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Die Strozzi

Die Strozzi

Titel: Die Strozzi
Autoren: Ingeborg Walter
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seiner ausführlichsten Lebensbeschreibungen widmete. Palla übersetzte selbst griechische Autoren ins Lateinische, wie sein Schwiegersohn Giovanni Rucellai angibt, der neunzehn Titel nennt, Texte von Platon bis hin zum Kirchenvater Gregor von Nazianz. Selbst als ihn die Staats- und die eigenen Geschäfte immer mehr in Anspruch nahmen, hörte er nicht auf, die humanistischen Zirkel der Stadt zu frequentieren, in denen sich neben den Intellektuellen viele große Bürger zusammenfanden, um sich dem Studium der antiken Autoren zu widmen. Die politische und wirtschaftliche Elite der Stadt sah es als ein wesentliches Merkmal an, humanistische Bildung vorweisen zu können. Bekannt ist Palla Strozzis Teilnahme am Kreis, der sich um den gelehrten Mönch Ambrogio Traversari im Kloster Santa Maria degli Angeli scharte, wo dieser, der wie Palla bei Manuel Chrysoloras Griechisch gelernt hatte, seinen Hörern die griechischen Kirchenväter auszulegen pflegte.
    Diese Leidenschaft für die «studia humanitatis» bewegten Palla, Handschriften mit den Werken griechischer und lateinischer Autoren zu sammeln, von denen viele gerade jetzt erst wiederentdeckt worden waren. Er war wohlhabend genug, um viele kaufen zu können oder sie von professionellen Schreibern kopieren zu lassen, falls er sie auf dem Markt nicht fand. Er habe immerzu Kopisten beschäftigt, schreibt Vespasiano da Bisticci, der ihn zu seinen besten Kunden gezählt hatte und folglich in seiner Lebensbeschreibung diesen Aspekt von Pallas Persönlichkeit besonders hervorhebt. So schuf sichPalla Strozzi mit der Zeit eine umfangreiche häusliche Bibliothek. Ein Inventar seiner Bücher aus dem Jahr 1431 verzeichnet mehr als dreihundertfünfzig Handschriften, darunter sechsundzwanzig griechische, wobei es sich aber offenbar nur um einen Teil derer handelte, die er tatsächlich besaß. Die Mehrzahl bestand aus lateinischen Werken, sowohl von klassischen wie mittelalterlichen und humanistischen Autoren, während nur spärliche acht Handschriften Werke in toskanischer Sprache enthielten – von Dante, Petrarca und Boccaccio an erster Stelle, den großen Dichtern der Stadt, die in keiner Florentiner Bibliothek fehlen durften. Zum Vergleich sei erwähnt, dass ein Inventar der Bücher Cosimo de’ Medicis aus dem Jahr 1418 nur sechsundsechzig Titel auflistet. Es vergingen noch Jahre, bis Cosimo eine vergleichbare Bibliothek zusammentragen konnte. Vespasiano da Bisticci versichert auch, Palla Strozzi habe seine kostbare Bibliothek öffentlich zugänglich machen wollen und geplant, dafür Räumlichkeiten in Santa Trinita bereitzustellen. Es könnte aber auch sein, dass der Autor hier seinem Helden Absichten unterstellt, die erst Cosimo de’ Medici mit der Stiftung der Bibliothek von San Marco verwirklichte. Diesen Plan konnte Palla Strozzi, falls er bestanden haben sollte, nicht mehr realisieren. Die Arbeiten in der Sakristei waren noch nicht völlig abgeschlossen, als er durch den Bann Florenz für immer verlassen musste.
    Bei diesen gelehrten Neigungen verstand es sich von selbst, dass auch Palla Strozzis sechs Söhne – Lorenzo, Nofri, Niccolò, Bartolomeo, Giovanfrancesco, Carlo in der Reihenfolge ihrer Geburt – eine sorgfältige humanistische Erziehung genossen. Nicht jedoch seine Töchter Margherita, Maddalena, Tancia, Jacopa und Ginevra, denn auch in den besten Florentiner Familien lernten die Mädchen nur schreiben und lesen; man hielt es für ausreichend, wenn sie erbauliche Texte lesen und notfalls Briefe schreiben konnten. Für den Unterricht der Söhne rief Palla Strozzi dagegen gelehrte junge Männer ins Haus. Vespasiano da Bisticci nennt Tommaso Parentucelli, den späteren Papst Nikolaus V., und Giovanni da Imola (oder Lamola), einen Schüler des berühmten Humanisten Guarino Guarini. In Guarinis Schule in Ferrara schickte er sogar, wie Vespasiano da Bisticci schreibt, seinen Sohn Nofri – mit dem Resultat, dass von allen Söhnen Nofri die gelehrten Interessen seines Vaters am meisten teilte.
    Der frühe Tod seines Bruders Niccolò im Jahr 1411 zwang Palla Strozzi, sich intensiver um die Geschäfte zu kümmern und sich mit mehr Engagement dem öffentlichen Leben zu widmen, an dem teilzunehmen er als Angehöriger der Oberschicht berufen und verpflichtet war. Er brachte es zwar nie zum Gonfaloniere, wie es sein Vater zweimal gewesen war, und wurde auch nie als Prior zum Mitglied einer Regierung gewählt. Dafür saß er fast ständig in den überaus zahlreichen
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