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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus
Autoren: Pauline Gedge
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mich mit jedwedem feierlichen Reinigungs-und Ernennungsritual zum König von Ober-und Unterägypten ausrufen zu lassen und den Tag meines Kommens auf den ersten Tag des Sommers festzusetzen. So gehört es sich.« Er lächelte unvermittelt. »Jeder von Bedeutung in Waset, jeder neue Offizier, jeder Beamte wird mir Treue schwören müssen, darunter auch Ramose. Danach kann er reisen. Wenn ich mit dem Heer unterwegs nach Norden bin, fordere ich den gleichen Schwur von den Statthaltern der Nomarchen und den Söhnen derer, die Kamose verraten haben, und auch von der Bootstruppe. Du, Liebste, wirst im Tempel als meine Königin neben mir sitzen und die Huldigung aller entgegennehmen.« Er liebkoste ihre Wange. »Sorge dafür, dass Raa Ahmose-onch so prächtig wie nur möglich herausputzt. Er kann als deutlich sichtbarer Falke-im-Nest zwischen uns stehen. Wir müssen unsere Macht nach außen hin zeigen.«
    Dann wurde er sachlich und wandte sich an seine Mutter. »Aahotep, ich möchte, dass du so viel Schmuck anlegst und Pracht entfaltest, wie du möchtest, aber trage bitte das Hemdkleid, in dem du Meketra erstochen hast. Ich weiß, du hast es noch.«
    »Ahmose!«, entsetzte sie sich. »Nein! Niemals! Ich ertrage es nicht auf meinem Körper!«
    »Ich will, dass alle den Triumph der Taos sehen. Ich will, dass sie unseren Sieg sehen, einen Sieg, der nicht mit schönen Worten und harmlosen Gesten errungen wurde, sondern im Kampf. Untreue bedeutet Tod. Ich will, dass alle das endlich begreifen.«
    »Es gibt tausend andere Arten, wie du ihnen das vermitteln kannst«, wehrte sich Aahotep hitzig. »Das ist nicht nur völlig geschmacklos, Ahmose, es riecht nach Wahnsinn. Nein. Ich trage es nicht.« Da stand er bedächtig auf und verschränkte die Arme.
    »Ich weiß, dass du dich bei dem Gedanken ekelst«, entgegnete er fest, »aber ich habe mehr als nur einen Grund für diese Bitte. Es ist nicht die Bitte deines Sohns, Aahotep. Es ist ein Befehl deines Königs.« Sie wurde sehr blass.
    »Und wenn ich mich weiterhin weigere?«
    »Dann ziehst du dir nicht nur mein äußerstes Missfallen zu, sondern verdirbst mir auch die Überraschung, die ich für dich habe. Bitte, vertraue mir, Mutter. Ich liebe dich mehr, als je ein Sohn seine Mutter geliebt hat, denn du hast mir nicht nur das Leben geschenkt, sondern es auch vor der Keule des Meuchelmörders bewahrt. Vertraue mir und weigere dich nicht.« Sie blickte ihn lange und prüfend an, die Hände locker vor dem Leib verschränkt, und allmählich wurde ihre Miene weicher.
    »Niemand außer deinem Vater hätte mich um so etwas bitten, geschweige denn es fordern dürfen und damit Erfolg gehabt«, sagte sie schließlich. »Na schön, Ahmose, ich trage das Hemdkleid.« Er strahlte auf einmal, ging zur Tür und war verschwunden.
    Die beiden Frauen blickten sich an. »Der Schlag auf seinen Kopf…«, fing Aahotep stockend an, doch Aahmes-nofretari unterbrach sie mitten im Satz.
    »Nein, das glaube ich nicht. Bislang ist er in allem, was er seit seiner Genesung gesagt und getan hat, sehr vernünftig gewesen. Er weiß, was er dir abverlangt und warum.«
    »Trotzdem ekle ich mich davor«, sagte Aahotep und fröstelte. »Bleibe ein Weilchen bei mir, Aahmes-nofretari. Wir könnten doch Senet spielen oder uns unterhalten.«
    Der Morgen des ersten Tages im Pachons dämmerte herauf und versetzte das Haus in Aufregung. Ahmose hatte die Nacht in einem der Vorzimmer des Tempels verbracht, hatte Achtoi und seinen Leibdiener mitgenommen, weil er in den dunklen Stunden beten und meditieren, gereinigt werden und Amunmose zum letzten Mal bei den ersten Waschungen des Gottes zusehen wollte. Wenn er erst König war, hatte er das Vorrecht, das Allerheiligste allein zu betreten und sich anstelle des Hohen Priesters um die Bedürfnisse des Gottes zu kümmern, falls es ihm so beliebte, doch an diesem wichtigen Tag wollte er den letzten Rest seiner Jugend genießen.
    Das war ein merkwürdiger Satz, und Aahmes-nofretari dachte darüber nach, während Raa das rote, golddurchwirkte Hemdkleid herauslegte, das sie tragen wollte, und die Kosmetikerin mit kundiger Hand einen Tropfen Wasser auf das schwarze Kohlpulver in dem Tiegelchen tropfte. Für seine Frau war es Meketras Hieb gewesen, der Ahmoses Jugend beendet hatte, und die kleinen, jedoch deutlichen Veränderungen waren nicht zu übersehen. Er ist erst zwanzig, überlegte sie und schloss die Augen, als die Kosmetikerin sie leise darum bat. In den letzten fünf Jahren
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