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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition)
Autoren: Bernhard Jaumann
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beschimpfen zu lassen. Da rückte sie lieber die sieben Dollar fünfzig heraus, die eine Fahrt innerhalb der Stadt kostete. Dann brach sie auf, nahm ebenfalls ein Taxi bis zum Hauptquartier an der Bahnhofstraße. Von den Kollegen der Serious Crime Unit war noch keiner da. Immerhin konnte sie sich so einen funktionsfähigen und aufgetankten Wagen sichern, mit dem sie nach Ludwigsdorf hinausfuhr.
    Nahe der Stelle, von der aus der Mörder geschossen hatte, wartete Clemencia auf die Scenes of Crime Unit. Wenn sich hier noch etwas finden ließe, wäre das unverschämtes Glück, da ihre Kollegen gestern Abend eventuelle Spuren gründlich zertrampelt hatten. Clemencia blickte zum Garten der Familie van Zyl hinunter. Bei Tageslicht wirkte er wie ein kleines Paradies. Eine große schattige Terrasse und ein sattgrüner Rasen. Unter den Zitronenbäumen hatte der Tote gelegen.
    Von hinten fragte plötzlich eine Männerstimme, wer sie sei und was sie hier zu suchen habe. Clemencia drehte sich um. Im Tor des Grundstücks, vor dem die Palmen aufragten, stand ein älterer Weißer mit einem Gewehr im Anschlag. Er zielte auf Clemencia. Sie hob die Arme ein wenig und konnte den Mann nach einigem Hin und Her davon überzeugen, dass sie sich als Kriminalinspectorin ausweisen könne, wenn er sie nicht sofort erschieße, sobald sie in ihre Tasche greife. Während der Mann ihren Ausweis studierte, dachte sie, dass sie die Patrouillen nicht vergessen durfte. Mindestens eine Woche lang mussten hier im Viertel ein paar Uniformierte Präsenz zeigen. Das würde zwar zur Aufklärung des Mordes nichts beitragen, aber vielleicht verhindern, dass sich die Nachbarn in die Überzeugung verrannten, der Staat könne und wolle sie eh nicht schützen. Es wäre nicht zum ersten Mal, dass einer der armen Schlucker, die nachts die herausgestellten Mülltonnen durchwühlten, abgeknallt würde.
    Als die Spurensicherung kam, machte sich Clemencia an die Befragung der anderen Nachbarn. Die Schüsse auf van Zyl waren zwar nicht zu überhören gewesen, aber verständlicherweise hatte sich niemand sofort auf die Straße getraut. Einer hatte immerhin von der Terrasse aus beobachtet, dass ein Group-4-Securicor-Wagen unmittelbar nach der Tat in hohem Tempo weggefahren war. Das Nummernschild hatte er auf die Entfernung genauso wenig erkennen können wie den oder die Insassen des Fahrzeugs. Zumindest war es ein Anfang.
    Zwar wusste Clemencia, dass die Angestellten der Sicherheitsfirma pro Stunde gerade mal fünf Namibia-Dollar und sechsundsechzig Cent, also ungefähr den Gegenwert einer Dose Cola, verdienten. Dafür stürzte man sich nicht unbedingt todesmutig in die Schusslinie eines Mörders. Aber man hätte wenigstens erwarten können, dass der Wachmann sofort per Funk die Zentrale alarmierte. Das war jedoch nicht geschehen, wie Clemencia bei ihrem Telefonat mit der Sicherheitsfirma erfuhr. Der einzige Alarm nach dem Mord sei von Frau van Zyl ausgelöst worden. Als sie die Schüsse hörte, sei sie ins Schlafzimmer gestürzt und habe den Alarmknopf gedrückt. Sieben Minuten später sei der erste G4S-Wagen am Tatort eingetroffen, lange vor der Polizei, aber doch zu spät, um den Täter noch stellen zu können. Dass sich zur fraglichen Zeit ein Wagen der Firma in unmittelbarer Nähe befunden habe, könne man ausschließen. Die Zentrale halte ständig Funkkontakt, und jeder Positionswechsel eines Patrouillenfahrzeugs müsse durchgegeben werden.
    Natürlich konnte sich ein Fahrer aus mehr oder weniger harmlosen Gründen über diese Vorschrift hinweggesetzt haben. Man musste das ebenso überprüfen wie die Frage, ob einer der G4S-Leute in der Vergangenheit mit Meneer van Zyl aneinandergeraten war. Für wahrscheinlicher hielt Clemencia, dass der Wagen nur als Tarnung gedient hatte. Und das bedeutete, dass sich der Mörder mit beträchtlichem Aufwand vorbereitet hatte. Auch die Tatwaffe sprach dafür, dass ein Profi am Werk gewesen war. Nicht jeder hatte ein automatisches Gewehr im Schrank stehen.
    Nein, hier hatte kein Einbrecher, der überrascht worden war, die Nerven verloren. Hier ging es auch nicht um eine Tat aus dem Affekt heraus. Jemand hatte Abraham van Zyl gezielt aus dem Weg räumen wollen und das eiskalt geplant und durchgezogen. Dafür musste es einen gewichtigen Grund geben. Hatte Abraham van Zyl für jemanden eine Bedrohung dargestellt? Und wenn ja, wodurch?
    Im Hauptquartier existierte keine Akte Abraham van Zyl. Oder wenn eine existierte, war sie jedenfalls
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