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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren
Autoren: Uwe Klausner
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kneifst.«
    Â»Nein.«
    Â»Na also.« Der Zypriote atmete tief durch. »So, und jetzt tu dem alten Danaos den Gefallen und schlitze diesem Großmaul von einem Secutor den Wanst auf. Du weißt doch: Die Leute lieben dich. Noch ein, zwei Kämpfe, und die Sache ist ausgestanden. Dann ist Schluss mit dem Gladiatorendasein. Dann bist du ein freier Mann. Stell dir vor, Niger, wie herrlich es ist, wenn man tun und lassen kann, was man …«
    Der Rest von Danaos’ Worten ging im Schmettern der Fanfaren unter, deren Echo bis in den hintersten Winkel der Katakomben drang.
    Niger, Liebling der Massen, umklammerte seinen Dreizack, seufzte und senkte das Haupt.
    Jetzt war er an der Reihe.
    Die Stunde der Gladiatoren war gekommen.

    *

    Er hasste dieses Geschrei. Vor allem aber hasste er die Art, wie man ihn taxierte. Für viele hier war er doch nur ein Verfemter, kaum wert, dass man sich wegen ihm den Kopf zerbrach. Die Spiele, welche auf Geheiß des Kaisers stattfanden, dienten nun einmal der Zerstreuung. Und sie verfolgten den Zweck, den Imperator in ein günstiges Licht zu rücken. Morgen, am Tag des Saturn, jährte sich die Thronbesteigung Konstantins zum siebten Mal. Das musste gefeiert werden, zumal gemunkelt wurde, der Kaiser stehe den Christen näher, als es sich gezieme. Nichts wichtiger also als das Volk bei Laune zu halten. Nichts vordringlicher als die Bedenken, welche hinter vorgehaltener Hand geäußert wurden, zu zerstreuen. ›Panem et circenses‹– Brot und Spiele. Seit es Kaiser gab, hatte dieses Schlagwort Gültigkeit. Und nichts deutete darauf hin, dass sich das ändern würde.
    Aber immerhin waren sie ein ordnungsliebendes Volk, diese Römer. Das musste ihnen der Neid lassen. Weniger mit seinem Gegner, der unweit von ihm auf das Zeichen des Oberschiedsrichters wartete, als mit den Gaffern ringsum beschäftigt, ließ Niger den Blick über die voll besetzten Ränge schweifen. Knapp 18 mal tausend Schaulustige, wenn nicht gar mehr. Fein säuberlich aufgeteilt, so war es schließlich Brauch. Zuunterst, auf den besten Plätzen, die Dekurionen, darüber, im zweiten Rang, die freien Bürger und Freigelassenen, und auf den oberen Rängen, hinter denen sich die Stadtmauer von Treveris erhob, Frauen und Sklaven. Die Angehörigen des Hofstaates, welche in der Loge links von ihm saßen, natürlich nicht zu vergessen. So hatte es der göttliche Augustus festgelegt. Und so würde es vermutlich auch in Zukunft bleiben.
    Der Zufall wollte es, dass sein Blick die Ehrenplätze streifte, doch Niger wandte sich rasch wieder ab. Dort droben, umgeben von Lakaien, Hofdamen, den Mitgliedern des Thronrates und dem Statthalter, saß nämlich sie.
    Und an sie wollte er nicht denken.
    Denn jetzt ging es ums Ganze. Nigers Körper straffte sich, die Muskeln, welche sich auf über sechs Fuß Körpergröße verteilten, bis zum Zerreißen gespannt. Alle, auch die Höflinge oben in der Loge, warteten jetzt nur noch auf das verabredete Signal. Auf ihr Signal. Dann würde der Kampf, von dem so viel abhing, beginnen.
    Eine Fanfare aus kreisförmig gebogenen Hörnern. Tuben, die schmetterten, dass es wie Donner von den Wänden widerhallte. Das Seidentuch, welches sie , deren Gegenwart ihm auf der Seele lastete, mit theatralischer Gebärde fallen ließ. Und dann, mitten in die atemlose Stille hinein, die erlösenden Worte des Schiedsrichters: »Accedete!«
    Die Worte von Danaos im Ohr, schob Niger den linken Fuß nach vorn, umklammerte seinen Dreizack und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Lang zu warten brauchte er nicht. Pugnax, ein mit Kurzschwert, Visierhelm, Beinschienen und rechteckigem Schild ausgerüsteter Secutor, wurde dem Ruf, in dem er stand, einmal mehr gerecht. Kaum hatte der Schiedsrichter das Signal gegeben, hob er den Schild und bewegte sich mit gezücktem Schwert auf ihn zu. Es brauchte nicht viel, um diesen Brachialangriff zu parieren. Ein Stoß mit dem Tridens, eine Körpertäuschung – und die Attacke des Secutors ging ins Leere.
    Applaus, Zoten, Hohn und Spott an die Adresse von Pugnax waren die Folge. Das Publikum gab sich gelangweilt. Aber das war nicht weiter verwunderlich. Am Morgen hatte es bereits ein paar Tierhetzen gegeben, mit Ebern, Wildkatzen, Auerochsen und jeder Menge Rotwild aus den Wäldern der Provinz Belgica. Doch das war natürlich erst der Anfang
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