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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus
Autoren: Pauline Gedge
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Handgelenk drehte.
    Die Sängerinnen sangen jetzt. Ahmose folgte Amunmose, näherte sich dem Gott und warf sich ihm zu Füßen, lag bäuchlings auf dem Boden, kroch dann auf ihn zu und küsste seine goldenen Füße. Dann erhob er sich und stellte sich vor die sich drängende Menge. Ein Tempeldiener reichte ihm zwei Teller, einen mit Natron und einen mit Wasser aus dem heiligen See. Amunmose befeuchtete einen Finger, tauchte ihn ins Natron, betupfte damit Ahmoses Stirn, Lider, Zunge, Brust und Füße und murmelte dabei Reinigungsgebete.
    Die Gestalt des Re trat mit einem großen Wasserkrug aus dem Allerheiligsten. Ihr grausamer geschwungener Schnabel schrammte an Ahmoses Ohr vorbei, als die Gestalt das Gefäß hob und kühles Wasser über Ahmoses Kopf rinnen ließ, es lief an seinem Bauch hinunter und bildete zwischen seinen Beinen eine Lache. »Das ist Res reinigendes Wasser«, rief der Gott. »Deine Reinigung ist vollbracht.« Ein Priester kam mit einem Tuch herbeigeeilt und trocknete Ahmose ab. Der Gesang der Sängerinnen veränderte sich, schwoll an, und Amunmose nahm einem wartenden Priester einen Schurz aus Goldstoff und einen juwelenbesetzten Gürtel ab. Er band Ahmose den Schurz um die Mitte, legte ihm den Gürtel um und sagte laut: »Empfange das Gewand der Klarsicht und den Gürtel des Mutes.«
    »Klarsicht und Mut sind Gottes«, erwiderte Ahmose. »Ich empfange sie als sein Sohn.« Als Nächstes legte man ihm einen juwelenbesetzten Umhang um die Schultern. Der war sehr schwer, und Ahmose reckte sich unbewusst, damit er nicht unter dem Gewicht zusammensackte.
    »Empfange den Umhang der Befehlsgewalt«, stimmte Amunmose an, und gehorsam antwortete Ahmose: »Die Befehlsgewalt ist Gottes. Ich empfange sie als sein Sohn.« Amunmose zeigte auf den Thron, und endlich konnte sich Ahmose darauf sinken lassen und die Hände auf die Löwen legen. Flüchtig spürte er, wie seine Finger umfangen wurden. Aahmes-nofretari blickte ihn mit einem bebenden Lächeln an. »Ägypten wird dich für alle Zeiten als seinen Retter preisen«, flüsterte sie. »Ich möchte gern weinen, aber dann verläuft mein Kohl. Ich liebe dich, mein König.« Amunmose kniete jetzt und hatte Sandalen in der Hand. Die waren aus Blattgold gefertigt, mit Lapislazuli und Jaspis besetzt und hatten einst ein Bildnis von Apophis auf der Sohle gehabt, damit Ahmose seinen Feind bei jedem Schritt mit Füßen treten konnte, doch Ahmose hatte gebeten, dass man es entfernte. Er verspürte keinerlei Wunsch, seine Rache an diesem Tag auf die Spitze zu treiben.
    »Empfange die Sandalen der Klugheit«, verkündete Amunmose.
    »Die Klugheit ist Gottes«, erwiderte Ahmose. »Ich empfange sie als sein Sohn.«
    Er wurde mit dem Pektoral geschmückt, das seine Mutter in Auftrag gegeben hatte, ein großes Rechteck aus Gold, auf dem mit Karneol das Geburtshäuschen des Gottes eingelegt war. Lapislazuli und Türkis stellten den Himmelssee dar, auf dem die Sonnenbarke segelte. Falken flogen von links nach rechts darüber hin, und in der Mitte stand Ahmose und wurde von Re und Amun mit einem Trankopfer übergossen. Ein goldenes Armband mit Türkisen, auch ein Geschenk Aahoteps, wurde ihm auf den Unterarm geschoben. Es bestand aus zwei Teilen. Rechts wurde Ahmose gezeigt und wie Geb, der Gott der Erde, ihn krönte, und links knieten Seqenenre und Kamose mit den Schakalmasken der Toten und hoben freudetrunken die Arme. Ahmose küsste es unendlich bewegt.
    Tief gebückt näherte sich jetzt Ipi. Ahmose hatte ihn zum Aufseher des Protokolls und zum Hüter der königlichen Insignien ernannt. Es tat ihm Leid, dass er diesen tüchtigen Mann als Schreiber verlor, doch er fand, Ipi verdiente Anerkennung für seine Zuverlässigkeit. Der stellte nun seine zwei Kästen vor den Thron und öffnete sie, verbeugte sich vor ihnen und vor Ahmose und entfernte sich. Die beiden Göttinnen, die im Allerheiligsten gewartet hatten, kamen herausgeschwebt, und die Sängerinnen schwiegen. Stille legte sich über die Versammelten. Die Göttin Wadjet holte die Rote Krone aus dem einen Kasten. Die setzte sie Ahmose feierlich aufs Haupt und rief: »Empfange die Deschret und regiere das Rote Land Millionen Jahre.« Sie beugte sich vor und küsste erst die Krone, dann Ahmose auf die Stirn. Nechbet hielt bereits die Weiße Krone in der Hand. Die passte sie behutsam in die Rote Krone und sagte: »Empfange die Hedjet und regiere das Schwarze Land Millionen Jahre.« Nach ihrer Huldigung holten sie und Wadjet
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