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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter
Autoren: Michael Herzig
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schüttelte den Kopf. »Aber ich muss trotzdem mit ihr reden.«
    Aeschbacher nickte. »Mach das, Jo.« Dann überlegte er einen Moment. »Weiß von Kranach, wer das Siegel in die Schweiz geschmuggelt hat?«
    Sie verneinte schweigend.
    »Das habe ich mir gedacht. Bring das in Ordnung. Sicher ist sicher. Man weiß nie im Voraus, was wir noch herausfinden werden. Plötzlich bist du zusätzlich kompromittiert, weil du Informationen zurückgehalten hast. Das kannst du dir nicht auch noch leisten, Mädchen.« Wieder legte er Johanna die Hand auf den Arm. »Versprochen?«
    Sie nickte. »Versprochen, Hans.«
    Er deutete auf seine Unterlagen und stand auf. »Pass du auf meine Sachen auf. Ich muss kurz verschwinden.«
    Johanna holte sich einen weiteren Espresso. Dann schaute sie das Bild der gestohlenen Kette an.
    Sie musste mit Tamara sprechen.
    Zuoberst auf dem Papierstapel lag ihr Handy. Johanna wählte die Auskunft und wurde zum Triemlispital durchgeschaltet. Dort setzte man sie in die Warteschleife. Nervtötende Musik im Ohr, wartete sie darauf, mit Tamara verbunden zu werden. Oder mit ihrer Mutter. Oder wenigstens mit einer Krankenschwester.
    Als Aeschbacher wieder in der Tür auftauchte, meldete sich ein genervter Arzt.
    Bis ihr voluminöser Kollege die paar Meter an ihren Tisch zurückgelegt hatte, war Johanna kreidebleich. Sie legte das Telefon auf den Tisch.
    »Tamara ist abgereist.«
    60.
    Das Taxi hielt am Flughafen. In gebrochenem Deutsch wünschte ihr der Fahrer einen guten Flug. Sie drückte ihm das Geld in die Hand und stieg aus. Das Rollköfferchen hinter sich herziehend, eilte sie in die Halle. Bereits auf der Rolltreppe drängten sich viele Leute. Je näher sie dem Check-in kam, umso schlimmer wurde es. Energisch drängte sie sich durch das Volk. Tamara Stämpfli stand weit vorn in der Schlange der USA-Reisenden und winkte mit dem Flugticket. Böse Blicke und einige Sprüche ignorierend, kämpfte sie sich zu ihr durch.
    »Du rüpelhaftes Miststück!« Tamaras Gesichtsausdruck war ernst. Völlig übergangslos erschien ein paar Sekunden später ein herausforderndes Grinsen. »Trotzdem ist dies der Anfang einer wunderbaren Freundschaft.« Ihre Augen funkelten. »Und eines unglaublich ertragreichen Geschäftes.«
    Salome Hügli nahm Tamara das Ticket aus der Hand. »Hast du das Relief gefunden?«
    Tamara schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wo er es versteckt hat. Aber der Händler, den wir nächste Woche treffen, hat viele solche Stücke im Sortiment. Deine russischen Banditen werden geifern vor Gier.«
    Aufmerksam studierte Salome Hügli das Billett. »Fliegen wir nach New York?«
    Stämpflis Tochter nickte. »Nächste Woche sind wir in der Stadt meiner Träume. Anschließend steht der Nahe Osten auf dem Programm. Je näher wir an die Quelle dieser Kunstwerke herankommen, umso höher ist der Profit.« Sie machte eine theatralische Handbewegung. »Capisci?«
    Salome Hügli steckte das Ticket ein. »Si, Signorina.«
    »Eventuell muss ich übernächste Woche einen Abstecher nach Afrika machen. Etwas Familiäres regeln. In diesem Fall fliegst du ohne mich nach Jordanien.«
    Salome Hügli zuckte mit den Schultern. »Ich bin ein großes Mädchen.«
    Unauffällig suchte sie den Saal ab. Sie entdeckte nichts Verdächtiges. Allmählich stieg ihr Vertrauen in ihre neue Geschäftspartnerin. Sie zog ihren Koffer näher zu sich heran und betrachtete nachdenklich Tamaras flackernde Augen.

Kapverdische Inseln
    Seit ihrer Ankunft in Mindelo speiste Johanna di Napoli jeden Abend in einem hübschen Fischrestaurant. Am liebsten Babykrevetten. Mit Rohrzucker, Oliven, Knoblauch und Koriander zubereitet. Ihr Panzer war so zart, dass sie die Tiere nicht zu schälen brauchte. Weiße Tischtücher, Silberbesteck und riesige gusseiserne Kerzenständer vervollständigten die Einrichtung. Von ihrem Lieblingstisch aus konnte sie die Kneipe gut überblicken. Durch die Tür sah sie auf einen Platz hinaus. Dort brachten muskulöse junge Männer einer Horde Halbwüchsiger Capoeira bei. Dahinter rauschte der Verkehr über die Durchgangsstraße zwischen Flugplatz und Hafen. Auf der anderen Seite lag das Hafenbecken. Das Wasser so blau wie Polizistenaugen. Ansonsten gab es das Braun der Erde, das Grün der Palmen und das Rot des Hibiskus. Die Häuser waren in pastellfarbenen Variationen dieser drei Farben gehalten. Tür- und Fensterrahmen weiß gestrichen. Ebenso die Eckmauern. Vor der Tür zu der Kneipe stand eine Straßenlampe mit zwei
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