    »In vielerlei Hinsicht.«
    »Erzähl mir, wie unser Volk früher war.«
    Der Mann dachte lange nach. »In der Vergangenheit waren wir Mutter Erde wesentlich näher. Im Laufe der Zeit aber wurden unsere Anschauungen und Bräuche allmählich vergessen oder vernachlässigt. Es gibt zu viele Menschen, die glauben, in der heutigen Welt nicht ihren Platz zu finden.«
    Tief in seinem Innern wusste David, dass das stimmte. Die Menschen fühlen sich fremd in der Welt, so als wären sie abgetrennt von ihr. Was hatte sein Vater gesagt? Eines Menschen Herz wird hart, wenn es sich von der Natur entfernt. Dadurch ändert er sich ein für alle Mal. Es mangelt ihm an Respekt vor der Erde und vor jedem wachsenden, lebenden Wesen - und am Ende verliert er auch den Respekt vor den Menschen.
    David trauerte mit dem Mann. Er konnte den Menschen weiterhin etwas beibringen - aber würden sie ihm je die Chance dazu geben? Das sollten sie tun. In der rasch sich verändernden Welt von heute konnten die Lehren des Mannes allen unglücklichen oder leidenden Menschen innere Stabilität und Frieden bringen.
    David stellte dem Mann eine zweite Frage. »Wie wurdest du erzogen, als du ein Junge warst?«
    Der Mann lächelte und betrachtete ihn. Die dunklen, sanften Augen verliehen seinen Äußerungen Wärme und Kraft; seine Worte waren die einer fernen, fast vergessenen Erinnerung. »Als ich jung war, wurde ich so erzogen, wie du jetzt erzogen wirst - mit Geschichten, Legenden und Mythen. Im Alter von nur drei Jahren erfuhr ich vom Großen Geist und Seinem Kreislauf der Schöpfung, in dem alles miteinander verbunden ist. Das sagte mir zunächst nicht viel, aber bald schon gewährte mir dieser Gedanke Einblick in die Heiligkeit des Lebens. Dadurch begriff ich allmählich, wie notwendig Respekt, Freundlichkeit und Geduld sind. Als ich dann älter wurde, lernte ich, die Antworten auf die Fragen, die mich beschäftigten, in meinem Innern zu suchen. Mein Herz ist der Hüter meines Geistes und dieser Geist ist der Atem Wakantankas. Indem ich der Stimme des Herzens folge, füge ich meinen Nächsten kein Leid zu. Nun lerne ich durch meine Visionen und Träume - weil ich weiß, dass für mich die Zeit kommen wird, da ich in die rein geistige Welt eintrete. Mit diesen Visionen und Träumen zeigt mir Wakantanka den Weg dorthin.«
    »Bist du auch anhand einer Schriftrolle unterrichtet worden?«
    »Nein. Ich lernte meine Lektionen mithilfe eines zauber- und heilkräftigen Rades. Dieses Symbol war auf eine kreisrunde Trommel gemalt; mehrere Linien schnitten sich in der Mitte und strahlten in vier Himmelsrichtungen aus. Auch hierbei handelt es sich um eine bildliche Darstellung des Schöpfungszyklus. Die Linien repräsentieren vier Aspekte unserer selbst - das Gedankliche und das Körperliche, das Seelische und das Geistige. Ebenso vergegenwärtigen sie die Gaben der vier Himmelsrichtungen. Der Osten, wo die Sonne aufgeht, bedeutet Anfang, Geburt, Freude, Spontaneität, Reinheit und Vertrauen.
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